Die Rettung des Motorradherstellers KTM AG, und seiner Töchter KTM Components GmbH und KTM Forschungs- und Entwicklungs-GmbH ist noch nicht in trockenen Tüchern. Morgen, Dienstag, müssen die Gläubiger über die angebotenen Sanierungspläne (30 Prozent Quote) abstimmen. Bis zuletzt soll es Verhandlungen mit den Gläubigerbanken gegeben haben.
Wie berichtet, soll die Quote auf einen Schlag ausbezahlt werden, dafür sind rund 550 Millionen bis 600 Millionen Euro nötig. Unter den Investoren sind der Unternehmer Stephan Zöchling gemeinsam mit dem indischen KTM-Aktionär und -Partner Bajaj.
„Es ist besser den Spatz in der Hand zu haben als die Taube auf dem Dach. Wir stimmen für den Sanierungsplan, weil bei einer Zerschlagung nur 15 Prozent Quote herauskommen würden“, sagt Gerhard Weinhofer von Creditreform zum KURIER. „Angesichts der Lage ist es nicht schlecht, bis Ende Mai 30 Prozent Quote zu bekommen. Das schafft wieder Liquidität bei den Lieferanten. Außerdem bleiben die Geschäftsverbindungen aufrecht, der Standort bleibt erhalten und die meisten Mitarbeiter behalten ihre Jobs.“
Neuer Verdacht
Indes ist bei der KTM AG der Verdacht einer Insolvenzverschleppung aufgetaucht, wie streng vertrauliche Unterlagen belegen, die dem KURIER vorliegen. Für den Vorstand um Stefan Pierer könnte das unangenehme Folgen haben. Ein internationales Wirtschaftsprüfungsunternehmen wurde damit beauftragt, den Zeitpunkt der Überschuldung der KTM AG festzustellen.
Laut Gesetz müssen Vorstände spätestens binnen 60 Tage ab der erkennbaren Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag stellen. Ansonsten handeln sie rechtswidrig. Bei KTM wurden die Anträge am 29. November 2024 gestellt.
Ziele verfehlt
Die Prüfer kommen zum Schluss, dass es sich nach dem KTM-Monatsabschluss April 2024 abzeichnet hat, dass „wesentliche Ziele (Absatz/Umsatz, EBIT, Cashflow-Entwicklung) nicht erreicht werden konnten“.
„Gründe dafür waren u. a. die fehlenden Zulassungen von Straßenmotorrädern am US-Markt, die Verluste im Bereich Fahrrad und die Restrukturierungskosten der italienischen Marke MV Augusta. „Zum Zeitpunkt der internen Veröffentlichung des Monatsabschlusses April 2024 befand sich die KTM AG in einer akuten Krise“, heißt es in dem Papier. „Der Vorstand wäre dementsprechend verpflichtet gewesen, eine Fortbestehensprognose bzw. eine Überschuldungsprüfung durchzuführen. Das wurde nach unserem Kenntnisstand nicht gemacht.“ Auch im Mai und Juni hätte eine Fortbestehensprognose bzw. eine Überschuldungsprüfung durchgeführt werden müssen.
Am 19. Juli berichtet der Vorstand in einer Sitzung, dass das Kostensenkungsprogramm 2025 in Höhe von 24 Millionen Euro bereits im zweiten Halbjahr 2024 umgesetzt werden muss. Die Umsetzung „war laut Aussagen jedoch Voraussetzung für ein Überleben der KTM-Gruppe“. Ein Forecast auf Initiative des Controllings „enthielt weder eine aktualisierte Liquiditätsplanung noch eine Planung für 2025 auf Monatsbasis“.
Ein Zeitproblem?
„Zu diesem Zeitpunkt war den Verantwortlichen bewusst, dass die bisherigen Planungen nicht eingehalten werden konnten“, heißt es in dem Papier weiter. „Trotz der akuten Krise lag nach dem Juni-Abschluss noch immer keine adäquate Planung vor, um die Aufrechterhaltung der Zahlungsfähigkeit für die nächsten 12 Monate bzw. eine Trendwende der Ertragslage über 2-3 Jahre zu beurteilen.“
In einem weiteren Papier wird der „vermutete Überschuldungszeitpunkt mit 14. August 2024“ angesetzt.
Offiziell wollte ein KTM-Sprecher keine Stellungnahme dazu abgeben. Dem Vernehmen nach heißt es, KTM könne in der Kürze der Zeit die Ergebnisse dieser Papiere nicht entsprechend überprüfen und kommentieren.
Ein Scheingefecht?
„Diesen Zeitpunkt kann man feststellen, das haben wir ja auch bei der Signa gemacht“, sagt Weinhofer zum KURIER. „Wenn das Management behauptet, dass man sich auf Investorensuche begeben hat, wenn das alles glaubhaft ist, dann nutzt das theoretische Wissen, wann die Zahlungsunfähigkeit vorgelegen wäre. Das ist ein Scheingefecht, das niemandem nutzt, weil es jetzt darum geht, den Betrieb aufrechtzuerhalten und die Arbeitsplätze zu sichern.“
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