"Lieber Aktionär: Du hast Pech"

Klaus Umek, Chef der Finanzinvestmentgesellschaft Petrus Advisers
Petrus Advisers-Chef Klaus Umek über schlechten Umgang der Unternehmen mit Anlegern.

Klaus Umek, gebürtiger Österreicher, erfahrener Investmentbanker (u. a. bei Goldman Sachs) und Finanzexperte, weiß, was Börsen brauchen. Mit seiner in London ansässigen Investmentfirma Petrus Advisers, die Kundengelder sammelt und veranlagt, ist er selbst "aktiver Investor", stellt unbequeme Fragen und kämpft für das Geld seiner Kunden. Mit dem KURIER sprach er über die Ideenlosigkeit börsennotierter Firmen und warum in den USA Plachutta an der Börse wäre.

KURIER: Die Liste der in Wien börsennotierten Unternehmen schrumpft. Wird die Wiener Börse bald überflüssig?

Klaus Umek: Ich habe einst eine wissenschaftliche Arbeit zu diesem Thema geschrieben. Und eines kam klar heraus: Börsen sind lokal, sie hängen von der regionalen Aufmerksamkeit ab. Unternehmen wie AT&S, die einmal im Ausland notiert waren, haben dafür teures Lehrgeld bezahlt. Sie wurden im Ausland und im Inland vergessen.

Große Aufmerksamkeit genießen aber auch die in Wien die börsennotierten Unternehmen nicht. Anleger kaufen nicht gerade in Scharen. Ist die Börse selbst schuld daran?

Schuld ist der Mangel an intelligentem Kapitalismus vieler Unternehmen. Bestes Beispiel ist die FACC: Sie kam an die Börse,hat in keinem Quartal die versprochenen Erwartungen gehalten und der Anleger hat den Einstiegskurs nie wiedergesehen.

Die Unternehmen sagen: der Markt ist eben so. Was könnten sie anders machen?

Die Börse ist nichts für Unternehmen, die dahinwabbeln, sich wenig entwickeln wie Manner oder Ottakringer. Es geht darum, eine Vision zu formulieren und Gewinn für den Aktionär zu verdienen. Die Mentalität den Investoren zu sagen: ,Du hast Pech gehabt, du hast dich verzockt‘, ist Gift für die Börse. Wenn es einem Unternehmen schlecht geht, müssten auch die Chefs auf einen Teil ihres Gehalts verzichten müssen.Der Fehler ist also mangelnde unternehmerische, kapitalistische Einstellung?

Wer an der Börse notiert ist, braucht Ideen, Visionen und vor allem Mut zum Risiko und Aktien an der eigenen Gesellschaft. Dann gäbe es keinen Interessenskonflikt und Leute könnten guten Mutes in solche Unternehmen investieren.

Haben wir in Österreich zu wenig solcher Unternehmer?

Wir haben gute Unternehmen an der Börse: voestalpine, die höchst kreativ ist; KapschTrafficCom, die sich mehrmals neu erfunden hat. Aber auf die Anleger schauen sie oft zu wenig. Wir haben aber auch die OMV, die ich für ein verwaltetes Elend halte. Sehr optimistisch bin ich dagegen für s-Immo und Raiffeisen Bank International, in die Petrus Advisers stark investiert sind.

Neuzugänge an der Börse gibt es seit Langem nicht. Fehlt unseren Unternehmerfamilien der Börsengeist?

Natürlich ist eine Börsennotiz mit Mehrarbeit verbunden. Und mit Transparenz. Viele Familienunternehmen wollen das nicht.

Sehen Sie in Österreich Unternehmen, die börsenfähig wären?

Die Börse ist gut für Angriffskrieger, für Unternehmen, die wachsen wollen und dafür Kapital brauchen. Österreich ist zwar klein, aber es gibt sicher 15 Baufirmen und Immo-Unternehmen, die sofort an die Börse gehen könnten. Gleiches gilt für Swarovski, Umdasch, Red Bull und Ortner. In den USA wäre auch ein Plachutta an der Börse. Dann hätte er 50 Restaurants in ganz Europa. Oder: Warum haben wir in Österreich nicht eine Wein-Aktie?

Viele sagen: die österreichische Politik ist schuld an der schwachen Börse ...

Es ist nicht förderlich, wenn sich Minister damit rühmen, nur ein Sparbuch zu haben. Aber die Politik hat in der Öffentlichkeit massiv an Macht verloren. Es muss also die Wirtschaft sein, die Gas gibt. Dann kommen auch die Anleger.

Börsennotierte Unternehmen kritisieren oft auch die Finanzmarktaufsicht: zu streng, zu bürokratisch. Sollte die FMA milder sein?

Die FMA ist für viele ein Bedrohungsfaktor. Und das ist gut so. Dort arbeiten viele junge Leute, die sind unbestechlich.

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