Krise trifft Neubau: Leistbare Wohnungen bald Mangelware
Angesichts einer kräftig wachsenden Bevölkerung auf mittlerweile 9,2 Millionen Einwohner eint der Wunsch nach „leistbarem Wohnraum“ alle politischen Parteien. Doch die Erreichung des Zieles rückt angesichts einer veritablen Baukrise in weite Ferne.
WIFO-Experte Michael Klien warnt im KURIER-Gespräch davor, dass ohne rasches Gegensteuern „spätestens in ein, zwei Jahren Tausende Wohnungen fehlen werden. Die absehbare Wohnungslücke wird natürlich entsprechende Auswirkungen auf die Mietpreise haben. Sie steigen deutlich stärker als die Gesamtinflation. Diese Dynamik geht jetzt erst so richtig los“.
Genau beziffern lässt sich die künftige Wohnungslücke angesichts zu vieler Einflussfaktoren nicht, sagt der Ökonom. Doch zeigten die drastisch sinkenden Zahlen an Baubewilligungen und Fertigstellungen von Wohneinheiten sehr deutlich wohin die Reise gehen wird. „Die Wohnungslücke kommt auf jeden Fall.“
Weniger Bewilligungen
Speziell die Baubewilligungen sind seit dem Höhepunkt im Jahr 2019 stark rückläufig – und bei weitem nicht alle Bewilligungen werden später auch tatsächlich in Neubauten umgesetzt.
Zu unsicher sei dafür das aktuelle Marktumfeld, zu hoch sind die Zinsen, zu stark eingebrochen ist die Nachfrage nach Immobilienkrediten angesichts der strengen Vergaberegeln.
Das Gebot der Stunde sei daher, so Klien, die „Neubauproduktion von gemeinnützigem und leistbarem Mietwohnungsbau nicht zu stark einbrechen zu lassen“.
Ende Jänner hat die Bauwirtschaft bereits eindringlich vor einer „Wohnungsnot“ in Österreich gewarnt und so den Druck auf die Politik erhöht. Den Angaben der Branche zufolge sind es 2017 bis 2019 noch rund 70.000 Wohnungsbewilligungen pro Jahr gewesen. Das habe den Bedarf gedeckt.
In den vergangenen beiden Jahren habe es jedoch einen Absturz auf zuletzt 33.900 Baubewilligungen (2023) gegeben, nach 47.000 im Jahr 2022. Innerhalb von vier Jahren halbierte sich also die Zahl der genehmigten Wohnungen. Das hat mit Zeitverzögerung auch negative Folgen auf dem Arbeitsmarkt, etwa bei den Handwerkern. Hier werde die Arbeitslosigkeit heuer kräftig steigen, befürchtet der Experte.
Skepsis beim Bonus
Zuletzt sind die Sozialpartner mit Lösungsvorschlägen gegen die Baukrise an die Öffentlichkeit gegangen, wobei vor allem der Eigenheim-Bonus von bis zu 100.000 Euro kontroversiell diskutiert wurde. Wienerberger-Chef Heimo Scheuch sagte anlässlich seiner Bilanzpressekonferenz, er könne sich für den Eigenheim-Bonus nicht erwärmen. Vielmehr schlug er vor, die Mehrwertsteuer auf Produkte und Arbeiten im Sanierungsbereich auf fünf Prozent zu senken.
Wifo-Experte Klien kennt die Vorschläge, um die Investitionen am Bau wieder anzukurbeln. Seiner Meinung nach wäre eine kräftige Erhöhung der Wohnbauförderung aus Mitteln des Bundes der geeignetste Hebel. Die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung brauche es nicht unbedingt. Die Wohnbauförderung war in vergangenen Jahren rückläufig, dennoch habe es bis 2019 einen Bauboom gegeben.
Kommentare