Mieten: AK hält System für gescheitert

Mieten: AK hält System für gescheitert
Die Arbeiterkammer will das Richtwertsystem reformieren und wünscht sich einen ähnlichen Mietendeckel wie die Grünen.

Die privaten Wohnungsmieten sind in Österreich binnen elf Jahren um fast 40 Prozent geklettert, um zwei Drittel stärker als die Bruttoeinkommen und die allgemeine Teuerung mit 25 Prozent. Zugleich gibt es immer mehr Wohnungen, die nur noch befristet vermietet werden, wobei diese - gesetzwidrig - nicht günstiger sind als unbefristete Verträge. Deshalb fordert die Arbeiterkammer (AK) eine Reform des Mieten-Richtwert-Systems, das aus ihrer Sicht gescheitert ist, weil vor allem die Zu- und Abschläge intransparent geregelt sind.

Zur Forderung der Wiener Grünen, die Monatsmieten mit 7 Euro je m2 zu deckeln, zeigt man sich in der AK reserviert, räumt aber ein, dass man Ähnliches fordere und dasselbe Problem bekämpfe.

Die AK wünscht sich für die bundesweit 350.000 bis 400.000 Richtwert-Wohnungen - davon 200.000 in Wien - einen Mietendeckel bei maximal 20 Prozent Aufschlag auf den Richtwert. Dieser beträgt derzeit in der Bundeshauptstadt 5,16 Euro/m2, was samt Mehrwertsteuer 6,19 Euro/m2 sind - freilich noch ohne Betriebskosten.

ÖVP: "Planspiele a la DDR"

Wiens Grünen-Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou will im Frühjahr 2013 das Volk zu einem 7-Euro-Deckel für Altbauten befragen lassen, wobei noch unklar ist, ob das wirklich samt Zuschlägen und Betriebskosten zu verstehen ist, wie es in Medienberichten hieß. Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) lehnt bei dieser Bundesmaterie "zwangswirtschaftliche Eingriffe in freie Verträge" als "verfassungsmäßig bedenklich" ab, ÖVP-Landesparteiobmann Manfred Juraczka meinte, "in den freien Markt einzugreifen" sei wie "Planspiele a la DDR der 70er Jahre", und auch die FPÖ ist strikt gegen Obergrenzen. Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) wollte am Dienstag den Vassilakou-Vorstoß nicht kommentieren und meinte, man habe vereinbart, sich Fragen für die Volksbefragung nicht gegenseitig über die Medien auszurichten.

Derzeit liegen in Wien die "freien Mietzinse" gemäß § 1 Abs. 4 Mietrechtsgesetz (MRG) im Durchschnitt in keinem Bezirk unter 7 Euro/m2 - netto, also ohne Umsatzsteuer und auch ohne Betriebskosten. Laut Immobilienpreisspiegel des Fachverbands der Immobilientreuhänder in der Wirtschaftskammer Österreich sind es selbst in Ottakring 7,55 Euro, gefolgt von 7,65 Euro in Rudolfsheim-Fünfhaus und 7,77 Euro in Brigittenau. Spitzenreiter sind Innere Stadt mit 12,30 Euro, Döbling mit 10,20 Euro und die Josefstadt mit 10,08 Euro/m2 und Monat.

Vermieten lohnt sich immer

AK-Wohnexperte Walter Rosifka ist überzeugt, dass sich für private Hausherren das Vermieten oder Renovieren von Wohnungen auch nach einer Mieten-Deckelung noch rentieren würde, wie er am Mittwoch in einem Pressegespräch auf eine Journalistenfrage meinte: "Für Wohnungsbesitzer rentiert es sich immer zu vermieten." Die Frage sei, ob jemandem ein Haus schon länger gehöre, etwa weil es sich seit Jahrzehnten im Familienbesitz befinde, oder ob es jemand zu "überhitzten" Preisen gekauft habe. Die gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) hätten auch nur monatlich 1,62 Euro/m2 für Sanierungen zur Verfügung, und die GBV würden das auch schaffen mit Mietlimits von 3,29 Euro/m2. Behauptungen, dass "5,16 Euro plus 20 Prozent" zu wenig seien, könne er daher nicht nachvollziehen, sagte Rosifka.

Ein weiterer Grund der Mieten-Explosion liegt laut Rosifka in den rückläufigen Wohnbaufördermitteln und der vor Jahren gestrichenen Zweckbindung der Rückflüsse. Dadurch fehlten Mittel, und die Neubauleistung sinke, was angesichts der Bevölkerungsprognosen als dramatisch anzusehen sei.

Zudem hätten die GBV mit den steil nach oben schießenden Grundstückspreisen zu kämpfen, die für sie vielfach nicht mehr leistbar seien. Zu höheren Preisen als 235 Euro/m2 dürften sie nämlich keine Baugründe kaufen.

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