Nach Flugzeug-Abstürzen fliegt Boeing in eine unsichere Zukunft

Ob Boeing die Absturzanfälligkeit der Baureihe 737 MAX mit einem Software-Update beheben kann, ist noch unklar.
Der Gewinn sank um 21 Prozent, Debakel um MAX -Flieger wird erst im zweiten Quartal schlagend.

Der US-Luftfahrtriese Boeing (153.000 Mitarbeiter, knapp 100 Milliarden Dollar Umsatz) steckt in der größten Krise seit seiner Gründung vor mehr als hundert Jahren. Nach den Abstürzen von zwei Boeing 737 MAX (Lion Air, Ethiopian Airlines) mit insgesamt 346 Todesopfern wurde die einst vielversprechende Baureihe Mitte März mit einem weltweiten Flugverbot belegt.

Denn die verbaute Steuerungssoftware MCAS, die einen zu starken Steigflug korrigieren und somit einen Strömungsabriss verhindern soll, dürfte die Flieger am Ende zum Absturz gebracht haben. Manuelle Korrekturmanöver der Piloten sollen vom MCAS-System in Bruchteilen von Sekunden außer Kraft gesetzt worden sein.

Dabei wollte Boeing mit der MAX-Version eigentlich dem europäischen Konkurrenten Airbus A320neo das Geschäft etwas abgraben. 5.012 Bestellungen hatte Boeing bis Ende März erhalten. 387 Stück wurden bereits ausgeliefert, davon 89 im ersten Quartal.

Zum Vergleichszeitraum des Vorjahres sind das 43 Stück oder fast vier Milliarden Euro Umsatz weniger.

Gewinn sank deutlich

Da die MAX-Auslieferung erst seit Mitte März mit dem Flugverbot steht, hat das nur geringe Auswirkungen auf die Bilanz für das erste Quartal.

Diese wurde gestern, Mittwoch, in Chicago offiziell präsentiert. So sank der Umsatz des Luftfahrtriesen nur um umgerechnet 415 Millionen auf 20,44 Milliarden Euro – aber das Kernergebnis schrumpfte um gleich 468 Millionen (21 Prozent) auf 1,77 Milliarden Euro. Da Boeing noch nicht genau abschätzen kann, wann die MAX-Flieger tatsächlich wieder abheben dürfen, will Firmenchef Dennis Muilenburg derzeit noch keine Angaben über die wirtschaftlichen Auswirkungen des MAX-Debakels machen.

Boeing macht ständig Fortschritte auf dem Weg zur endgültigen Zertifizierung des Software-Updates für die 737 MAX“, sagt Muilenburg mit professionellem Optimismus. Dazu sollen bisher mehr als 135 Testflüge durchgeführt worden sein.

Angeblich peilt der US-Riese eine neue Starterlaubnis durch die Luftfahrtbehörden für Mitte Juli 2019 an. Insider rechnen mit keinem Neustart vor August oder September. In den Bilanzzahlen der nächsten beiden Quartale wird das MAX-Problem aber abgebildet werden. So musste Boeing die MAX-Produktion von 52 auf 42 Stück pro Monat drosseln.

Der Stückpreis einer 737 MAX beträgt im Schnitt umgerechnet rund 92 Millionen Euro. Damit stehen jeden Monat MAX-Flieger im Verkaufswert von rund 3,86 Milliarden Euro auf Halde. Umgerechnet auf das zweite Quartal macht das dann schon 11,59 Milliarden Euro weniger Umsatz. Das ist auch für einen Riesen wie Boeing schwer zu schultern. Leichte Zuwächse im Militär- und Servicegeschäft können die Lücke nicht schließen.

Drei Sammelklagen

Im Vorfeld der Quartalszahlen haben drei US-Anwaltskanzleien Sammelklagen für Boeing-Aktionäre angekündigt. Sie werfen dem Konzern vor, über die Sicherheit der MAX-Flieger wesentliche falsche Angaben gemacht zu haben. So sollen wichtige Sicherheitsfunktionen zur Absturz-Prävention nicht allen Airlines verkauft, sondern nur als „Extra“ angeboten worden sein. Das kann teuer werden. Auch die Schadenersatzforderungen der Angehörigen der 386 Absturzopfer werden Boeing eine Stange Geld kosten.

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