Nachhaltiges Investieren braucht nach wie vor viel Eigeninitiative
Das Schlagwort Nachhaltigkeit klingt gut, und kaum ein Konsument oder eine Konsumentin oder ein Unternehmen wird von sich freiwillig gern behaupten, nicht nachhaltig zu agieren. Doch wie undurchsichtig gerade nachhaltiges Investieren in Österreich sein kann, das hat sich die Arbeiterkammer (AK) Wien in einer aktuellen Studie angesehen.
Um zu den Ergebnissen zu gelangen, wurden im Rahmen der Studie sowohl Expertinnen und Experten befragt (in Banken, Kapitalanlagegesellschaften, Bewertungsagenturen etc.). Außerdem wurden bereits bestehende Studien im Rahmen einer sogenannten Desktop-Analyse analysiert und die Websiten der Finanzinstitute untersucht. Es wurden sowohl Faktoren auf Anbieter- als auch auf Nachfrageseite und rechtliche Rahmenbedingungen/Gesetze analysiert. Gleich vorweg: Einzelne Produkte wurden nicht auf ihre Nachhaltigkeit überprüft. Präsentiert wurden die Ergebnisse von Gabriele Zgubic, der Leiterin des Konsument:innenschutzes der AK Wien, und von Christian Prantner, Finanzexperte der AK Wien Konsument:innenschutz.
Detailergebnisse
Einige Ergebnisse: Jede zweite heimische Fondsgesellschaft ist laut der Arbeiterkammer authentisch im angebot von nachhaltigen Investmentfonds. "Von den 17 Kapitalanlagegesellschaften können die Hälfte hohe bis gute Standards in der Authentizität aufweisen", heißt es in der Studie. Diese legen etwa großen Wert auf interne Prozesskontrolle und große Transparenz auf der Website. Aber: Eine Behörde oder sonstige zertifizierte Stelle, die die Angaben überprüft, gibt es aktuell nicht. Als Positivbeispiel nennt Prantner die Erste Asset Management KAG, die "konkrete Beispiele für das Engagement" gibt, und es gibt Selbstverpflichtungen, die eingehalten werden - etwa in Form von freiwilligen Verhaltenscodices.
Bei 16 Banken wurde außerdem ein Mystery Shopping durchgeführt. Im Vorfeld wurde hier zwar ein nachhaltiges Produkt gewünscht, wiederholt wurden aber ausschließlich herkömmliche Fonds angeboten, so das Ergebnis der Studie. Außerdem gaben die Testkäuferinnen und Testkäufer eine mittlere Risikobereitschaft an, jeder zweite angebotene Fonds war aber ein Aktienfonds mit hohem Risiko. Und: Es gab keine Spesenvorteile bei den angebotenen nachhaltigen Fonds. Die Banken im Verbund mit Kapitalanlagegesellschaften dürften daher "offenbar kein Interesse haben, nachhaltige Invesmentfonds unter die Leute zu bringen", so Prantner, "es waren keine Preisanreize erkennbar", also etwa kostenlose Wertpapierdepots oder ähnliches für nachhaltiges Investment. "Da sehen wir großes Entwicklungspotenzial."
Ähnliche Zusammensetzung
Daneben hat die Arbeiterkammer weitere Problem entdeckt: Neben Greenwashing, also eigene Produkte oder das eigene Unternehmen nachhaltiger darzustellen als es wirklich ist, auch, dass die "Anzahl der nachhaltig agierenden Unternehmen offenbar nicht groß genug ist. Das führt dazu, dass viele nachhaltige Fondsprodukte ähnlich zusammengesetzt sind wie herkömmliche", so Prantner.
Die Arbeiterkammer rät Interessentinnen und Interessenten, auf drei Dinge beim nachhaltigen Investieren zu achten: Wie ein nachhaltiger Investmentfonds eingeordnet ist - nämlich hell- oder dunkelgrün nach der EU-Offenlegungsverordnung (also Artikel 8 bzw. Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung), wobei dunkelgrün bedeutet, dass mit dem Investmentfonds auch ein bestimmtes nachhaltiges Ziel verfolgt wird. Außerdem sollte auf Gütezeichen, etwa des FNG, des Forums Nachhaltiger Geldanlagen, zu achten. Und drittens: Den in Frage kommenden Fonds auf zumindest zwei Bewertungsplattformen im Internet zu vergleichen.
"Stärkere Anreize"
Um nachhaltige Geldanlage stärker in Österreich zu verankern, brauche es zum einen "auf der Preisseite stärkere Anreize, gerade für Kleinanleger, sonst wird das nichts werden", so Prantner. Außerdem sei mehr Commitment, also (Selbst-)Verpflichtung von Finanzinstituten, Nachhaltigkeit in alle Bereiche des Unternehmens zu bringen. Außerdem spricht sich die Arbeiterkammer unter anderem für eine breitere Produktpalette im Giro-, Spar- und Kreditbereich und einen Kriterienkatalog für Greenwashing aus.
Darüber hinaus brauche es auch die Regulierungsseite, ergänzte Zgubic, unter anderem strengere Berichtspflichten. Beim Thema Nachhaltigkeitsberichterstattung gibt es bereits einen Entwurf der Europäischen Kommission zur Überarbeitung der bestehenden Richtlinie.
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