Miba hält an seiner Nischenpolitik fest

MIBA
Alter und neuer Chef sind sich einig. Doch der Vater stellt klar: „Verkaufen würde ich nicht verzeihen“.

Beim Fahrzeug-Zulieferer Miba löst Franz-Peter, 37, seinen Vater Peter Mitterbauer, 70, an der Spitze ab. Der KURIER sprach mit dem Unternehmer-Duo über Strategien, unverzeihliche Fehler und Chancen für Frauen im Unternehmen.

Ist der Wechsel an der Spitze auch ein Wechsel in der Strategie? Oder anders gefragt: Hätten Sie in den vergangenen Jahren etwas grundsätzlich anders gemacht als Ihr Vater?

Mitterbauer junior: Nein. Ich bin ja schon fünf Jahre im Unternehmen. Die Strategie Miba 2015 trägt daher ja schon maßgeblich auch meine Handschrift. Wenn ich jetzt plötzlich alles anders machen wollte, würde ich mir ja selbst untreu. Wir brauchen keine 180-Grad-Wende und keine Revolution, wir brauchen eine dynamische Evolution.

Das heißt was?

Junior: Es gibt sehr viel Gutes im Unternehmen, auf dem man aufbauen und das man weiterentwickeln kann. Und dynamisch heißt, dass wir das Wachstum im internationalen Geschäft nützen müssen, also unseren Kunden in deren Märkte folgen. Und ein ganz starker Fokus ist die Technologieführerschaft. Die müssen wir behalten und auch ausbauen.

Senior: Wir sind in den Geschäftsbereichen, in den wir seit Langem tätig sind, gut aufgestellt (siehe unten) und wirklich fit. Ich glaube, dass mein Sohn sich vor allem um den vierten Geschäftsbereich kümmern und den stark ausbauen wird. Das ist die Leistungselektronik.

Was ist darunter zu verstehen?

Junior: Wir haben vor zwei Jahren zwei Unternehmen gekauft, die produzieren Hochleistungswiderstände und Kühlsysteme. Diese braucht man für technische Lösungen bei der Energieübertragung. Bei den Offshore-Windparks in Deutschland oder auch für die Versorgung in China müssen große Mengen Strom über weite Strecken transportiert werden. Dabei wird Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt, weil der Transport mit wesentlich weniger Verlust möglich ist. Dann muss er wieder in Wechselstrom umgewandelt werden. Für diese Vorgänge liefern wir die technische Lösung. Das ist ein Bereich, der immer wichtiger wird und in den nächsten Jahren stark wächst. Wir sind auf der Suche nach passenden Firmen in dieser Nische.

Ihr Vater hat einen Konzern aufgebaut, hat als Präsident der Industriellenvereinigung die österreichische Wirtschaftspolitik maßgeblich mitgestaltet. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie in seine Fußstapfen treten?

Junior: Meine Wahrnehmung ist nicht, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters trete. Würde ich das tun, könnte ich ihn nie überholen. Ich werde einen eigenen Weg gehen und eigene Spuren hinterlassen. Aber der ist von der Idee und der Richtung, in die wir gehen, sehr ähnlich der Richtung meines Vaters.

Werden Sie die neue Konzernführung unter Ihrem Sohn als Aufsichtsrat kontrollieren?

Senior: Ich werde nach den erforderlichen Beschlüssen in den Aufsichtsrat gehen, aber nicht als Vorsitzender.

Warum nicht Vorsitzender?

Senior: Erstens ist der Vorsitz in bewährten Händen. Zweitens ist das ein ganz starkes Signal nach außen. Wenn ich den Vorsitz übernehme, sagt jeder, jetzt schaut er dem Junior über die Schulter ...

Das könnten Sie als „normaler“ Aufsichtsrat ja auch ...

Senior: Es geht ja auch um Signale, wir schauen uns sozusagen auf Augenhöhe in die Augen, wenn ich normaler Aufsichtsrat bin ...

Haben Sie eigentlich Angst, einen Fehler zu machen, den Ihnen Ihr Vater nicht verzeiht?

Junior: Angst habe ich keine. Ich habe Respekt vor der Aufgabe, aber ich sehe die Zukunft positiv. Soweit ich meinen Vater kenne, weiß ich, dass man auch Fehler machen darf. Natürlich keinen Kapitalfehler und nicht den gleichen Fehler öfter.

Was wäre ein Kapitalfehler?

Junior: Etwas, was das Unternehmen in den Grundfesten erschüttert. Zum Beispiel ein Unternehmen um Hunderte Millionen zu kaufen, das die Miba ruinieren kann, wenn das Konzept nicht aufgeht. Oder wenn wir uns zu 60, 70 Prozent von China als Markt oder von einem Einzelkunden abhängig machen.

Senior: (denkt länger nach) Es gibt schon ein Beispiel dafür: Wenn mein Sohn käme und sagt, er will die Miba verkaufen. Das würde ich ihm, glaube ich, nicht verzeihen. Außerdem wäre ich dagegen.

Ihre Tochter ist ebenfalls im Unternehmen, als Vorsitzende der Jungen Industrie ist sie auch industriepolitisch tätig. Wie sieht die Frauenquote bei Miba aus?

Senior: Insgesamt haben wir einen Frauenanteil von 20 Prozent. Im Management ist er natürlich niedriger.

Soll er steigen?

Senior: Wir haben eine Frau als Aufsichtsratsvorsitzende und das seit etlichen Jahren. Im Vorstand haben wir keine Dame, im mittleren Management schon einige. Der Frauenanteil in den Management-Ebenen soll steigen.

Das heißt, eine Frauenquote ...

Senior: Nein. Nicht einmal meine Tochter, die in diesem Haus (Industriellenvereinigung, Anm.) tätig ist, ist für eine Frauenquote.

Sie sind also gegen eine Frauenquote?

Senior: Nein, ich bin nicht gegen eine Frauenquote, ich bin nur nicht für eine Quote.

Den Unterschied sehe ich jetzt nicht wirklich ...

Senior: Ich gebe zu, das ist etwas sophistisch. Aber ein Frauenanteil muss sich kontinuierlich entwickeln, das kann man nicht verordnen. Ich halte nichts davon, Quoten vorzuschreiben. Ja, wir brauchen mehr Frauen in Entscheidungspositionen. Aber wir brauchen auch die Initiative, dass sich Frauen in diese Richtung entwickeln. Das fängt beim Studium an.

Junior: Ich bin auch gegen eine Quote. Wenn wir mehr Mädchen hätten, die eine Lehre bei uns machen wollen, würden wir auch mehr nehmen und wir arbeiten auch in diese Richtung. Außerdem haben wir jetzt mit der Einrichtung einer Krabbelstube die Chancen für einen Wiedereinstieg von Frauen nach dem Kind verbessert.

Sie waren lange Jahre durch Ihre Funktion in der Industriellenvereinigung Teil der Sozialpartnerschaft. Kann Ihr Sohn vor dem Hintergrund des internationalen Geschäfts damit noch etwas anfangen?

Senior: Die Sozialpartnerschaft ist ein österreichisches Unikum. Sie ist in ihrer bisherigen Form an ihre Grenzen gestoßen und muss angepasst werden. Der Widerstand gegen eine stärkere Flexibilisierung der Arbeitszeit ist ja absurd.

Junior: Den sozialen Frieden kann man nur erhalten, wenn junge Leute einen Job bekommen. Und den bekommen sie nur, wenn die Unternehmen so arbeiten, wie es die Kunden brauchen. Der Kunde fragt nicht nach dem Arbeitszeitgesetz. Wenn wir an den starren Arbeitszeitregelungen festhalten, schaden wir langfristig dem Wirtschaftsstandort.

Die Gruppe in der heutigen Form wurde von Peter Mitterbauer aufgebaut, der 1969 in das 40 Jahre davor von seinem Vater gegründete Unternehmen eintrat. 1986 wurde er Vorstandsvorsitzender der Miba AG. Neben dem Aufbau und der Führung des Konzerns war der promovierte Maschinenbauer (TU Graz und Wien) von 1996 bis 2004 Präsident der Industriellenvereinigung. Seit 2006 ist er Aufsichtsratschef der Staatsholding ÖIAG, 2014 tritt er ab.

Sohn F. Peter Mitterbauer wurde 1975 geboren. Der Techniker arbeitete seit 1999 unter anderem bei Audi und Webasto, 2006 übernahm er in der Miba Sinter Holding den Vertrieb in Asien. 2011 zog er als Chef der Miba Friction Group in die Konzern-Chefetage ein.

Der Aufsichtsrat der börsenotierten Miba AG – 71 Prozent der Aktien hält die Familie – ist fest in weiblicher Hand: Vorsitzende ist seit Mitte 2007 die prominente Wiener Wirtschaftsanwältin Theresa Jordis.

Die Miba-Gruppe mit knapp 4400 Mitarbeitern weltweit stellt Sinterformteile, Gleitlager und Reibbeläge (Brems- und Kupplungsbeläge) für die Fahrzeugindustrie her. Im Geschäftsjahr 2012/’13 stieg der Umsatz um 2,4 Prozent auf 606,6 Millionen Euro, der Betriebsgewinn (Ebit) stieg um 4,2 Prozent auf knapp 70 Millionen. Die Aktionäre bekommen wie im Vorjahr eine Dividende von 8 Euro je Aktie.

Wachsen will die Miba in den kommenden Jahren vor allem in den USA und in China. 2015 will der Konzern rund 750 Millionen Euro umsetzen.

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