Krisentreffen in der Wirtschaftskammer
Ein Brief mit Sprengkraft: Vier Landeskammerpräsidenten – Wien, Niederösterreich, Salzburg und Burgenland – haben in einem Schreiben an den obersten Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl ihre Unterstützung für die geplante Kammerreform versagt. Tenor: Die Finanzierung sei völlig unklar, durch geringere Kammerbeiträge, der Reform der Gewerbeordnung und den Ausbau von Serviceleistungen drohe ein Budgetloch. „Wir haben nichts gegen eine Reform, aber das ist keine“, heißt es aus dem Umfeld der Aufständischen zum KURIER. Und weiter: „Wir haben nichts gegen Leitl – aber dagegen, wie die Reform entstanden ist.“
Das Ganze sei seltsam abgelaufen. Seit einem dreiviertel Jahr hätte die Reformgruppe regelmäßig getagt, nie sei etwas konkret beschlossen worden. Am Dienstag vor zwei Wochen habe Leitl plötzlich das Papier vorgelegt. Dem habe nicht zugestimmt werden können, trotzdem habe er es durchgezogen. Drei Tage später, am Freitag, stellte er es der Öffentlichkeit vor. Bis zur letzten Sekunde sei mit Leitl gerungen worden, was zur Folge hatte, dass sich auch die Einladung zur Pressekonferenz bis um 14.30 Uhr des Vortages verzögert hatte.
Unguided Missile
„Das alles hat für Unmut gesorgt, weil die Reform von uns nicht mitbeschlossen wurde“, heißt es. Daraufhin entschlossen sich die Landeskammer-Präsidenten Sonja Zwazl (Niederösterreich), Walter Ruck (Wien), Konrad Steidl (Salzburg) und Peter Nemeth (Burgenland) zu dem Brief, der diesen Mittwoch an die Öffentlichkeit ging. Hinter dem Brief soll auch noch die Tiroler Kammer stehen (sie gilt als „Unguided Missile“). Entscheidend im Lager der Reformgegner ist der Schulterschluss zwischen NÖ und Wien. Die beiden Länderkammern haben zusammen im Wirtschaftsbund sehr viele Delegierte – das wiederum ist für die Wahl des WKO-Präsidenten entscheidend.
Auf der Gegenseite finden sich OÖ (Leitls Heimat), Kärnten (gilt als schwach, schwingt wahrscheinlich mit), und, als starke Fraktion: die Steiermark. Josef Herk, Präsident der WK-Steiermark, hat mit Leitl maßgeblich am Reformpapier gearbeitet. Man hört allerdings: „Herk hat es vergeigt.“
Krisengipfel in Wien Gestern fand ein Krisentreffen der Kammerpräsidenten in Wien statt, Leitl unterbrach dafür seinen Urlaub. „Das Treffen ist ergebnisoffen, seine Demontage aber nicht das Ziel“, hieß es im Vorfeld. Aber auch: „In spätestens einem Jahr haben wir einen neuen Präsidenten.“
Wie Insider erwartet hatten, brachte das rund sechsstündige Gespräch kein Ergebnis. Es sei jedoch gut und konstruktiv verlaufen. „Leitl war sehr zerknirscht und hat eingesehen, einen großen Fehler gemacht zu haben“, hieß es. Eine weitere Runde werde folgen.
Solange die neue Gewerbeordnung nicht beschlossen ist – durch sie müssen 134 Millionen überhaupt erst eingespart werden – , hat man auch noch ein wenig Galgenfrist. Trotzdem lautet der Tenor aus der WKO: „Es ist ein Krieg, der hier ausbricht“ – wie so oft zwischen Bewahrern und Erneuerern.
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