Das hat viel mit der föderalistischen, komplexen Struktur des ÖAMTC zu tun, aufgebaut auf 100 Jahre alten Vereinsstatuten. 12 ehrenamtliche Präsidenten, sieben Landesvereine mit angestellten Landesdirektoren, als operativer Chef ein Direktor. Fragt sich, ob ein solches Konstrukt noch zeitgemäß ist für eine Organisation mit 4.200 Mitarbeitern.
Differenzen gab es immer, aber seit einem Jahr werden die Gräben immer tiefer. Es geht, erraten, um die Frage, ob mehr Föderalismus oder mehr Zentralisation. Und um Kernaufgaben versus Zukunftsgeschäft. Auch über das Mitgliedermagazin auto touring, mit zwei Millionen Stück Auflage das größte Magazin des Landes, wird gestritten.
Auf der einen Seite Wien, Niederösterreich und das Burgenland (WNB), die in einem Verein zusammengeschlossen sind, 42 Prozent der Stimmrechte haben und den Verband stellen, quasi die Zentrale. Auf der anderen Seite, bis auf Vorarlberg, die anderen Länder.
Dem WNB unter Präsident Thumser wird vorgeworfen, den Mobilitätsklub wie einen Konzern zentralisieren zu wollen. Er leitet den Markenartikelverband und war lange erfolgreicher Chef von Henkel Österreich und CEE.
Im WNB sieht man die Widersacher als eine bunte Provinz-Truppe, teils weit weg von wirtschaftlicher Expertise, eine zukunftsorientierte Strategie verhindernd. Dass sich Schmerold auf die Seite der Modernisierer stellte, verschärfte den Konflikt noch. Auch ein Mediator konnte nicht helfen.
Ausbildung abgelehnt
Mit operativen Details wollen manche Länder-Funktionäre gar nicht belästigt werden. So wird aus einer Sitzung die Aussage kolportiert, „wir wollen nix Operatives wissen, sondern nur gut miteinander auskommen“. Als Präsident Thumser über die Wirtschaftsuni eine für die Funktionäre kostenlose Aufsichtsratsausbildung aufstellte, war das Interesse überschaubar. Die Ausbildung wurde rundweg abgelehnt.
Dem einen oder anderen hätte eine solche Qualifikation sicher nicht geschadet. Als Haupt-Kritikerinnen gelten die ÖAMTC-Präsidentinnen von Kärnten, Johanna Mutzl, und Pia Krismer in Tirol. Beide sind Beraterinnen, ausgerechnet für Kommunikation und Konflikte, mit putzigen Eichhörnchen und Weisheiten wie "Menschen sind einzigartig und denken unterschiedlich" auf ihren Homepages.
Der Abgang von Schmerold könnte aber ein heilsamer Schock sein. Ein externer Berater soll demnächst Pannenhilfe leisten, für eine Strukturanalyse und die weitere Strategie.
"Der ÖAMTC beschäftigt sich intensiv mit dem gemeinsamen Erarbeiten einer zukunftsorientierten Governance. Soll heißen, einer Führungs- und Leitungsstruktur, die das föderale Prinzip mit der notwendigen gemeinsamen Dachorganisation einer so großen Institution zusammenführt", erklärt Thumser gegenüber dem KURIER. Nachsatz: "Insbesondere in Verantwortung für die 4.200 Mitarbeiter, die extrem engagiert und loyal täglich den Menschen in Sachen Mobilität zur Seite stehen“.
Auch aus Kärnten kommen versöhnliche Töne. Innerhalb einer großen Organisation gebe es naturgemäß immer unterschiedliche Meinungen, meint Präsidentin Mutzl. "Es gab unterschiedliche Sichtweisen zu strukturellen Fragen, die aber immer sachlich und professionell diskutiert wurden". Künftige Herausforderungen würden eine stetige Weiterentwicklung der Strukturen erfordern, "die enge Zusammenarbeit zwischen Landesvereinen und der Bundesorganisation bleibt dabei ein zentraler Erfolgsfaktor". Na also.
Fakten
Leistungen
Pannenhilfe, Rechtsberatung, Prüfdienste, Versicherungen, Reise-Service. Schutzbrief mit Kranken- und Fahrzeug-Rückholung, Krankenschutz im Ausland. Ladepunkte, Lobbying und Information
Bilanz
2,578 Millionen
Mitglieder, Trend weiter steigend, 4200 Mitarbeiter, 115 Stützpunkte. 18 Reisebüro-Filialen, 2163 Vorteilspartner. Beteiligungs GmbH umfasst gewerbliche Töchter, 1,5 Millionen Euro Bilanzgewinn (2023).
andrea.hodoschek@kurier.at
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