Mehr Geld für mehr Unabhängigkeit von asiatischer Chipindustrie

Der Vagina-Chip simuliert das Mikrobiom einer Vagina bei Tests von Medikamenten
Ohne Elektronikbauteile aus Fernost geht in Europa fast nichts. Das soll sich ändern.

Die Chefs heimischer Elektronikkonzerne machen sie Sorgen wegen der großen Abhängigkeit Europas von anderen Weltregionen. Europa stehe vor einem Scheideweg, sagt etwa Siemens-Chef Wolfgang Hesoun. „Entweder rennen wir sehenden Auges in eine zunehmende Abhängigkeit von mittlerweile stark technologisierten asiatischen Staaten oder den USA, oder aber wir investieren ernsthaft und nachhaltig in die dafür notwendigen Kompetenzen in Europa und bauen Schritt für Schritt unsere eigene technologische Souveränität aus.“

Hintergrund: Jahrzehntelang wurde nach Asien ausgelagert. Dann kam die Covid-Pandemie mit den Lockdowns. Die Lieferketten rissen. So wurde klar, wie sehr Europa von Asien abhängig ist. Denn vielerorts gingen die Chips aus. Das führte zu massiven Produktionsausfällen in Europa. Betroffen waren alle Wirtschaftsbereiche wie Automotive, kritische Infrastruktur, Energiesysteme, Medizin oder Maschinenbau.

Europa will sich jetzt gegen Nachschubprobleme und Produktionsengpässe besser wappnen und überhaupt wieder unabhängiger werden. Deshalb wird in der EU gerade der sogenannte „European Chips Act“ erarbeitet. 43 Milliarden Euro sollen investiert werden, um die Produktion deutlich zu steigern.

Warum ist das so wichtig? Weil die Technologie – von Halbleitern über Mikrochips bis hin zu eingebetteter Software – sich nicht nur in Gebrauchsgegenständen wie Mobiltelefonen, Laptops, Autos, Reisepässen oder E-Cards findet. Sie ist auch unverzichtbar, will man die grüne und die digitale Wende erfolgreich umsetzen. Photovoltaik-Anlagen, nachhaltige Produktion, E-Mobilität – all das benötigt Hochtechnologie, wie Andreas Gerstenmayer, Vorstandsvorsitzender der AT&S betont. Wichtig ist, dass die Finanzierung von den Nationalstaaten mitgetragen werden muss, was besonders für ein kleines Land wie Österreich ein engagiertes Vorgehen verlangt, so Infineon-Vorstandsvorsitzende Sabine Herlitschka.

Mehr Geld für mehr Unabhängigkeit von asiatischer Chipindustrie

Konkret bedeute das, dass Österreich in den Jahren 2024 bis 2027 rund 120 Mio. Euro als „Impuls für Österreichs Stärkefelder“ zur Verfügung stellt. Und noch einmal 18 bis 22 Mio. Euro pro Jahr für Forschung und Entwicklung. Europa will seinen Anteil an der weltweiten Produktion von Halbleitern dank des europäischen Chip-Gesetztes auf 20 Prozent verdoppeln. 2020 wurden weltweit eine Billion Chips hergestellt – davon zehn Prozent in der EU. Die Nachfrage dürfte sich bis 2030 verdoppeln. Insgesamt würde der Investitionsbedarf EU-weit bei 500 Milliarden Euro liegen. Wobei Herlitschka betont, dass es nicht darum geht, die ganze Chipindustrie wieder nach Europa zurückzuholen. Wichtig sei es, die eigenen Stärken in Europa zu betonen.

Darauf setzt auch Gerstenmayer. Er hält fest, dass Österreich „Spitzenreiter“ bei Mikroelektronik sei – auch bei dem technologischen Umfeld dazu, das nicht übersehen werden dürfe.

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