Kryptobetrug: Schwere Geschütze gegen den Kronzeugen
Im komplexen Ermittlungsverfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) rund um den mutmaßlichen Kryptobetrugsfall Paraiba/Trillant, bei dem rund 65.000 Anleger zumindest 400 Millionen Euro verloren haben sollen, hatte der Beschuldigte Waldemar S. den Jackpot geknackt. Denn die WKStA hat ihm den Kronzeugenstatus zuerkannt.
„Da Sie ein reumütiges Geständnis über ihren Tatbeitrag abgelegt haben, die von ihnen offenbarten Tatsachen aus Sicht der WKStA die umfassende Aufklärung der Straftaten fördern, die Wissensoffenbarung rechtzeitig und freiwillig erfolgte (…) unterbreitet die WKStA das Angebot das Ermittlungsverfahren gegen Zahlung von 17.200 Euro unter Vorbehalt der späteren Verfolgung einzustellen“, heißt es im Ermittlungsakt.
Doch der Kronzeugenstatus samt Einstellung des Verfahrens wackelt massiv. Denn der Beschuldigte Mario S., vertreten von Anwältin Linda Poppenwimmer, hat beim Rechtsschutzbeauftragten der Justiz die Fortführung des Ermittlungsverfahrens gegen Waldemar S. beantragt.
Der Hintergrund
„Mit Anordnung vom 7. Dezember 2023 verfügte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft die Erteilung der Auskunft aus dem Kontenregister hinsichtlich mehrerer Beschuldigter, darunter auch der Beschuldigte Waldemar S. Begründend wurde angeführt, dass die Beschuldigten im Verdacht stehen, seit dem Jahr 2019 durch wahrheitswidrige Behauptungen, dass das von den Anlegern investierte Kapital über ein Konto der UNIQUE Private Bank der Tradingplattform PARAIBA bzw. TRILLANT gutgeschrieben und professionellen Tradern zur Veranlagung überlassen würde, sie eine Vielzahl von Personen zur Übergabe von Geld in jeweils 5.000 Euro übersteigender Höhe verleitet haben, wodurch diese insgesamt mit einem 300.000 Euro weit übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt wurden“, teilt Erich Weiß, der Stellvertreter des Rechtsschutzbeauftragten der WKSTA mit.
Und weiters heißt es: „Mit Eingabe vom 13. November 2024 wurde vom Beschuldigten Waldemar S. (…) der Antrag auf Kronzeugenregelung bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht, wobei der Beschuldigte S. schon am 4. Juni 2024 zu Beginn seiner Beschuldigtenvernehmung selbst an die Staatsanwaltschaft bezüglich einer möglichen Vorgehensweise nach der Kronzeugenregelung herangetreten ist.“
Vermutlich schriftliche Stellungnahme
Anzumerken sei, dass es zunächst drei Beschuldigtenvernehmungen des S. gab, wobei der Genannte auch einen USB-Stick mit diversen Chat-Verläufen und Dokumenten zur Verfügung stellte. „Die drei Vernehmungen befinden sich alle gesammelt in einem Dokument, bestehend aus 113 Seiten wobei die Seiten 5 bis 26 eine vermutlich schriftliche Stellungnahme beinhalten und dem übrigen Dokument nicht entnommen werden kann, welcher Textteil zu welcher konkreten Vernehmung gehört.“
Eine weitere Beschuldigtenvernehmung habe am 6. März 2025 stattgefunden, weil der Beschuldigte S. ergänzende Angaben vorbringen wollte. Aufgrund weiterer Anschuldigungen im Zusammenhang mit Produkten bzw. Investments bei KAIF Energy und KAIF ARMY wurde der Beschuldigte am 14. Mai 2025 erneut einer Beschuldigtenvernehmung unterzogen.
Die Ansicht des Rechtsschutzbeauftragten
Hier hakt nun der Rechtsschutzbeauftragte ein: „Auf welchen Vernehmungen oder anderen Beweismitteln diese Angaben beruhen, wird in der Einstellungsbegründung ebenso wenig dargestellt wie die Frage, aus welchem Grund die Angaben des Beschuldigten S. als stichhaltig und glaubwürdig einzustufen sind“, heißt es in seiner Stellungnahme. „Obwohl der Beschuldigte einen USB-Stick mit sämtlichen Chat-Verläufen und Dokumenten zur Verfügung stellte, geht aus der Begründung nicht hervor, ob diese überprüft bzw. berücksichtigt wurden.“
Laut dem Rechtsschutzbeauftragte sei die Einstellung des Ermittlungsverfahren gegen S. „offenbar unzureichend und unvollständig begründet“.
„Die Begründung der Einstellung enthält lediglich eine Aufzählung von Aussagen des Beschuldigten, unterlässt es aber anzugeben, inwiefern diese zumindest ansatzweise mit den Unterlagen, Chat-Verläufen und sonstigen Dokumenten auf dem vom Beschuldigten bereitgestellten USB-Stick in Einklang zu bringen sind“, so der Rechtsschutzbeauftragte. „Der Begründung kann demnach nicht entnommen werden, ob ein auch nur stichprobenartiger Abgleich der Beschuldigtenvernehmung mit den auf dem USB-Stick befindlichen Unterlagen stattgefunden hat.“ Auch wenn die Begründung der Einstellung einen pauschalen Verweis auf die Aussagen des Beschuldigten enthalte, genüge dies nicht den Voraussetzungen des § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO, „weil der Beschuldigte zwar mehrmals vernommen wurde, aber es selbst bei Auffinden der relevanten Textstellen in seinen Vernehmungen an der Begründung fehlt, warum diese Aussagen als glaubhaft oder hilfreich und insbesondere auch als rechtzeitig einzustufen sind“.
Das Fazit
Zudem finden sich laut dem Rechtsschutzbeauftragten „auch bei Durchsicht des Aktes keine Anlassberichte oder ähnliches, die darauf schließen lassen, dass die Angaben des Beschuldigten konkrete Ermittlungsmaßnahmen oder eine wesentliche Förderung der Ermittlungstätigkeiten zur Folge gehabt hätten“.
Der Rechtsschutzbeauftragte beantragte daher die Fortführung des Ermittlungsverfahrens gegen Waldemar S. oder den Akt dem Wiener Landesgericht für Strafsachen zur Entscheidung zu übermitteln.
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