Mattersburg-Bank: Rufe nach Schadenersatz, auch Prüfer im Visier

Commerzialbank in Mattersburg
Anlegeranwalt sammelt Mandate Geschädigter ein. Mattersburg-Wirtschaftsprüfer TPA prüft selbst Anzeige gegen Banker.

Auf der Suche nach Schuldigen und Versäumnissen im Bilanzskandal bei der seit gestern geschlossenen Commerzialbank Mattersburg sind am Donnerstag erste Rufe nach Schadenersatz laut geworden. Der Wiener Anlegeranwalt Ingo Kapsch hinterfragt die Rolle der Abschlussprüfer. Und in der Folge mögliche Haftungsansprüche. Die lägen bei Fehlverhalten bei mehreren Millionen Euro pro Jahresabschluss.

TPA sieht sich selbst als Opfer von Täuschung

Die Mattersburger Bank wurde von 2006 bis 2018 von der TPA geprüft. Die Wirtschaftsprüfungskanzlei erklärte am Mittwoch, im Fall Commerzialbank selber Opfer von Täuschung und offenkundigem Betrug geworden zu sein. TPA sei mitten in internen Ermittlungen und prüft selber eine Anzeige gegen die Bankverantwortlichen. Dies sei Gegenstand von laufenden Diskussionen, hieß es aus der Kanzlei am Donnerstag zur APA.

Damit will sich der Anlegeranwalt Kapsch nicht zufriedengeben. Er würde sich im Fall eines Strafverfahrens in der Causa Commerzialbank - wie schon in früheren Bank- und Anlegeraffären - im Kundenauftrag als Privatbeteiligter einem Ermittlungsverfahren anschließen. Er habe schon Anfragen dazu, berichtete er Donnerstag Mittag.

Bei der Mattersburger Bank bzw. ihrem seit Dienstag außer Amt befindlichen langjährigen Chef Martin Pucher steht der Verdacht der Bilanzfälschung und der Untreue im Raum.

Die Finanzmarktaufsicht hat die Bank über Nacht geschlossen und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft gestern Mittwoch eine Sachverhaltsdarstellung übermittelt.

Von erfundenen Fantasiekrediten und ebenso von fingierten Guthaben ist seither die Rede. Es soll schlechtestenfalls um mehrere hundert Millionen Euro gehen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Pucher hat sich auch selber angezeigt, der Inhalt der Anzeige ist nicht bekannt. Sein Anwalt Norbert Wess sprach heute im ORF-Mittagsjournal davon, es stehe im Raum, dass es aufgrund der immer strengeren Eigenmittelunterlegungen bei Bilanzen unrichtige Angaben gegeben habe.

Wirtschaftsprüfer im Visier

Anlegeranwalt Kapsch will geklärt wissen, wie das alles so lang nicht auffallen konnte. Sollte der Verdacht stimmen, dass behauptete Guthaben bei anderen Banken gar nicht existierten, müsse hinterfragt werden, wie weit die Wirtschaftsprüfer ihrer Pflicht nachkamen, von sich aus Bankbestätigungen bei den betroffenen anderen Instituten anzufordern. Dazu wären Abschlussprüfer verpflichtet.

Wer bei der Commerzialbank Mattersburg mehr Geld eingelegt hat als die einlagengesicherten 100.000 Euro, muss seine Ansprüche grundsätzlich in einem bevorstehenden Insolvenzverfahren anmelden. Bei der Mattersburg-Bank wird es wohl ein Konkurs werden, für eine Abwicklung ist die Bank im System der Finanzwirtschaft nicht relevant genug.

Nach jüngsten Darstellungen hatte die Bank zuletzt rund 13.500 aktive Kunden, es soll in Summe rund 60.000 Kontobeziehungen geben.

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