Das fordert die Gewerkschaft jetzt in den Kollektivverträgen

FORTSETZUNG DER KV-VERHANDLUNGEN DER METALLER: WIMMER/DÜRTSCHER
Im Lichte des neuen Arbeitszeitregimes, von dem man sich überrumpelt fühlt. Katzian: "Arbeitszeitgesetz ist Diktat zugunsten der Arbeitgeber".

Auf Einladung des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) haben sich am Dienstag hunderte Vertreter der Teilgewerkschaften zur "Ersten österreichweiten KV-VerhandlerInnen-Konferenz" in Wien versammelt. Am Donnerstag startet die Herbstlohnrunde mit den richtungsweisenden Metaller-Verhandlungen. "Zum ersten Mal beschließen wir unsere Forderungen alle gemeinsam", so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian.

Die Zeichen stehen heuer auf besonders zähe Lohnverhandlungen. Der ÖGB sagt "nein zum 12-Stunden-Tag". Die heutige Veranstaltung lief unter dem Motto "Miteinander weiterkämpfen". Die Arbeitnehmervertreter fühlen sich von einer Novelle des Arbeitszeitgesetzes, die die Höchstarbeitszeit steigerte, durch die ÖVP/FPÖ-Bundesregierung samt Stimmen der NEOS überrumpelt. Dazu kommt auch Kritik an den Reformplänen der Regierung mit den Sozialversicherungen und einige andere Punkte.

Der Gewerkschaft ging es heute um ihre Positionierung. Katzian sagte, "wir stimmen uns ab, wie wir mit dem Arbeitszeitgesetz in den jeweiligen Branchen umgehen. Wir verhandeln in den einzelnen Branchen, aber wir haben gemeinsame Ziele. Wir leben Solidarität und das zeigen wir heute hier auf." Man wende sich nun an die "Besteller des Gesetzes bei der Bundesregierung", also der Wirtschaft, der Industrie.

"Wenn man mit uns nicht redet, über uns drüber fährt, aber gleichzeitig sagt, wir sollen den Weg der Partnerschaft nicht verlassen, das geht nicht", so Katzian in Richtung Arbeitgeber. "Wer so in den Wald hineinruft, der muss damit rechnen, dass der Ruf auch so zurückkommt. Deswegen sind wir heute da. Wir rufen den Arbeitgebern und der Wirtschaft zu: Sprecht mit uns, verhandelt mit uns und gefährdet nicht die Gesundheit und Lebensqualität der Arbeitnehmer."

"Mit diesem Gesetz werden wir uns nicht abfinden"

Mit dem Arbeitszeitgesetz sei jedenfalls "deutlich überzogen worden. Mit diesem Gesetz werden wir uns nicht abfinden. Das ist eine Tatsache", so Katzian unter Applaus. "Es ist ein Diktat zugunsten der Arbeitgeber. Es gibt keine Vorteile für Arbeitnehmer. Ein Interessensausgleich, der das Land und die Wirtschaft stark gemacht hat, findet nicht statt." Dass niemand länger arbeiten müsse, "das ist einfach falsch". Dinge, die versprochen worden seien, stünden nicht im Gesetz. "Wir werden uns die Dinge holen. So einfach und so kompliziert ist das zugleich." Die Freiwilligkeitsgarantie in der Arbeitszeit verteufelte Katzian einmal mehr. Das Gesetz sei sehr schwammig formuliert und werde eine Reihe an Klagen nach sich ziehen. Wer wird klagen? "Wir", sagte der ÖGB-Chef.

Es gehe in den Lohnverhandlungen darum, Kompensation für das neue Arbeitszeitregime zu lukrieren, so Karl Dürtscher (GPA-djp) im Vorfeld der heutigen Konferenz. Es gehe unter anderem um "Zeit und Geld": Mitsprache bei der Freizeit für die Mitarbeiter und eine Lohn- bzw. Gehaltssteigerung. Es gibt die Sorge, dass es durch den Zwölfstundentag zu Nachteilen in der Gleitzeit kommen könnte, also die elfte und zwölfte Arbeitsstunde in der Gleitzeit immer öfter ohne Überstundenzuschläge gearbeitet werden müssten. Rainer Wimmer (PRO-GE): Es geht um Rechtssicherheit, Überstundenentlohnung und um ein hohes Maß an Selbstbestimmtheit für die Beschäftigten bei der Arbeitszeit, etwa die 4-Tage-Woche oder längere Freizeitblöcke. "Wir werden die Situation so nicht hinnehmen können. Wenn man uns dazu zwingt, werden wir die passenden Mittel haben. Wir sind der Schneepflug und ihr seid die, die hinter uns nachschieben", so Wimmer heute zu seinen Gewerkschaftskollegen. Die Gewerkschaft arbeitet auch an einer "Initiative für ein modernes Arbeitszeitrecht".

Katzian machte einen Ausflug in die Geschichte, betonte dass "alles erkämpft werden musste, nichts wurde uns geschenkt". Derzeit verfestige sich das Bild, dass alles in die Hände der Arbeitgeber solle - AUVA, Sozialversicherung, 12-Stunden-Tag, 60-Stunden-Woche, Körperschaftssteuersenkung, Job-Gipfel "zur Behübschung", zählte der Gewerkschafter auf. Man werde freilich am Job-Gipfel teilnehmen, "aber für ein Kasperltheater mit schönen Bildern sind wir nicht zu haben". Aber das sei heute nicht Thema, es sei nur wichtig zu wissen: Das was sich mit der Arbeitszeitthematik gezeigt hat, ist Teil eines Gesamtbildes, das wir im Augen behalten müssen. Fakt ist, einen sozialen Ausgleich gibt es nicht." Auch gehörten Einheimische qualifiziert anstatt Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen, forderte Katzian.

 Bei der Konferenz der Kollektivvertragsverhandler des ÖGB am Dienstag hat die Gewerkschaft ihre grundlegenden Forderungen für alle anstehenden KV-Verhandlungen umrissen, die am Donnerstag mit den richtungsweisenden Metaller-KV-Gesprächen beginnen. Freilich seien nicht alle Forderungen für alle Branchen umsetzbar, einzelne Punkte seien aber für die einzelnen Verhandlungen passend umlegbar, sagte ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz. Hier die Detailforderungen:

ZIELE:

Kürzer arbeiten, mehr Zeit zum Leben; mehr Planbarkeit und Mitbestimmung; mehr Selbstbestimmung; Überstunden als Ausnahme und nicht als Regel; Überstunden, die sich lohnen; Arbeit darf Gesundheit nicht gefährden; Rechtssicherheit durch Klarheit

FORDERUNGEN:

KÜRZER ARBEITEN: Verkürzung der wöchentlichen kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit; Erhöhung des Urlaubsanspruchs auf 6 Wochen für alle; Nachholen von Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen am nächsten Werktag; Zuschläge zu besonders kurzfristig angekündigter Mehrarbeit; Nachholen von Feiertagen, die auf einen Sonntag fallen, am nächsten Werktag; Verpflichtende Zeitzuschläge zu Überstunden

PLANBARKEIT UND MITBESTIMMUNG: Zuschläge zu besonders kurzfristig angekündigter Mehrarbeit; Gleitzeitregelungen mit maximal 10 Stunden Höchstarbeitszeit im Kollektivvertrag, überall dort, wo Gleitzeit möglich ist; Ankündigungsfrist von mindestens vier Wochen für Wochenendarbeit mit effektivem Entschlagungsrecht wie etwa Kündigungsschutz; 4-Tage-Woche bei Schichtarbeit durch KV; Mitwirkungsrechte des Betriebsrats bei Anordnung von über 10/50 Stunden hinausgehender Arbeitszeit; Keine Überstunden für Lehrlinge, schon gar nicht an Berufsschultagen; altersgerechte Arbeitszeitmodelle;

SELBSTBESTIMMUNG: Einseitiger Antritt von Zeitausgleich; Gleitzeitregelungen mit max. 10 Stunden Höchstarbeitszeit im KV, überall dort, wo Gleitzeit möglich ist; 6 Monate absoluter Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Abteilungen, in denen von der 11. und 12. Stunden Gebrauch gemacht wurde; Effektives Entschlagungsrecht bei Wochenendarbeit

ÜBERSTUNDEN ALS AUSNAHME: 1.700 Euro Mindestlohn, 850 Euro Mindestlehrlingsentschädigung, 14 Mal im Jahr; Ankündigungsfrist von mindestens 4 Wochen für Wochenendarbeit mit effektivem Entschlagungsrecht wie etwa Kündigungsschutz; Verpflichtende Zeitzuschläge zu Überstunden; Verpflichtende Zeitzuschläge zu besonders familienfeindlichen Arbeitszeiten wie Abend und Samstagen; Mindestens 100 Prozent Zuschlag auf die 11. und 12. Stunde; Wahlrecht Zeit/Geld für alle Überstunden; Rechtsanspruch auf Auszahlung, wenn Guthaben auf Arbeitszeitkonten eine bestimmte Höhe erreicht haben; Erhöhung des Mehrarbeitszuschlags und Wegfalls des Durchrechnungszeitraums bei Teilzeit

RECHTSSICHERHEIT: Schutz für jene, die aus dem AZG/ARG fallen könnten, durch den KV; Übernahme aller AZG/ARG-Bestimmungen für alle, die unter KV fallen, somit gelten Überstundenzuschläge; KV-Normalarbeitszeit und Ruhezeiten auch für die dritte Führungsebene; Anrechnung aller Karenzzeiten auf alle dienstzeitabhängigen Ansprüche, solange die gesetzliche Anrechnung nicht umgesetzt ist

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