Lettlands Flucht in die Euro-Zone

People shop in a market in Riga February 19, 2009. More and more farmers are starting to sell their products direct to the public in local markets in order to get a better price as their incomes have collapsed during the financial crisis. Farmers also want to avoid using the supermarket chains and food processors, which drive their prices down. REUTERS/Ints Kalnins (LATVIA)
Der Baltenstaat will 2014 den Euro einführen, die Bevölkerung ist noch skeptisch.

Mit einem harten Sparkurs hat die konservative Regierung das Land Euro-fit gemacht. Zögern und Zaudern mögen lettische Politiker gar nicht. „Die Menschen werden unzufrieden, wenn sich Reformen und Budgetkonsolidierung über Jahre hinziehen“, sagt Finanzminister Andris Vilks.

Lettlands Flucht in die Euro-Zone
Im Zuge der Finanzkrise stand der kleine Baltenstaat 2009 vor der Pleite und musste durch Hilfskredite der EU und des IWF gerettet werden. Seither hat sich das Land dank des harten Sanierungskurses schnell erholt. Die Ratingagentur Fitch bestätigte der Regierung „die größte Konsolidierung aller je analysierten Länder“.

Kritiker hingegen argumentieren, dass der Sparkurs zu zunehmender Armut geführt habe.Nur knapp vier Jahre nach dem Beinahe-Kollaps erfüllt Lettland heute alle Konvergenzkriterien für die Einführung des Euro. Das Defizit betrug zuletzt nur 1,5 Prozent (siehe Grafik), die Staatsverschuldung liegt bei 42 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Die Währung Lats ist bereits an den Euro gekoppelt, die Hälfte der Haushalte hat ein Euro-Sparbuch, 80 Prozent der Kredite werden in Euro vergeben. Im Juli dürften die Finanzminister grünes Licht für den Beitritt zur gemeinsamen Währung geben.

Den Euro stoppen könnte nur ein Referendum, das Grüne-Oppositionspolitiker erzwingen wollen. Österreichs Botschafter in Lettland, Stefan Pehringer, geht fix davon aus, dass es „kein Referendum geben wird“.

Regierung, Notenbank und Wirtschaft sind ganz auf Euro-Kurs: „Der Euro ist unser Ziel. Dieses Ziel gibt uns auch die Kraft, alle Anpassungen und Reformen im Land durchzuführen“, sagte Notenbank-Gouverneur Ilmārs Rimšēvičs zum KURIER.

So überzeugt wie der Notenbank-Chef, die konservative Regierungsspitze und die Unternehmer vom Euro sind, so skeptisch freilich ist ein Großteil der Bevölkerung.

Unsicherheit

Zypern erhöht die Unsicherheit der Letten. „Ich weiß nicht, ob es gut ist, unseren Lats aufzugeben, er ist Teil unserer Identität. Wir sind erst 22 Jahre unabhängig von der Sowjetunion und vom Rubel und sollen uns wieder von unserer Währung verabschieden. Ich bin gegen den Euro“, erklärt Anna Kalniete, Verkäuferin in einer Nobel-Bäckerei in Riga.

Sie steht mit ihrer Haltung nicht allein. „Der Euro wird uns Kopf und Kragen kosten. Alles wird teurer, das haben wir auch in Estland gesehen.“ Das Nachbarland trat am 1. Jänner 2011 als 17. Mitglied der Euro-Zone bei.

Für Politik und Industrie ist der Euro die feste Verankerung in Europa, bessere Bedingungen für ausländische Investoren und keine Umrechnungskosten.

Info-Kampagne

Lettlands Flucht in die Euro-Zone
Riga, Lettland, Hauptstadt, Baltikum
Die Euro-Vorbereitungen laufen auf Hochtouren, Hilfe kommt dabei auch von der Oesterreichischen Nationalbank. Gouverneur Ewald Nowotny nahm kürzlich an einer hochrangigen Euro-Konferenz in Riga teil.

Um die Bevölkerung vom Euro zu überzeugen – laut Umfragen sind noch zwei Drittel unschlüssig – hat die Regierung gerade eine Informationskampagne gestartet. Überzeugt werden müssen aber nicht nur Pensionisten, die russische Volksgruppe, sondern auch Junge.

Der Euro ist Lockmittel, viele junge Menschen vom Auswandern abzuhalten. „20 Prozent haben in den vergangene Jahren ihre Heimat verlassen. Mit dem Euro und sozialer Marktwirtschaft will man der jungen Generation neue Chancen geben“, betont Botschafter Pehringer.

Chronologie: Lettland wird 18. Euro-Land

2004 Lettland wird Mitglied der EU.

2013 Antrag auf Euro-Beitritt. Brüssel prüft, ob Kriterien erfüllt sind. Im Juli entscheiden Finanzminister.

2014 Lettland wird 18. Euro-Mitglied. Litauen dürfte als nächstes Land folgen. Polen plant ein Referendum über den Euro. Bulgarien und Rumänien müssen noch länger warten.

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