Nervensache: Wie sich Aktienfonds in der Lehman-Krise schlugen

Nervensache: Wie sich Aktienfonds in der Lehman-Krise schlugen
Was sind 10.000 Euro, die just kurz vor dem Lehman-Crash in Fonds gesteckt wurden, heute wert? Das Ergebnis überrascht.

Es war ein zeitweise Schwindel erregender Kurssturz: Wer sich im September 2008 nicht Hals über Kopf von seinen Aktien-Investments getrennt hat, der besitzt vermutlich Nerven aus Stahl. Oder zumindest so viele finanzielle Sicherheiten, dass er sich die Gelassenheit locker leisten konnte. Wer freilich Panikaktionen vermeiden konnte, hatte jedenfalls die besten Voraussetzungen, um kräftig Kasse zu machen - trotz der heftigsten Finanzkrise seit Generationen.

Auf lange Sicht ist nämlich sogar ein Anleger positiv ausgestiegen, der just in der Woche vor dem fatalen Lehman-Crash in Aktienfonds investiert hatte, ergibt eine Auswertung von Vermögensberater Martin Kwauka vom Finanzjournalistenforum. Er hat dazu 320 Privatanlegerfonds einbezogen, die seit mindestens zehn Jahren bestehen (Datenquelle: Morningstar).

Sein Fazit: Wer am 4. September 2008 einen Weltaktien-Fonds um 10.000 Euro kaufte, der würde heute im Durchschnitt 22.960 Euro besitzen. Trotz des ungünstigen Zeitpunktes für einen Einstieg und trotz der anfänglich kräftigen Verluste hätte sich der Einsatz also mehr als verdoppelt – die durchschnittliche Jahresrendite belief sich demnach auf 8,66 Prozent. (Unterm Strich schaut allerdings weniger raus: Alle Angaben sind Kurswerte vor Steuern und ohne Spesen, Depotgebühren und Ausgabeaufschläge).

Techno-Werte ganz oben

Noch üppiger wäre der Gewinn ausgefallen, wenn nur in US-Aktien-Fonds investiert wurde. Dann stünden heute 32.080 Euro zu Buche. Und überhaupt den Vogel hätte abgeschossen, wer – riskant, aber erfolgreich – in Technologie-Werte investiert hätte. Dann wären aus den 10.000 Euro im Durchschnitt stattliche 40.980 Euro geworden. Abzüglich der angefallenen Spesen, die damit aber verkraftbar wären.

Hinter den Durchschnittswerten stecken natürlich recht unterschiedliche Fonds-Performances, das Gesamtbild ist aber positiv: Von den 320 beobachteten Fonds schnitten nur zwei weitgehend Unbekannte mit einem Minus ab.

Schwierige Mischfonds

„Eher enttäuscht“ hätten hingegen Mischfonds (üblicherweise Aktien und Anleihen), die eigentlich im Ruf stehen, die Nerven eher zu schonen als reine Aktieninvestments. Die gerade in Österreich gerne verkaufte Kategorie sei „eine der schwierigsten“, folgert Kwauka anhand der Performances. Nach dazu, wo bei  diesen teilweise extrem hohe Kosten anfielen. Die defensiven (also risikoscheuen) Mischfonds global schneiden mit 12.750 Euro sogar noch schlechter ab als reine Euro-Anleihenfonds (13.750 Euro).

An Vermögensstrategie festhalten

 „Man muss den Investor vor seinem größten Feind schützen – sich selber“, rät Constantin Veyder-Malberg, Vorstand der Grawe-Tochter Capital Bank. Mit dem sklavischen Festhalten an Sparbuch und Co. würden sich ein Großteil der Österreicher auf Dauer arm sparen. Und in turbulenten Zeiten ist der Drang, alle Aktieninvestments auf den Markt zu werfen, groß. Dieser verständliche Impuls sei aber der Garant, zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt zu verkaufen.

Er rät den Anlegern deshalb dazu, eine klare Vermögensstrategie niederzuschreiben und daran festzuhalten, komme was wolle - zumindest solange sich nichts an der eigenen Lebenssituation ändert. Denn die kurzfristige Entwicklung der Börsen könne niemand vorhersehen. „Der kluge Anleger versucht deshalb erst gar nicht, gescheiter zu sein als der Markt.“  Eine wichtige Rolle habe dabei „Rebalancing“: Sinkt in einem Mischfonds beispielsweise die Aktienquote wegen eines Kurseinbruchs ab, sollte nachgekauft werden.

Absturz schon vor Lehman

Rückwirkend betrachtet war ein Einstieg in der Woche vor dem Lehman-Kollaps übrigens gar nicht so schlecht gewählt. Die weltweite Finanzkrise hatte nämlich schon im August 2007 begonnen, die Börsen waren schon lange vor Lehman auf Tauchstation gegangen, der Wiener Leitindex ATX hatte in diesem Zeitraum bereits von rund 4600 auf 3200 Punkte verloren.

Dennoch ändere das an der Grundtendenz, dass mit Aktienfonds trotz historischer Krisen Geld verdient werden könne, nichts. Laut Kwauka lagen auch im Zeitraum Juni 2007 - wo viele Börsen weltweit Kursrekorde feierten - bis Juni 2017 Weltaktienfonds mit durchschnittlich 51 Prozent im Plus und Europa-Aktien sogar mit 69 Prozent.

 

Überblick Fonds-Performances nach Kategorien: Ergebnisse von 10.000 Euro Investment

September 2008 bis September 2018, vor Steuern und ohne Gebühren, Spesen, Ausgabeaufschläge

Technologie-Aktien: 40.980 Euro

Aktien USA: 32.080 Euro

Aktien weltweit: 22.960 Euro

Aktien Asien-Pazifik (mit Japan): 22.840 Euro

Finanz-Aktien: 19.510 Euro

Aktien Europa: 19.230 Euro

Aktien Schwellenländer: 19.060 Euro

Aktien Österreich: 16.840 Euro

Mischfonds ausgewogen, global: 14.110 Euro

Euro-Anleihefonds: 13.750 Euro

Mischfonds defensiv, Global: 12.750 Euro

Rohstoff-Aktien: 11.790 Euro

Aktien Osteuropa: 11.750 Euro

Quelle: Finanzjournalistenforum, Morningstar

Kommentare