Krieg der Klötze

Spielzeug-Bausteine verkaufen sich besser denn je – vor allem in Asien.

Da staunst du Bauklötze", sagt der Berliner, wenn er große (Glotz-)Augen macht. Etwa aus Verwunderung über den Kampf der Giganten, der die Spielebranche durcheinanderwirbelt. USA gegen Dänemark, Mattel gegen Lego, lautet das Match. Ausgefochten mit einer simplen Waffe: Hartplastik, acht Noppen, bunt. Seit 1949 hat sich der Lego-Baustein kaum verändert. Rund um die Jahrtausendwende sah dieser freilich schon ziemlich alt aus: Das Zeitalter der Computerspiele stürzte Lego in die Sinnkrise.

Videogames, programmierbare Roboter und Figuren aus Filmen wie Star Wars und Harry Potter sollten Lego weiterhin den Platz im Kinderzimmer sichern – doch die Dänen verzettelten sich damit heillos. Nach Millionenverlusten stand Lego am Abgrund. "Zurück zu den Steinen" lautete die Devise, die Kjeld Kirk Kristiansen, der Enkel des Firmengründers, 2004 ausrief. Alle Geschäftsbereiche abseits des Kerngeschäfts (wie die Lego-Themenparks) wurden verkauft.

Alles auf Asien

Das Unglaubliche gelang: 2013 verzeichnete der Spielwarenkonzern einen Rekordgewinn von umgerechnet 820 Millionen Euro. Der Umsatz stieg weiter auf 3,4 Mrd. Euro – seit der Krise hatte er sich mehr als vervierfacht.

Der Zuwachs kam vor allem aus Asien, einem "immer noch relativ kleinen Markt", wie Vorstandschef Jørgen Vig Knudstorp erklärt. Lego hat einige Themenwelten für diesen Markt maßgeschneidert: In "Legends of Chima" kämpfen Löwen, Adler, Gorillas oder Nashörner um Energie, um das Chi. Die Figuren von "Lego Ninjago" sind an asiatische Kämpfer angelehnt. 2017 soll zudem die erste Fabrik in China starten. Bisher wurde in Dänemark, Ungarn, Tschechien und Mexiko produziert.

Billigere Konkurrenz

Der Erfolg lehrt sogar die Nummer eins der Spielebranche das Fürchten. US-Gigant Mattel tritt mit seinen Barbie-Puppen, Hot-Wheels- und Matchbox-Autos oder Fisher-Price-Babyspielen auf der Stelle. Der Umsatz stieg zuletzt nur noch minimal auf 4,7 Mrd. Euro.

Jetzt greifen die Kalifornier Lego frontal an: Um 340 Mio. Euro übernehmen sie Mega Brands. Die Bausteine der Kanadier (Mega Bloks) sind ein Lego-Klon, der mit billigeren Preisen punktet und laut Eigenangaben 10 Prozent Marktanteil hat. "Das Spielen mit Bausteinen ist beliebt, vielseitig und hat in den vergangenen drei Jahren mit am stärksten zugelegt", erklärte Mattel-Chef Bryan Stockton den Zukauf.

Lego und Mega Brands sind einander in alter Feindschaft verbunden. Weil der Patentschutz 1988 ausgelaufen war, wollte Lego das Design des Baustein-Klassikers unbefristet als Marke schützen lassen. Mega Brands bekämpfte das gerichtlich – mit Erfolg: Der Europäische Gerichtshof befand 2010, die Noppen der Steine seien technisch notwendig und verdienten keinen Markenschutz. Nachahmern sind seither Tür und Tor geöffnet.

Dagegen behauptet sich Lego erstaunlich – und landete jüngst einen Überraschungserfolg: Der Kinofilm "The Lego Movie" spielte in den USA an den ersten vier Wochenenden mehr als 200 Mio. Dollar ein.

Global dominieren Großkonzerne die Branche: Lego konnte sich auf Platz zwei hinter Mattel vorarbeiteten und überflügelte dabei Hasbro (Play-Doh, Monopoly, Little Pony): Der US-Konzern kämpfte mit einem leichten Umsatzminus auf 2,97 Mrd. Euro.

Einige deutsche Hersteller halten zumindest annähernd mit: Die Simba-Dickie-Gruppe (Bobby-car, Noris, Schuco) kam 2013 auf 631 Mio. Euro Umsatz. Spielfiguren-Erzeuger Playmobil erreichte mit 552 Mio. einen Firmenrekord und Ravensburger setzte mit Spielen und Büchern 359 Mio. um, ein Plus von 8,7 Prozent.Für Österreich spuckt die Datenbank des KSV1870 nur fünf Hersteller mit Millionen-Umsätzen aus. Stadlbauer ist primär als Großhändler tätig, hat aber echte Spiele-Klassiker im Portfolio: Die Salzburger (Puch/Tennengau) halten seit 1999 die Rechte an Carrera-Rennautobahnen; 2011 wurde die deutsche Seifenblasenmarke Pustefix gekauft. Der Umsatz beträgt rund 150 Mio. Euro. Die Modelleisenbahn-Holding mit Sitz in Bergheim hat die früheren Sanierungsfälle Roco und Fleischmann in die schwarzen Zahlen gebracht: Bei 51 Mio. Umsatz standen rund zwei Mio. Euro Vorsteuer-Gewinn zu Buche. Auf Platz drei folgt der Wiener Spielkartenerzeuger Piatnik & Söhne, gefolgt von Gowi GmbH Graz (Sandspielzeug) und der Traditionsmarke Matador (St. Pölten).

Neulich in der Shopping City Süd: Auf dem Weg von der neuen Filiale der irischen Billigkette Primark zum Konkurrenten H&M bleibt der Blick bei einem bunten Shop hängen. Der vor ein paar Monaten eröffnete Lego Store zieht auch Erwachsene (okay, Männer) magisch an. Schon in der Auslage werden Träume großer Buben wahr: Da fliegen X-Fighter aus Star Wars, putzige Ewoks kämpfen in ihren Baumhäusern gegen Sturmtruppen, Figuren aus "Hobbit" erinnern an den letzten Kinobesuch und Dinosaurier reißen ihre Mäuler furchterregend auf.

Da muss man(n) hinein, die Ehefrau lächelt milde; wissend, dass sie bei ihren bisherigen Shoppingtouren in den diversen Modetempeln ohnehin dem Mann so viel Zeit gekostet hat, dass dieser nun Tage im Lego-Wunderland verbringen dürfte, ohne auch nur annähernd eine Wiedergutmachung zu erfahren.

Die Blicke schweifen schnell umher, so viel gibt es zu entdecken, begleitet von "Ahs!" und "Ohs!" und "Schau!". Eine Verkäuferin ist bald zur Stelle, ein wenig scheu stellt man(n) sich dem Gespräch, schließlich ist man(n) 40, noch kinderlos. Die Dame scheint’s gewohnt:"Es interessieren sich viele Erwachsene dafür und kaufen auch für sich selbst." Erwachsene, sagt sie, nicht Männer. Wir verlassen das Geschäft, aber wir kommen bald wieder, versprochen. Schließlich bleibt einem als werdender Vater leider gar nichts anderes übrig, als bei Spielzeug auf dem Laufenden zu bleiben. :)

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