Neue Gebietsaufteilung: Mercedes setzt Traditionsfirma Wiesenthal zu

Das alteingesessene Autohaus soll Teilbetrieb verkaufen, um einem neuen Mitbewerber in Wien Platz zu machen.

Die Geschäfte von Mercedes-Benz brummen auch in Österreich. Bis Ende September wurden 13.162 Fahrzeuge des Stuttgarter Autobauers hierzulande neuzugelassen, das ist ein Plus von rund 15 Prozent zum Vergleichszeitraum 2016. Mercedes Österreich schreibt sich dabei auf die Fahnen, erstmals Audi (13.035 Neuzulassungen) überholt zu haben. Doch derzeit gibt es massive Nebengeräusche. Denn zwischen dem alteingesessenen Wiener Vertragshändler Mercedes Wiesenthal (2000 Mitarbeiter, davon 740 in Österreich) und dem Generalimporteur Mercedes Österreich gibt es eine Verstimmung.

Dazu muss man wissen, dass die 1924 gegründete Firma Wiesenthal in Ostösterreich der Mercedes-Platzhirsch ist. Mit seinen Auslandstöchtern (Ungarn, Slowakei, Tschechien) und den Marken Mercedes, Smart und Citroën setzte der Wiener Händler 2016 rund 749,31 Millionen Euro um.

Nun macht der Stuttgarter Autobauer angeblich Wiesenthal einen Strich durch die Rechnung. Es geht um eine neue Gebietsaufteilung.

Schwierige Entscheidung

"Getrieben durch unseren Hauptpartner Mercedes-Benz, der in Wien einen zweiten Händler haben möchte, führen wir Gespräche über einen Teilverkauf", sagt Wiesenthal-Prokurist Martin Bartmann zum KURIER. "In Österreich gibt zwei große Händler, Pappas im Westen und uns, Wiesenthal, im Osten. Mercedes hat aber gesagt, man möchte diese Konzentration nicht, sondern möchte den Vertrieb auf breitere Beine stellen." Fix sei noch nichts, aber es soll einen Interessenten aus Deutschland geben, der sich in Wien niederlassen will.

Gerüchteküche brodelt

Kein Wunder also, dass es in der Wiesenthal-Belegschaft rumort. Um den Gerüchten entgegenzuwirken, hat die Geschäftsführung kurzfristig ein Informationsschreiben an die Mitarbeiter verteilt. Kommt es tatsächlich zu einem Teilverkauf, sollen die betroffenen Wiesenthal-Mitarbeiter vom neuen Mitbewerber übernommen werden, sagt Bartmann. Die Belegschaft müsse sich keine Sorgen machen. Derzeit betreibt Wiesenthal 16 Standorte zwischen Oberwart bis Zwettl, davon acht in Wien.

Für Wiesenthal kommt diese Entwicklung eher zu einer Unzeit. Zwar konnten in den vergangenen Jahren die Verkaufszahlen um zehn Prozent pro Jahr gesteigert werden, doch der Konzern hat nach wie vor Restrukturierungsbedarf. Oder anders gesagt: Die Kosten sind zu hoch und müssen weiter gesenkt werden. Die Wiesenthal AG, die Wiesenthal & Co und die Wiesenthal Handel und Service schrieben 2016 insgesamt 16,92 Millionen Euro Verlust. Auch die Verschuldung (217 Millionen Euro) ist eine Herausforderung. Der Gesamtkonzern hat im Geschäftsjahr 2016 rund 6,16 Millionen Euro operativen Gewinn geschrieben, das Eigenkapital wird mit rund 131,95 Millionen beziffert.

Kein Kommentar

"Der Plan 2017 sieht vor, aus der Verlustzone zu kommen. Das Ergebnis der ersten zwei Monate zeigt, dass dieses ambitionierte Ziel möglicherweise nicht ganz erreicht werden kann", heißt es in Bilanz 2016. "Die von Mercedes Benz kommunizierte Strategie, im Geschäftsgebiet von Wiesenthal eventuell einen weiteren großen Händler zu etablieren, hätte spätestens ab 2018 sicher Konsequenzen auf die Struktur, Kosten und Ergebnisse von Wiesenthal." Die Erreichung der geplanten Ergebnisse sei dann "sehr unwahrscheinlich."

Indes sagt Bernhard Bauer, Sprecher von Mercedes Österreich: "Spekulationen kommentieren wird nicht."

Die Verkaufszahlen

Im Geschäftsjahr 2016 hat Wiesenthal insgesamt 20.732 neue und gebrauchte Fahrzeuge verkauft, das waren 546 Autos weniger als 2015. In Österreich konnten 5856 Fahrzeuge der Marke Mercedes an Mann und Frau gebracht werden, das ist ein Plus von 902 Fahrzeugen. Der Verkauf der Marke Smart stieg von 611 auf 751 Fahrzeuge.

In der Slowakei hat Wiesenthal im Vorjahr 9323 Fahrzeuge verkauft, das ist ein Minus von 1026 Fahrzeugen. Dort konnten aber erhebliche Absatzsteigerungen bei den Marken Hyundai, Opel, Toyota und Jeep eingefahren werden. In Tschechien wurden insgesamt 1104 Fahrzeuge verkauft, davon 840 Stück der Marke Mercedes. In Ungarn konnte der Absatz von 655 auf 784 Fahrzeuge gesteigert werden.

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