Die Agrarmarkt Austria (AMA) arbeitet an einem neuen Gütesiegel für Tierwohl. Die Anforderungen im Bereich Tierschutz werden höher sein als die Kriterien für das bestehende AMA-Basis-Gütesiegel.
Vorerst wird es das Tierwohl-Siegel nur für den Milchbereich geben. Der Grund dafür sind die Milchexporte nach Deutschland. Etwa 40 Prozent der heimischen Milch werden nach Deutschland verkauft. Dort haben sich die großen Lebensmitteleinzelhändler auf ein vierstufiges System zu Kennzeichnung der Tierhaltung verständigt.
Premium-Segment
Es beginnt bei Stallhaltung der Tiere als Stufe 1 und geht bis zum Premium-Segment Stufe 4 mit besonders viel Platz und Auslaufmöglichkeiten. Zusätzlich gibt es ein Monitoring-Programm für Futtermittel, Salmonellen und Antibiotika. Auch für Tiertransporte und Hygiene wurden Kriterien festgelegt.
In Österreich gab es immer wieder Kritik von Tierschützern am AMA-Gütesiegel. Doch der eigentliche Grund für das neue Tierwohl-Gütesiegel sind ökonomische Überlegungen. Um die Milch-Exporte nicht zu gefährden, soll das AMA-Gütesiegel mit dem deutschen System vergleichbar sein, lautet die Vorgabe vom Präsidenten der Landwirtschaftskammer, Josef Moosbrugger.
Die gentechnikfreie Fütterung wird in Österreich bereits kontrolliert. Derzeit wird zusätzlich ein System zur zentralen Kontrolle der Verwendung von Antibiotika aufgebaut. Die Vorarbeiten sind bereits weit fortgeschritten. Das gesamte Konzept für das neue Tierwohl-Siegel wird laut dem Geschäftsführer AMA-Marketing, Michael Blass, „in den kommenden Wochen“ vorgestellt. „Wir haben ein System für die Haltungskennzeichnung von Kühen in der Schublade. Es geht nur darum, ob der Markt es will.“ Dieses System lässt sich natürlich auch auf die Bewertung der Haltung von anderen Nutztieren ausweiten. Sofern es auch gewünscht wird.
In Deutschland haben sich bei einer Umfrage 86 Prozent für ein staatliches Tierwohllabel ausgesprochen. In Österreich haben die großen Lebensmitteleinzelhändler eigene Tierwohlprogramme gestartet. Die sind allerdings nicht miteinander kompatibel.
Wobei es auch massive Differenzen zwischen den Bekundungen bei Meinungsumfragen und dem realen Kaufverhalten gibt. Umfragen zeigen regelmäßig eine große Unterstützung der Konsumenten für Lebensmittel, die nach Tierwohlkriterien produziert worden sind.
Geiz ist geil
Doch beim Einkauf wird anders entschieden. Yascha Lena Koik ist Doktorantin an der Fachhochschule Kiel. Sie hat Zahlenmaterial gesammelt und es am Mittwoch beim AMA-Milchsymposion präsentiert. Wenn die Konsumenten zwischen mehreren Milchprodukten von sehr unterschiedlicher Qualität wählen können, entscheiden sich über 50 Prozent für die Billig-Milch vom Diskonter. Bei diesem Produkt gibt es keine besonderen Vorgaben für Tierschutz. Die größte Bereitschaft mehr zu bezahlen, gibt es bei Frauen mit höherer Bildung. Auch Haushalte ohne Kinder investieren mehr ins Tierwohl.
Bei höheren Lebensmittel-Preisen sinkt die Bereitschaft der Konsumenten, mehr Geld für Tierwohl oder für Bioprodukte auszugeben. Die Lebensmittelpreise steigen derzeit deutlich an.
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