"Lernprozess": Wie eine österreichische Versicherung KI einsetzt

Zusammenfassung
- Uniqa nutzt KI für Schadensbearbeitung und Kundenanfragen, plant Ausbau des Einsatzes.
- KI steigert Effizienz, reduziert Berateraufwand um 50 Prozent.
- EU-KI-Regulierung erhöht Verwaltungsaufwand, schafft aber Vertrauen in Technologie.
Tausende Schadensmeldungen, Krankenversicherungs- und Rechtsschutzfälle werden bei der Uniqa bereits ohne menschliches Zutun erledigt. Eine zentrale Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz (KI).
Die Technologie unterstützt Mitarbeiter auch bei Kundenanfragen. Den Einsatz will der Versicherer stark ausbauen, sagt Uniqa-Vorstand Wolf Gerlach im Gespräch mit dem KURIER.
Es gebe eine Flut von Anfragen, was mit Tarifen abgedeckt sei. Bei über fünf Millionen aktiven Verträgen, jahrzehntelangen Laufzeiten und vielen Tausend Tarifgruppen lasse sich das nicht immer schnell beantworten, sagt Gerlach: „Die Kunden wollen aber sofort Informationen.“
Damit sie die bekommen, durchforstet KI Tarifdokumente, sucht die entsprechenden Stellen heraus, markiert sie und stellt sie den Mitarbeitenden zur Verfügung. Die seien dann in der Lage, rasch eine Aussage zu treffen, sagt der Uniqa-Vorstand: Der Chatbot sei ein klassischer Fall für Technologie, die Mitarbeiter effizienter mache. Das Servicebild einer Versicherung habe sich verbreitert. Kunden würden heute eine Erreichbarkeit rund um die Uhr ebenso erwarten wie persönliche Beratung.
"Lernprozess"
Entwickelt wurde der KI-Bot gemeinsam mit dem Schweizer Innovationsdienstleister Zühlke. Anfangs sei die Treffergenauigkeit weit unter dem Level eines Menschen gewesen. Mittlerweile betrage sie 95 Prozent, sagt der für den österreichischen Markt zuständige Zühlke-Manager Nicolas Durville. „Es ist ein Lernprozess“, sagt Gerlach. Die KI habe das Niveau eines erfahrenen Sachbearbeiters, der Aufwand für Berater sei um die Hälfte reduziert worden.
Vorstellbar sei, den Chatbot künftig Vertriebspartnern zur Verfügung zu stellen. In einer weiteren Ausbaustufe könnte er direkt mit den Kunden kommunizieren. Man fahre den Einsatz behutsam hoch.

Uniqa-Vorstand Wolf Gerlach
KI erledigt bei der Uniqa schon heute Tausende Fälle ohne das Zutun von Mitarbeitern. Ein solche „Dunkelbearbeitung“, wie das im Branchenjargon genannt wird, sei aber nur möglich, wenn es eine positive Erledigung des jeweiligen Falls gebe. Sonst übernehmen menschliche Mitarbeiter. Darüber hinaus werden Erledigungen stichprobenartig kontrolliert, so der Uniqa-Vorstand: „Egal ob von Mensch oder Maschine.“
Kein Jobabbau
Zu einem Jobabbau hat der Einsatz von KI bei der Versicherung bisher nicht geführt. Der Mitarbeiterstand bleibe stabil oder wachse sogar, sagt Gerlach. Das habe auch damit zu tun, dass die Anforderungen an die Branche vielfältiger geworden seien. Sowohl bei der Regulatorik als auch bei den Geschäftsmodellen: „Viele Rollenprofile kommen dazu.“ Auch die Zahl der Geschäftsfälle habe stark zugenommen, bei der Krankenversicherung etwa im mehrstelligen Bereich.
Entscheidend für den Einsatz der Technologie sei die Nutzung von Daten. Sie werden strukturiert und aufbereitet. Es gehe darum, die Qualität zu erhöhen und sie den Mitarbeitenden in der Cloud zugänglich zu machen, sagt Gerlach. Dabei arbeitet die Uniqa mit dem Softwarekonzern Microsoft zusammen.
Microsoft investiert nicht nur in den USA Milliarden in Rechenzentren, sondern auch in Europa. Im Sommer wird der Softwarekonzern seine bereits seit Längerem angekündigten Datenzentren in der Umgebung von Wien an sein Netzwerk anbinden. Die Fertigstellung habe wegen Problemen mit der Lieferkette und der Verfügbarkeit von Komponenten länger gedauert, sagt Microsoft-Österreich-Chef Hermann Erlach zum KURIER.
Große Unternehmen seien hierzulande bereits sehr aktiv und investieren in die Technologie. Beim Mittelstand ortet Erlach Nachholbedarf. Künstliche Intelligenz sei eine Querschnittstechnologie, die in vielen Wirtschaftsbereichen genutzt werden könne, genauso wie Strom oder das Internet.
Sie habe viele Ängste ausgelöst, könne aber viel Positives bewirken, sagt Erlach: „Sie kann im Kampf gegen Lebensmittelverschwendung ebenso zum Einsatz kommen wie beim Senken der Energiekosten.“
Herausfordernde Regeln
Welche Auswirkungen hat die KI-Regulierung der EU, die den Einsatz der Technologie in Firmen regelt? Die Regulatorik führe dazu, dass der administrative Aufwand zunehme, sagt Gerlach.
„Für uns ist es eine Herausforderung, damit Schritt zu halten.“ Der „AI Act“ der EU sei aber entscheidend, um Vertrauen in die Technologie zu schaffen und sicherzustellen, dass kein Missbrauch stattfinde.
"Chancen sehen"
Europa habe ein Riesenpotenzial und müsse sich nicht verstecken, sagt Zühlke-Manager Durville. Es gebe Spitzenforschung und zahlreiche Unternehmen. In China und den USA werde allerdings weit mehr in die Technologie investiert. Der KI-Aktionsgipfel, der vor Kurzem in Paris stattfand, und bei dem Milliardeninvestitionen in die Infrastruktur in Aussicht gestellt wurden, sei ein Weckruf gewesen. Es gehe darum, nicht nur Risiken, sondern auch Chancen zu sehen, meint Durville: „Man muss ein Klima schaffen, dass der Technologie positiv begegnet.“
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