Trodat drückt Chinesen Stempel auf

Trodat, Alexandra Kutos (Geschäftsführerin und Eigentümervertreterin), Michael Peduzzi (Geeschäftsführer)
Der Welser Stempelhersteller hat Abnehmer in 140 Ländern und setzt auf Fernost.

In China zählt ein Stempel mehr als eine Unterschrift“, erzählt Michael Peduzzi, Geschäftsführer des Stempelherstellers Trodat. Für die Welser Firma ist das ein gutes Geschäft. „In China werden täglich zwischen 30.000 und 40.000 Firmen gegründet. Jede davon braucht mindestens vier Stempel, viele sogar sechs Stück“, rechnet er vor. Am liebsten stempeln die Chinesen in roter Farbe, die Russen stehen auf Blau, in unseren Breiten dominiert Schwarz. Mehr als die Hälfte der Stempel werden auf Auftrag gefertigt. „Sonst hätten wir ja immer genau das auf Lager, was wir gerade nicht brauchen“, verweist er auf 140 Abnahmeländer, die Gravuren in etwa ebenso vielen Sprachen brauchen. Dazu kommen zahlreiche Schreibweisen – etwa für Datumsstempel.

Weltweit verkauft niemand so viele Stempel wie Trodat – 30 Millionen Selbstfärbestempel im Jahr und damit drei Mal mehr als die größten Konkurrenten. Rund zwei Drittel der Produktion werden in der EU verkauft, Tendenz sinkend. Seit der Wirtschaftskrise wird in Europa auch weniger gestempelt. In Italien und Spanien verkauft Trodat um 40 Prozent weniger als vor Ausbruch der Krise 2008. Peduzzi: „In den Ländern gab es strukturelle Einsparungen in Firmen und Behörden, es gibt immer weniger Angestellte. Das ist kein vorübergehender Einbruch, sondern ein Geschäft, das nicht wiederkommt.“

Seine Augen sind vor allem auf China gerichtet. Besonders freut ihn, dass es dort einen neuen Regierungschef gibt. „Der Wechsel zieht die Neubesetzung von bis zu 800.000 Stellen nach sich. Und alle brauchen neue Stempel.“ Dass Chinas Wirtschaftswachstum gerade an Tempo einbüßt, führt er zu einem gewissen Teil auch darauf zurück, dass derzeit alle abwarten, wer in welche Position kommt.

Fingerabdruck

Trodat drückt Chinesen Stempel auf
„Wir leben von der Bürokratie“, stellt Peduzzi trocken klar. Ein gutes Geschäft sind auch Wahlen in Afrika und südamerikanischen Ländern mit hoher Analphabetenrate. „Weil die Leute nicht unterschreiben können, wird im Wahllokal ein Fingerabdruck von ihnen genommen.“ So kam Trodat etwa zu einem Auftrag über 500.000 Stempelkissen für Wahllokale der Elfenbeinküste. Und „wenn irgendwo Postleitzahlen geändert werden, ist das für uns überhaupt wie Weihnachten und Ostern auf einmal“.

An der Produktion in Wels hält der Betrieb, der über Stiftungslösungen in Händen der Gründerfamilie ist, fest. In den Produktionshallen sieht man so gut wie keine Mitarbeiter. Die Maschinen spucken vollautomatisch Plastikteile aus, wiegen die Stempelkissen, um die richtige Menge an Farbe sicherzustellen, und verpacken die Ware gleich versandfertig. „Was zählt, sind die Materialkosten. Aufgrund unserer Mengen kann preislich kein chinesischer Betrieb mit uns mithalten“, sagt Peduzzi. Binnen zehn Jahren hat Trodat 30 Tochtergesellschaften hochgezogen. „Das hat viel Geld gekostet und das macht uns so schnell keiner nach.“

Techniker gesucht

Trodat drückt Chinesen Stempel auf
Probleme hat Trodat derzeit allerdings bei der Besetzung von Techniker-Stellen. Derzeit ist rund ein Dutzend Stellen offen. Der Versuch, spanische Techniker anzuwerben, ist gescheitert. „Sie sind zwar gut ausgebildet, sprechen aber weder Deutsch noch Englisch.“ Bei der Tochterfirma Trotec, die mit Laserapplikationen etwa für Apple oder den Blackberry-Hersteller RIM 40 Millionen zum Umsatz beiträgt, ist jeder dritte Mitarbeiter Akademiker.

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Der Stempelerzeuger Trodat – gegründet 1912 in Wien, 1947 nach Wels umgesiedelt – will seinen Jahresumsatz von 146 Millionen Euro bis zum Jahr 2020 auf 300 Millionen steigern. Gelingen soll das vor allem durch den aufstrebenden chinesischen Markt, für den 2001 eine eigene Produktionsstätte in China eröffnet wurde. Dort wird produziert, „was wir bei uns nicht rentabel produzieren könnten“, sagt Alexandra Kutos, Trodat-Geschäftsführerin und Vertreterin der Eigentümerfamilie.

Am Standort Wels wird aber weiter festgehalten, versichert Kutos. Derzeit laufen 90 Prozent der Produktion in Wels vom Band. Aufgrund des hohen Automatisierungsgrades am Standort Wels und den hohen Transportkosten von China würde sich eine Verlagerung gar nicht auszahlen.

Das Unternehmens erwirtschaftete 2012 ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 14 Millionen Euro und beschäftigt rund 1100 Mitarbeiter weltweit, die Hälfte davon in der Zentrale in Wels und bei der Tochter Trotec im nahe gelegenen Marchtrenk.

Der Durchbruch gelang dem Unternehmen im Jahr 1976 mit dem ersten Kunststoffselbstfärbe-Stempel Printy1, der gegenüber den herkömmlichen Metallstempeln um eine Zehnerpotenz billiger war.

In südamerikanischen Ländern wie Brasilien punktet Trodat mit kleinen Modellen, die in jede Hosentasche passen. „Dort haben viele zwei bis drei Jobs und müssen für jeden einen eigenen Stempel in der Hosentasche haben“, sagt Geschäftsführer Michael Peduzzi. Mit den kleinen Selbstfärbestempeln setzt das Unternehmen drei Millionen Euro um.

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