Millionenpleite: Autozubehör-Kette Forstinger ist insolvent

Forstinger Zentrallager im 23. Bezirk in Wien.
Das marode Unternehmen soll fortgeführt und zehn bis fünfzehn Filialen sollen geschlossen werden. 823 Mitarbeiter sind betroffen.

Die Vergangenheit der Autozubehör- und Werkstättenkette Forstinger mit Sitz in Traismauer, Niederösterreich, ist geprägt von Liquiditätsengpässen, Wertberichtigungen, Restrukturierungsmaßnahmen und zahlreichen glücklosen Eigentümerwechseln. Auch ein Insolvenzverfahren mussten die rund 800 arg strapazierten Forstinger-Mitarbeiter 2001 über sich ergehen lassen. Doch das wird in der offiziellen Firmengeschichte auf der Internet-Homepage nicht erwähnt.

Heute, Mittwoch, musste Geschäftsführer Martin Schmid-Schmidsfelden, seit April 2015 auch Alleineigentümer von Forstinger/PS Markt, den Weg zum Konkursgericht in St. Pölten antreten. Er hat einen Sanierungsantrag ohne Eigenverwaltung eingebracht. das Unternehmen ist überschuldet und zahlungsunfähig. Das Verfahren ist mittlerweile auch eröffnet worden. Den Gläubigern sollen 20 Prozent Quote geboten werden. Rund 300 Lieferanten sollen betroffen sein, aber Banken seien nicht darunter, heißt es. Die 823 Mitarbeiter dürften laut Creditreform im Jänner 2018 keine Löhne und Gehälter mehr erhalten haben. Dabei geht es immerhin laut Brancheninsidern um rund 1,8 Millionen Euro.

Die Unternehmensfortführung soll aus dem laufenden Geschäft und durch die Kostenreduzierung durch die Schließung von Standorten finanziert werden. Doch in der Regel kosten Standortschließungen viel Geld, weil die Vermieter aufgrund langfristiger Verträge Schadenersatzansprüche stellen können. In diesem Fall können die Vermieter ihre Ansprüche als Forderung im Insolvenzverfahren anmelden und erhalten am Ende eine Quote davon.

Harte Zeiten

Forstinger Österreich betreibt aktuell 108 Filialen und 104 Werkstätten und setzte im Geschäftsjahr 2016/17 rund 111 Millionen Euro um. Eine Filiale in der Thaliastraße in Wien-Ottakring wurde kürzlich geschlossen. Laut AKV wurde Anwalt Volker Leitner zum Sanierungsverwalter ernannt.

Der Kette ist die finanzielle Luft ausgegangen. Als Insolvenzursachen werden angeblich überhöhte Mieten, langfristige Abnahmeverträge und ein massiver Umsatzeinbruch bei Winterware im Jänner (-70 Prozent) angeführt.

Das Unternehmen soll fortgeführt und saniert werden. Dazu sollen aber auch 10 bis 15 verlustträchtige Filialen geschlossen werden. Das bedeutet auch einen Personalabbau von zumindest 65 bis 100 Mitarbeitern. Die Verbindlichkeiten werden laut Creditreform mit 31,22 Millionen Euro beziffert, davon sollen rund 27 Millionen Euro unbesichert sein. Einer der größten Gläubiger soll Eigentümer Schmid-Schmidsfelden selbst bzw. sollen seine Unternehmen (siehe unten) sein.

Schulden und Vermögen

Die Verbindlichkeiten werden mit 31,22 Millionen Euro beziffert, davon entfallen fast zehn Millionen Euro auf Lieferungen und Leistungen. Die genaue Höhe der Aktiva muss erst vom Insolvenzverwalter erarbeite werden, da Vermögen zum Teil mit Ab- und Aussonderungsrechten belastet ist. Waren können zum Teil nur gegen Vorrauszahlung an die Lieferanten bezogen werden.

Die Vorgeschichte

Im März 2017 wurden der Forstinger Österreich offenbar ein Darlehen in Höhe von 3,1 Millionen Euro gewährt, abzüglich des Disagios (100.000 Euro) wurden drei Millionen Euro auch ausgezahlt. Dieses Darlehen sollte in drei Tranchen zurückgezahlt werden, die erste Tranche wäre am 31. März 2018 fällig, die beiden weiteren Tranchen sechs bzw. zwölf Monate später. Dazu kommen noch ordentliche Zinsen in Höhe von 8,191 Prozent. Diese Zahlungen kann Forstinger nicht mehr leisten.

Verzicht auf Millionen-Forderungen

Schon im Geschäftsjahr 2015/2016 war die finanzielle Lage sehr dünn, sprich sehr angespannt. Die PS Markt GmbH, die Mutterfirma von Forstinger International und Großmutterfirma von Forstinger Österreich, verzichtete gegenüber der Forstinger Österreich auf Forderungen in Höhe von vier Millionen Euro (2015) sowie auf 2,6 Millionen Euro (2016), damit Forstinger überhaupt bilanzieren konnte. Forstinger sollte diese Darlehen bis längsten 2026 zurückzahlen, wenn das Eigenkapital in den Folgejahren eine Quote höher als 17 Prozent erreicht. Dazu kommt noch ein Darlehen in Höhe von 2,3 Millionen Euro aus dem Jahr 2013, dass erst ab einer Eigenkapitalquote von 25 Prozent zurückgezahlt werden sollte.

Die Eigenkapitalquote zum 30. September 2016 betrug trotz dieser Entlastungsmaßnahmen lediglich 10,61 Prozent. Die PS Markt GmbH gehört wiederum der Schweizer CMC Capital Management & Consulting AG mit Sitz in Baar, Verwaltungsrat ist Martin Schmid-Schmidsfelden.

Millionenpleite: Autozubehör-Kette Forstinger ist insolvent
Forstinger Filiale in der SCS, Vösendorf am 01.03.2015.

Die offizielle Geschichte der Forstinger-Kette

1962 eröffnet Norbert Forstinger in einem 25 m² großen Kellerlokal sein Geschäft. Die Idee, alles rund ums Auto mit Fachberatung zu Top-Preisen anzubieten, erweist sich als durchschlagender Erfolg.

1965 - nur 3 Jahre später - übersiedelt Forstinger in ein größeres Lokal in der Hütteldorfer Straße 14.

1986 wird das neue Zentrallager auf einem 25.000 m² großen Areal errichtet. Von hier aus werden ab sofort alle Filialen beliefert. 24.000 Palettenplätze stehen dafür zur Verfügung.

1992 feiert Forstinger sein 30-jähriges Jubiläum. Mit Slogans wie „Sonderposten die fast nichts kosten“ wirbt Forstinger für aktuelle Aktionen.

1997 erweitert Forstinger sein Serviceangebot und eröffnet die erste Fachwerkstätte. 2002 erhält Forstinger neue Eigentümer: 2 Private Equity Fonds, den österreichischen Fond REB, beraten durch Value Management und einen deutschen Fond, beraten durch Orlando.

2003 wird Forstinger erfolgreich restrukturiert und setzt wieder auf die Kernkompetenz: „Alles rund ums Auto!”

2004 steigert Forstinger den Umsatz weiter und baut den Marktanteil aus. Forstinger Handel und Service GmbH ist klarer Marktführer im Autozubehör- und Ersatzteilhandel.

Anfang 2005 erwirbt Bridgepoint Capital Ltd., eines der führenden Private-Equity-Unternehmen in Europa die Forstinger Handel- und Service GmbH und übernimmt die Anteile der Familie Forstinger.

Im März 2005 expandiert Forstinger in die Slowakei und bietet Schnellservice und die bewährte Fachberatung auch im benachbarten Ausland an.

2006 - 2008 expandiert Forstinger weiter: Das Filialnetz in der Slowakei und im Westen und Süden Österreichs wird ausgebaut.

Im September 2009 erwirbt die österreichische Investorengruppe eMobile (vormals Better Place) die Forstinger Handel- und Service GmbH.

Im Herbst 2009 werden Teile der Forstinger Handel und Service GmbH an die EK Mittelstandsfinanzierungs AG der Bank Austria abgegeben.

2011 Gründung der Holdinggesellschaft Forstinger International. Umbenennung der Forstinger Handel und Service GmbH in Forstinger Österreich GmbH und gemeinsame Integration mit der Forstinger spol. s r.o. in die Dachgesellschaft Forstinger International GmbH.

Im Frühjahr 2013 wird die Virtus Eins Beteiligungs GmbH neue Gesellschafterin der Forstinger International GmbH. Heute ist Forstinger der führende Autofachmarkt in Österreich.

Im April 2015 übernimmt Martin Schmid-Schmidsfelden das Ruder bei Forstinger.

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