Mattersburg und Commerzialbank: Szenen einer intensiven Beziehung

Mattersburg und Commerzialbank: Szenen einer intensiven Beziehung
Die Stadt wollte mit der Bank gemeinsam ein 30-Millionen-Euro-Immobilienprojekt umsetzen

Es klang zu schön, um wahr zu sein: „Die Anlage ist weitläufig angelegt und erinnert an Städte in der Toskana“. So schwärmte der Architekt über ein Großprojekt mitten in Mattersburg, das die Stadt mit der Commerzialbank von langer Hand vorbereitet hatte und das Bürgermeisterin Ingrid Salamon (SPÖ) und Bank-Chef Martin Pucher im Dezember 2019 der Öffentlichkeit präsentierten.

Auf 10.500 sollten nicht nur ein neues Rathaus und eine Filiale der Commerzialbank, sondern auch Büros, Arztpraxen und Wohnungen entstehen. Kosten für dieses „Impulszentrum“: 29,5 Millionen Euro, 5,5 Millionen davon entfallen auf die Stadt.

Seit Auffliegen des mutmaßlichen Bilanzskandals bei der Commerzialbank ist auch dieser Impuls erstorben.

Ob und wann ein anderer Investor einspringt, ist offen. Die für 2022 geplante Eröffnung scheint aber illusorisch. Stadtchefin Salamon ist dennoch zuversichtlich, das Projekt auch mit anderen Partnern umsetzen zu können. Jedenfalls, so die seit mehr als 20 Jahren amtierende Bürgermeisterin, rechne sie mit keinem finanziellen Schaden für die 7.500-Einwohner-Stadt durch den Bilanzskandal. Auch ins Impulszentrum habe die Stadt, die über einen Bauträger nur das Rathaus finanziert hätte, noch keinen Cent investiert.

Schockwellen bis NÖ

Ganz anders die Gemeinde Schwarzenbach in der Buckligen Welt in NÖ. In einer Videobotschaft (kurier.at) hat sich SPÖ-Bürgermeister Bernd Rehberger an die 1.000 Einwohner gewandt und ein düsteres Bild gezeichnet. Die gesamten Rücklagen der Kommune, mehrere Hunderttausend Euro, befänden sich auf drei Sparbüchern der Commerzialbank. „Die Einlagensicherung bis 100.000 Euro trifft auf öffentliche Gebietskörperschaften nicht zu. Daher schaut es momentan wirklich nicht gut aus“, so Rehberger zum KURIER.

Auch mehrere Gemeinden im Bezirk Mattersburg bangen, wie berichtet, um ihr Geld bei der Commerzialbank, die nur im Bezirk Mattersburg Filialen betrieb. Am Freitag wurde bekannt, dass die Erste gemeinnützige Wohnungsgesellschaft Heimstätte Gesellschaft m.b.H (EGW), eine Tochter der Sozialbau und der Wiener Städtischen, 30 Millionen Euro in der Mattersburger Bank veranlagt hat. Sozialbau-General ist der ehemalige SPÖ-Minister Josef Ostermayer, der aus dem Bezirk Mattersburg stammt.

Die Stadt Mattersburg selbst hingegen soll mit einem blauen Auge davonkommen? Obwohl die Gemeinde Standort der Zentrale der Regionalbank und Hauptspielfeld von Martin Pucher ist, der über viele Jahre Präsident des Bundesligisten SV Mattersburg war, der wiederum von der Commerzialbank maßgeblich gesponsert wurde. Wie ist das möglich?

Breite Streuung

Man habe, so lautet die Erklärung von Bürgermeisterin Salamon und Amtsleiter Karl Aufner, zwar intensive Geschäftsbeziehungen mit der Commerzialbank, aber anders als andere Kommunen keine exklusiven. In der Kommune mit einem Jahresbudget von rund 17 Millionen Euro sind sechs Bankinstitute vertreten und die Stadt unterhalte bei allen Konten.

Bei der Commerzialbank gab es einen Kassenkredit mit einem Maximalrahmen von 2,2 Millionen Euro, der aber „nie ausgeschöpft wurde“, so Aufner. Ende Juni wurden davon etwa noch die Urlaubsgelder der Stadt-Mitarbeiter beglichen – so wie jedes Jahr. Ansonsten habe die Stadt „keine Kredite offen“. Deren Töchter, Forschungs- und Entwicklungszentrum Gmbh und das Sozialzentrum Villa Martini, hätten „kleine Kredite“ bei der Bank laufen. Auf der anderen Seite verfüge die Stadt über einige Sparbücher bei der Commerzialbank, das weitaus größte mit 86.000 Euro als Sicherstellung für die städtische Bauschuttdeponie.

Dass es in Behördenkreisen als „sehr auffällig“ gilt, dass eine Stadt bei der Bank vor Ort nicht höhere Einlagen habe, kann man im Mattersburger Rathaus nicht nachvollziehen. Erstens verstehe sich die Kommune nicht „als Sparverein“, sondern man investiere vorhandenes Geld in Infrastruktur oder andere Projekte und nehme Darlehen auf, wenn es um größere Vorhaben gehe. Und zweitens nütze man die Gunst der vielen Bankinstitute in der Stadt, um das Risiko zu streuen.

Die oppositionelle ÖVP ist davon nicht überzeugt, am 28. Juli tagt der Prüfungsausschuss des Mattersburger Gemeinderats, um die „Finanzgeschäfte der Stadt mit der Commerzialbank aufzuklären“. Salamons Reaktion: „Ich bin sehr gelassen.“

 

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