Mehr Qualität: „Nur Illusionisten glauben, dass das alles gratis ist“
„Das große Übel in Österreich“ sei die Marktkonzentration im Handel, findet Günter Thumser, Geschäftsführer des Österreichischen Verbandes der Markenartikelindustrie (MAV). Drei große Lebensmittelhandelsketten teilen sich 85 Prozent des Marktes untereinander auf und haben eine entsprechende Marktmacht.
Der aktuelle Streitfall Rewe-Schirnhofer würde ihn persönlich daher überhaupt nicht wundern.
Schließlich sei speziell die Fleischbranche immer mehr unter Druck, sagt Thumser am Rande einer Pressekonferenz des Markenverbandes. Der Preiskampf sei enorm, zudem würden die Handelsmanager immer höhere Standards einfordern, etwa die Rückverfolgbarkeit einzelner Rohstoffe bis zum Bauernhof. Das alles sei herstellbar, aber nicht zum Nulltarif. Und bei diesem Punkt würden dann die Emotionen hoch gehen, bestätigen Lieferanten unisono. Der Handel fordere viel, wolle aber wenig dafür zahlen, heißt es.
Aktuell spitze sich die Lage besonders zu. Grund dafür seien die enormen Preissprünge bei Verpackungen, Energie, Transport und diversen Rohwaren. Kosten, auf denen derzeit vor allem die Hersteller-Betriebe sitzen bleiben würden. Denn die Einkäufer der mächtigen Handelshäuser würden bei der Weitergabe der Kosten mauern, monieren Lieferanten. Thumser: „Nur Illusionisten glauben, dass alles gratis ist. Höhere Qualitätsansprüche gibt es nicht geschenkt.“
Ärger über Aktionen
Thumser ärgert sich zudem über den ausgeprägten „Preiskrieg“, die vielen Minus-25-Prozent und 1+1-Gratis-Aktionen. Konsumenten würden so jegliches Gefühl für einen fairen Preis verlieren. „Eine Studie der University of East Anglia (UK) tritt hier klar für eine Änderung des Wettbewerbsrechts bezüglich der Preisbindung ein“, sagt der Markenartikel-Sprecher. „Kurantpreise sollten weiterhin ausschließlich in der Verantwortung des Groß- und Einzelhandels verbleiben. Die Hersteller sollten jedoch bei Promopreisen eine wertstabilisierende Untergrenze vorgeben dürfen.“ Diese volkswirtschaftliche Gesamtbetrachtung habe sogar in Brüssel schon Einige sehr nachdenklich gemacht.
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) hat indes einmal wieder zu einem Rundumschlag gegen Handelskonzerne ausgeholt. Mit Blick auf die Preisverhandlungen ortete sie „ein schizophrenes und absurdes“ System, das landwirtschaftliche Betriebe unter Druck setze. So würden „Millionengewinne auf dem Rücken bäuerlicher Betriebe geschrieben“, kritisierte Köstinger bei der Wintertagung des Ökosozialen Forums. Der Streit Schirnhofer/Rewe sei „nur die Spitze des Eisbergs“.
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