Seit Sonntagnacht rollen bei der tschechischen Volkswagen-Tochter Skoda wieder Autos vom Band. Zwei Wochen lang war die Anlage in Mladá Boleslav wegen Chipmangels stillgestanden. Doch der Mangel bleibt: 250.000 Fahrzeuge werden wegen der nicht vorhandenen Halbleiter heuer nicht gefertigt.
Die Knappheit trifft die Autoindustrie weltweit: 2021 werden bis zu elf Millionen Autos weniger gebaut.
Überall schrillen angesichts der globalen Lieferengpässe die Alarmglocken. Auch die EU holt zur Aufholjagd bei den Chips aus. Kommissionschefin Ursula von der Leyen peilt das Ziel an, „ein hochklassiges europäisches Chips-Ökosystem zu schaffen.“ Anders gesagt: Eine Art europäische Halbleiter-Allianz, die die Abhängigkeit der EU von Asien und den USA verringern soll.
Erster Meilenstein: Bis 2030 soll Europa 20 Prozent des derzeit 440 Milliarden Euro schweren weltweiten Chip-Marktes beliefern.
Der Weg dahin: Weit – weil, Europa derzeit nur zehn Prozent liefert. Teuer – weil, mindestens 50 Milliarden Euro an Förderungen nötig wären. Und ideologisch umstritten – weil subventionsfreudige Staaten wie Frankreich mit den subventionskritischen Niederlanden im Clinch liegen. Was solle es denn bringen, heißt es im skeptischen Den Haag, teure Fabriken in Europa aufzubauen, wenn die dort produzierten Chips nicht wettbewerbsfähig seien?
Verkäufe stoppen
Das Ende der aktuellen Unterversorgung wird Europa so schnell nicht erreichen. Denn das Gesetz zum „Europäischen Chips Act“ wird die Kommission voraussichtlich überhaupt erst in der zweiten Hälfte 2022 vorlegen.Zunächst aber gilt es noch Schlimmeres zu verhindern – nämlich den Verkauf von zwei für die Chip-Industrie extrem wichtigen europäischen Unternehmen. „Das wäre ein Supergau“, warnt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). „Wir haben den Fehler gemacht, die Produktion von Chips von Europa auszulagern“, sagte sie jüngst in Brüssel. Verhindern kann Schramböck den anstehenden Verkauf des deutschen Unternehmens Siltronic an Taiwan und der britischen Arms Holding an den US-Anbieter Nvidia nicht, doch sie hat in Brüssel Protest eingelegt. Derzeit prüfen die Wettbewerbsbehörden noch.
Schramböck begrüßt den Plan der EU-Kommission eine europäische Chip-Allianz auf die Beine zu stellen. Sie fordert zweigleisiges Vorgehen: Einerseits die Stärkung der aktuellen Chip-Produktion. Und andererseits einen „raschen Einstieg in die Produktion von 5 bis 7 Nanometer dünnen Chips, die für die Massenproduktion nötig sind.“
Die größte Chip-Investition in Europa wird demnächst vom US-Riesen Intel kommen. 20 Mrd. Euro sind geplant – ein Standort in der EU wird noch gesucht. Österreich werde es nicht sein, bestätigt Schramböck, „aber wir wollen zuliefern.“
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