So viel Macht haben die Mieter

"Der Mieter hat mehr Rechte als der Vermieter", sagt Anwalt Nikolaus Vasak
Rauswurf, Wasserschaden, Lärmbelästigung – Anwalt Nikolaus Vasak klärt Mieter und Vermieter seit knapp 20 Jahren über ihre Rechte auf.

Was sind die drei häufigsten Streitgründe zwischen Mieter und Vermieter?

Nikolaus Vasak: Der Mietzins an sich ist das häufigste Streitthema. Am meisten Auseinandersetzungen gibt es, wenn die Mietzahlungen komplett eingestellt werden, dicht gefolgt von Diskussionen über Mietminderungen und auf Platz drei sind Unstimmigkeiten über die Höhe. Dieser Punkt wurde in den vergangenen Jahren immer häufiger zum Thema.

Woran liegt das?

Es gibt immer mehr Unternehmen, die die Höhe der Miete überprüfen und die Mieter bei der Einforderung möglicher Ansprüche unterstützen. Dafür lassen sie sich einen bestimmten Teil von dem Betrag, den sie erstreiten, ausbezahlen. Das funktioniert, weil der maximale Mietzins gesetzlich nicht ganz genau festzulegen ist. Auch die Gutachter der Schlichtungsstelle kommen oft zu einem anderen Ergebnis als Sachverständige vor Gericht.

Wie hoch ist der gesetzlich vorgeschriebene maximale Mietzins?

Das ist kein absoluter Betrag. Es ist eine relativ komplizierte Rechnung bei der der Grundquadratmeterpreis mit Zu- und Abschlägen im Streitfall von einem Immobiliensachverständigen errechnet wird. Auch die Gerichte müssen einen Sachverständigen beiziehen, um den genauen zulässigen Höchstzins bestimmen zu können. Dieser Betrag gilt nur für Wohnungen, die unter den Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fallen. Für Neubauwohnungen gelten diese Regelungen meist nicht, da dafür nur ein Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes gültig ist.

Kann der Mietpreis in diesen Wohnungen beliebig erhöht werden?

Grundsätzlich kann ein bereits vereinbarter Mietzins nicht einfach erhöht werden, allerdings gibt es in fast allen Verträgen sogenannte Wertsicherungsvereinbarungen. Das heißt, die Miete ist an einen gewissen Index gebunden. Wenn diese Anpassung nicht im Mietvertrag verankert ist, darf die Miete auch nicht erhöht werden.

Befristeter oder unbefristeter Mietvertrag – wo hat der Mieter mehr Vorteile?

Ein unbefristeter Mietvertrag hat ein Anfangsdatum, aber kein Enddatum. Das heißt, er ist so lange gültig, bis ihn eine der beiden Parteien auflöst. Ein befristeter Mietvertrag verfügt über ein Datum, mit dem er automatisch beendet ist. Es sei denn, die Parteien vereinbaren etwas anderes. Wenn das geltende Mietrechtsgesetz anwendbar ist, dann ist der unbefristete Mietvertrag aus Mietersicht grundsätzlich günstiger. Denn der Vermieter kann das Mietverhältnis nur dann auflösen, wenn gesetzlich verankerte Kündigungsgründe vorliegen. Der Mieter selbst kann das Mietverhältnis unter Einhaltung von Frist und Termin auflösen, wann er möchte.Was sind konkrete Kündigungsgründe?Der Kündigungsschutz ist aufgehoben, wenn der Mieter eine Vertragsverletzung begeht und zum Beispiel den Mietzins nicht mehr bezahlt, die Wohnung gänzlich weitervermietet, oder sich, unjuristisch ausgedrückt, unleidlich verhält. Das heißt im Konkreten, dass andere Hausbewohner beispielsweise terrorisiert und beschimpft werden, oder die Nachtruhe permanent gestört wird. Es muss massives Fehlverhalten vorliegen, damit die Gerichte ein Zusammenleben im gleichen Haus als unzumutbar ansehen. Nicht jeder Verstoß gegen die Hausordnung ist ein Kündigungsgrund.

So viel Macht haben die Mieter
Michael Kimmel

Müssen diese Gründe auch bei befristeten Mietverträgen vorliegen, wenn der Vermieter den Vertrag beenden will?

Ja, definitiv. In Mietverträgen steht häufig, dass beide Parteien, also auch der Vermieter, nach einem Jahr kündigen können. Das heißt aber noch lange nicht, dass das auch zulässig ist. Die Kündigungsschutzbestimmungen gelten, wenn das Mietrechtsgesetz anzuwenden ist, immer und das bedeutet, dass konkrete Gründe vorliegen müssen, wenn der Vermieter den befristeten Vertrag beenden will.Welche Fristen müssen bei einer Kündigung eingehalten werden?Die Kündigungsfrist beträgt meist ein bis drei Monate vor dem gewünschten Auszugstermin. Häufig wird zum Monatsende gekündigt und ich empfehle jedem Mieter die schriftliche Kündigung.

Stichwort Untervermietung: Wann wird ein Besucher zum Bewohner?

Das ist schwierig festzustellen. Grundsätzlich gelten aber zwei Richtlinien: Sobald ein Besucher mehr als 150 Prozent der Miete bezahlt und die gesamte Wohnung bewohnt, liegt eine unzulässige Untervermietung vor und der Vermieter kann Kündigungsgründe geltend machen. Wenn aber nur ein Zimmer untervermietet ist und dafür ein angemessenes Entgelt bezahlt wird, ist das im Regelfall kein Problem.

Können Vermieter tatsächlich einen Hamster verbieten?

Haustierhaltung kann im Mietvertrag verboten werden. Hält der Mieter trotzdem einen Hamster oder ein anderes Haustier, gilt das nicht als Kündigungsgrund. Der Vermieter kann allerdings eine Unterlassungsklage einreichen und den Mieter auf diesem Weg zwingen, das Haustier wegzugeben.

Sind Kinderwägen im Stiegenhaus außerhalb der Wohnung zulässig?

Grundsätzlich nein. Das Stiegenhaus ist als Fluchtweg freizuhalten und gilt als nicht mitgemieteter Bereich. Im Extremfall könnte für diese Fläche ein extra Nutzungsentgelt in Rechnung gestellt werden.

So viel Macht haben die Mieter
Michael Kimmel

Religion, Vorstrafen, Kinderplanung – wie persönlich dürfen die Fragen eines Vermieters bei einer Wohnungsbesichtigung sein?

Fragen kann der Vermieter alles, antworten müssen die angehenden Mieter nicht. Die meisten Vermieter fragen nach den Einkommensverhältnissen und das dürfen sie auch. Auch nach einem Leumundszeugnis dürfen Vermieter fragen.

Was können Mieter machen, wenn sie eine lärmende Baustelle vor der Haustüre haben?

Wenn die Lärmbelästigung so erheblich ist, dass ganze Zimmer nicht mehr genutzt werden können, dann darf eine Mietminderung eingefordert werden.

Was sind hier die Rahmenbedingungen, um diese durchzusetzen?

Die Judikatur ist hier sehr einzelfallbezogen. Prinzipiell muss der Mieter den Vermieter bestenfalls schriftlich darüber informieren, dass er ab sofort weniger Miete bezahlt und dafür auch seine Gründe angeben. Wenn der Vermieter damit nicht einverstanden ist, kann er klagen und der Mieter muss die zuvor genannten Gründe zur Mietminderung beweisen. Eine andere Möglichkeit ist, die Miete "unter Vorbehalt der Rückzahlung" weiter in vollem Ausmaß zu bezahlen und im Nachhinein zurückzufordern. Auch hier muss der Vermieter sofort informiert werden, ansonsten kann keine Forderung geltend gemacht werden.

Welche Reparaturen müssen in der Wohnung vom Mieter und welche vom Vermieter behoben werden?

Das hängt stark vom Vertrag ab. Ein tropfender Wasserhahn kann mitunter schon dem Mieter umgehängt werden. Wer aber für einen kaputten Herd aufkommen muss, ist von Vertrag zu Vertrag anders geregelt.

Wer ist für die Therme verantwortlich?

Vor zwei Jahren gab es eine Gesetzesänderung zu diesem Thema und diese besagt, dass der Mieter die Therme warten und der Vermieter für Reparaturen aufkommen muss.

Wer muss die Vergebührung des Mietvertrags beim Finanzamt zahlen?

Die Vergebührung des Mietvertrags bei Wohnungen gibt es seit einigen Wochen nicht mehr.

So viel Macht haben die Mieter

Das neueKURIER-Magazin "Immobilien" gibt einen Überblick zur aktuellen Preisentwicklung bei Miete, Eigentum und Grundstücken in Wien und Österreich. Außerdem beantworten Experten jede Menge Fragen, die rund um Miete und Kauf auftauchen. Auf den insgesamt 148 Seiten finden auch Trends wie die kurzzeitige Vermietungen von Wohnungen auf Plattformen wie Airbnb, altersgerechte Wohnformen sowie das boomende Segment der Studentenwohnanlagen einen Platz.

  • In Ihrer Trafik und im Zeitschriftenhandel für nur € 7,50
  • Versandkostenfreie Bestellung einfach per Mail unter magazin@kurier.at

Kommentare