So schwer die weltweite Luftfahrt von der Pandemie getroffen wurde, so rasch dürfte sich die Branche wieder erholen, jedenfalls aus heutiger Sicht. „Die Normalität wird rascher einkehren als man heute annimmt“, ist Günther Ofner, Vorstand der börsenotierten Flughafen Wien AG, zuversichtlich. In ein bis zwei Jahren würden die globalen Auswirkungen nur noch „sehr marginal“ sein.
In den USA habe der Inlandsflugverkehr praktisch wieder Vorkrisen-Niveau erreicht, „China ist schon wieder auf Wachstumsniveau“, sagte Ofner im Gespräch mit dem KURIER. Europa hinke derzeit noch nach, aber auch hier stünden die Signale wieder auf Wachstum.
Ofner rechnet mit zwei bis drei Jahren, bis sich die Luftfahrt in Europa von der Corona-Krise erholt hat. Am schwierigsten sei die Langstrecke, auch bei den Geschäftsreisen werde sich die Normalisierung verzögern.
Das bedeute, schränkt Ofner ein, „dass nicht jeder Standort im gleichen Ausmaß vom Wachstum profitieren wird“. Wien und Österreich hätten den Vorteil, „dass es gelungen ist, während der Krise die Strukturen zu erhalten“. Vor allem die AUA als Netzwerk-Carrier, aber auch andere maßgebliche Airlines wie Wizz Air, Ryanair und EasyJet seien im Markt geblieben „und planen, wieder durchzustarten“.
Einschränkungen
Noch läuft allerdings nicht alles plangemäß. Ofner bedauert, dass es bis dato keine einheitlichen Reisebestimmungen gibt, „auch die Digitalisierung des Reisens ist noch nicht ausreichend“, Stichwort Grüner Pass.
Die Formalitäten bei der Ein- und Ausreise seien noch sehr mühsam, Ofner plädiert für ein einheitliches System: „Strenge Kontrollen bei der Einreise in den Schengen-Raum, aber innerhalb von Schengen dann Reisefreiheit“.
Landeverbote würden überhaupt keinen Sinn machen, „sie werden über den Transit ausgehebelt“. Als Beispiel nennt der Flughafen-Vorstand Flüge aus London, die in Bratislava landen und die Passagiere reisen im Auto nach Österreich ein.
Als weiteres Hindernis für den Wiederaufbau von Europas Luftfahrt kritisiert Ofner die „sachlich nicht begründbare Diskussion über massive Steuererhöhungen und Flugverbote für die Kurzstrecke“. Höhere Steuern, argumentiert der Luftfahrt-Experte, würden keine Reduktion garantieren.
Synthetischer Treibstoff
Das sei nur durch synthetisches Kerosin erzielbar, „nicht durch ein bissl weniger fliegen und mehr Steuern“, betont Ofner. Mit dem Vorteil, dass weder Flugzeuge noch Triebwerke ausgewechselt werden müssten. Derzeit sei synthetischer Treibstoff bei großtechnischer Erzeugung noch um rund 30 Prozent teurer als herkömmliches Kerosin. Ofner hält es für durchaus realistisch, dass Fliegen bis 2040 -neutral werden könne, „soferne man es politisch will“. Dafür müssten Forschungsmittel aus dem Green Deal in die Treibstoff-Entwicklung investiert werden. „Die Luftfahrt wird weiter wachsen, das ist unausweichbar. Bis jetzt sind nicht einmal 20 Prozent der Menschen weltweit in einem Flugzeuge gesessen. Allein in China werden 200 Flughäfen gebaut“.
Züge statt Flüge
Laut Daten der EEA (European Environment Agency) beträgt der Anteil der Luftfahrt an den Treibhausgasen in der EU knapp 14 Prozent (siehe Grafik). 24 Prozent aller Flüge sind Kurzstrecken unter 500 Kilometern, diese verursachen 3,8 Prozent aller Transport-Emissionen.
Die europäische Flugsicherung Eurocontrol beschäftigt sich in einer neuen Studie mit dem Thema „Plane and train“, inwieweit Flüge durch Züge ersetzbar sind.
Hochgeschwindigkeitszüge (HSR) hätten das größte Potenzial, Flüge bis zu 500 Kilometern zu ersetzen. Doch bis neue HSR auf Schiene sind, dauere es im Durchschnitt 18 bis 26 Jahre. Die Luftfahrt könne bis 2050 emissionsfrei sein.
Um das EU-Ziel zu erreichen, den Bahnverkehr bis 2030 zu verdoppeln und bis 2050 zu verdreifachen, seien 10.000 Kilometer an neuen Hochgeschwindigkeitsstrecken erforderlich, Kostenpunkt rund 250 Milliarden Euro.
Die Bahn kann den Flugverkehr in vielen Fällen nicht einfach ersetzen, so das Resümee der Studie. Notwendig seien Lösungen, die beide Transportmittel sinnvoll miteinander kombinieren.
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