Liberaler deutscher Ökonom zum neuen IHS-Chef bestellt

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Der Wirtschaftsprofessor Lars Feld folgt Martin Kocher als Chef des Instituts für Höhere Studien nach.

Das Rennen um die Nachfolge von Martin Kocher als  Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS) war spannend. Das ÖVP-dominierte Kuratorium wählte am Mittwoch aus dem Dreier-Vorschlag der Bestellkommission den 55-jährigen Lars Feld aus. Nach dem Wirtschaftsforschungsintitut Wifo mit Gabriel  Felbermayr bekommt nun auch das IHS einen internationalen Kapazunder als Chef. Feld wird den neuen Job voraussichtlich mit  September antreten. Bei der Präsentation der großen Herbst-Prognose im Oktober soll er jedenfalls schon dabei sein.

Mit dem  Deutschen erhält Österreichs zweites, großes Wirtschaftsforschungsinstitut einen liberalen Ökonomen als wissenschaftlichen Leiter.  Feld kann auf eine erstklassige wissenschaftliche Karriere verweisen. Er habilitierte sich 2002 an der Universität St. Gallen in Volkswirtschaftslehre. Der Vater von drei Söhnen unterrichtete zugleich an der Universität Marburg Finanzwissenschaft, wechselte dann an die Uni Heidelberg und nahm 2006 eine Professur am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim an.

Seit 2010 ist er an der Universität Freiburg Professor für Wirtschaftspolitik und Ordnungsökoonomik und  Leiter des Walter Eucken Instituts.

Erfahrung mit Politik

Der Vater dreier Söhne ist auch politisch gut vernetzt. Erfahrung mit der Politik kann als IHS-Chef nicht schaden, die Wirtschaftsforscher begutachten die Wirtschafts- und Fiskalpolitik der jeweiligen Regierung.

Feld war zehn Jahre lang in Deutschland im Rat der „Wirtschaftsweisen“ und bis Februar 2021 Vorsitzender. Eine dritte Berufung scheiterte am Widerstand von SPD-Finanzminister Olaf Scholz. Außerdem leitet Feld den wissenschaftlichen Beirat des Wirtschaftsrats der CDU.

In Österreich kennt sich Feld auch schon aus. Er ist Präsident des Beirats des liberalen privaten Wirtschaftsforschungsinstituts Agenda Austria.

Der Experte für Staatsfinanzen warnt  regelmäßig vor überbordenden Staatsschulden und gilt als Verfechter der Schuldenbremse. Steuererhöhungen hält er für Gift für den Aufschwung nach Corona.

Der  Dreier-Vorschlag bestand wie berichtet nur aus Deutschen. IHS-Präsident Franz Fischler hatte Guntram Wolff, Chef des Bruegel-Instituts in Brüssel, favorisiert. Als Favorit der 120 IHS-Mitarbeiter ging der Soziologe Frank Kalter.

Vertragsverhandlungen

Fischler wird jetzt mit Feld die Vertragsdetails ausverhandeln. Ziemlich unüblich, das nicht schon vorher geklärt zu haben. Insider vermuten, dass Fischler so noch versuchen könnte, seinen Kandidaten Wolff durchzubringen, der Zweitgereihter wurde. Die Wahl von Feld fiel allerdings einstimmig aus. Dem Vernehmen nach soll Feld entschlossen sein, den IHS-Job zu übernehmen.

Finanzminister Gernot Blümel jedenfalls scheint zuversichtlich zu sein, dass Feld nach Wien kommen wird. „Mit Lars Feld wird künftig einer der renommiertesten Wirtschaftswissenschafter Europas an der Spitze des IHS stehen. Schon bisher war das IHS ein wichtiger Impuls- und Ratgeber für das Finanzministerium und ich persönlich freue mich auf den künftigen Austausch. Lars Feld ist nicht nur ein anerkannter Ökonom mit herausragender Expertise, als langjähriger Berater der deutschen Bundesregierung – etwa im Rat der Wirtschaftsweisen - kennt er auch die Mechanismen der Politik. In seinen bisherigen Funktionen ist Feld für stabile und nachhaltige Fiskalpolitik sowie für eine soziale Marktwirtschaft eingetreten„, gratuliert Finanzminister Gernot Blümel dem neuen Leiter des IHS und weiter: „Nach dem WIFO ist es nun auch dem IHS gelungen, einen international renommierten Wirtschaftsforscher aus dem Ausland nach Österreich zu holen. Diese Verpflichtung ist auch eine Bestätigung für den hervorragenden Ruf, den sich das IHS über die Grenzen Österreichs erarbeitet hat.

Ängste der Belegschaft

Die wissenschaftlichen Mitarbeiter befürchten zunehmenden konservativen Einfluss im Institut. Was sie auch in einem Schreiben an den KURIER kund taten. Das Kuratorium (quasi der Aufsichtsrat) des 1963 auf Initiative von Paul F. Lazarsfeld und Oskar Morgenstern gegründeten IHS war traditionell rot-schwarz besetzt, mittlerweile  ist nur noch Ex-SPÖ-Innenminister Caspar Einem vertreten.

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