Bei einem Krankenhausbesuch wundert man sich als Patient mitunter, was alles im Müll landet. Sterile Scheren oder Pinzetten werden aus der Originalverpackung geholt, einmal verwendet und entsorgt. Dass das aus ökologischer Sicht Sinn machen kann, sagt ausgerechnet Wolfgang Deutz. Er ist kaufmännischer Direktor des Krankenhauses Villach und gemeinsam mit Kabeg-Vorstand Arnold Gabriel Gründer des Österreichischen Verband Grüne Krankenhäuser (ÖVGK).
Nicht immer sei Mehrweg ökologischer als Einweg. „Etwa auf Stationen, auf denen selten sterile Scheren benötigt werden, verwenden wir weiterhin Einwegmaterial, das wir aber sammeln und recyceln.“ Grund dafür seien auch die relativ hohen Kosten von Mehrweg in der Anschaffung und Wiederaufbereitung sowie der hohe Schwund bei manchen Materialien.
270 Krankenhäuser gibt es in Österreich und ihre Öko-Bilanz wird immer mehr zum Thema. Weltweit gesehen ist der Gesundheitssektor für geschätzte fünf bis sieben Prozent der rund um den Globus produzierten CO2-Emissionen verantwortlich. Auch in Österreich ist die Bilanz beachtlich.
Betten unter Strom
Laut Statistik verbraucht ein Krankenhausbett in Österreich pro Jahr rund 18.000 Kilowattstunden Strom – das entspricht dem Verbrauch von fünf Einfamilienhäusern.
Parallel dazu fallen pro Jahr und Bett durchschnittlich 1.200 Kilo Abfall an, rechnet Deutz vor. Bisher haben sich insgesamt 30 Spitäler aus Kärnten, Tirol und Vorarlberg dem Verband der Grünen Krankenhäuser angeschlossen und erste Maßnahmen gesetzt. Der Druck auf die Branche steigt, denn ab 2025 sind auch Spitäler verpflichtet, ihre Umweltbilanzen offen zu legen. Und wer bei den Bilanzen schlecht abschneidet, droht – wie auch in anderen Branchen – bei Förderprogrammen der EU sowie bei Kreditgebern leer auszugehen.
Bei einer siebenstündigen Operation wird ein CO2-Äquivalent freigesetzt, das einer Autofahrt von Wien nach London entspricht
von Wolfgang Deutz, kaufmännischer Krankenhausdirektor
Etwa die Hälfte der vom Gesundheitssektor verursachten Treibhausgasemissionen gehen auf das Konto der Intensivmedizin, davon wiederum ein gutes Drittel auf den Bereich Narkose, erläutert Deutz. Das Krankenhaus Villach hat deshalb unter anderem in diesem Bereich angesetzt. „Narkosegase sind Klimakiller“, sagt der Krankenhaus-Direktor. „Bei einer siebenstündigen Operation wird ein CO2-Äquivalent freigesetzt, das einer Autofahrt von Wien nach London entspricht.“ Denn in heimischen Spitälern würden die Narkosegase, die der Patient wieder ausatmet, in der Regel abgesaugt und dann in die Luft geblasen werden. In Villach würde dank moderner Narkosemaschinen nun der Frischgaszufluss reduziert werden.
Zudem würden die Anästhetika nicht mehr – unter hohem Energieaufwand – in die Luft geblasen, sondern mittels Kohlefiltern abgesaugt und in der Folge recycelt werden. Deutz: „Bei 10.000 Operationen im Jahr allein in Villach kommt da viel zusammen.“ Warum solche Filter noch nicht Standard in heimischen Krankenhäusern sind, sei ihm ein Rätsel. Der Aufwand und die damit verbundenen Kosten der Umrüstung seien überschaubar, der Effekt enorm.
Wenn Einweg gewinnt
In anderen Bereichen spießt es sich dagegen im Detail. So wird beim Legen eines Zentralen Venenkatheders ein steriles Set aus unterschiedlichen Artikeln benötigt. „Hier haben wir intensiv über Mehrwegprodukte nachgedacht, sind aber zu dem Schluss gekommen, dass ein Fertig-Set einer Firma hygienisch besser und auch günstiger ist“, sagt Deutz. Beim Umstieg auf Mehrweg-Tücher, -Instrumente und -Materialien würden wir einen höheren Arbeitsaufwand produzieren und erst recht wieder Müll durch die vielen Einzelpackungen.“ Dass es in Notfallsituationen zudem nicht optimal sein kann, wenn das Material erst zusammengetragen werden muss, leuchtet obendrein ein.
Viele Maßnahmen zielen auch darauf ab, Verhaltensänderungen bei Patienten anzustoßen. Nicht nur im Krankenhaus, sondern später auch Zuhause. Die Palette reicht von Bewegungsmeldern und LED-Beleuchtung zum Stromsparen bis zum einfachen Hinweis, die Stiegen statt den Aufzug zu benutzen (und so Strom zu sparen und der Gesundheit etwas Gutes zu tun). „Bei 170.000 Patienten im Krankenhaus Villach – ambulante inklusive – haben wir einen höheren Multiplikatoreffekt als andere Einrichtungen, etwa Schulen“, sagt Alexander Thomasser, Mitglied des Green Teams im Landeskrankenhaus Villach.
Gesundheitswesen
Global gesehen ist das Gesundheitswesen für fünf bis sieben Prozent des -Ausstoßes verantwortlich. Ein österreichisches Krankenhaus verbraucht laut ÖVGK ...
18.000 kWh Strom
pro Bett und Jahr – so viel wie 5 Einfamilienhäuser und
70 Kilo Fleisch
pro Bett und Jahr (inklusive Mitarbeiterverpflegung)
1.200 Kilo
gefährliche und nicht gefährliche Abfälle/Altstoffe fallen pro Bett und Jahr an
Vieles ist Routine, auch im Krankenhaus. So werden auf Unfallstationen mitunter automatisch Blutproben genommen, obwohl das gar nicht nötig wäre, sagt Wolfgang Deutz, Gründer des Österreichischen Verband Grüner Krankenhäuser (ÖVGK). Das treibt nicht nur den Aufwand und die Kosten in die Höhe, sondern auch den Müllberg. Ein Testmonat auf einer Unfallstation eines Krankenhauses habe gezeigt, dass rund ein Viertel der Blutabnahmen eingespart werden können, ohne dass der Patient schlechter behandelt wird.
Ähnlich ist es bei der Verschreibung von Antibiotika, die in der Produktion, Verabreichung und Entsorgung einen großen -Fußabdruck haben. Mit einer gezielteren Verschreibung sei also auch der Umwelt geholfen.
Umweltsünder Salbe mit Wirkstoff Diclofenac
Ähnlich ist es auch bei Salben, die oft ohne einen Gedanken an die Umwelt verwendet werden. Der Wirkstoff Diclofenac beispielsweise wird als Schmerzmittel vor allem in Salben- oder Gel-Form angewendet und gelangt dadurch in den Wasserkreislauf. Auch die vom Körper aufgenommene Wirkstoffmenge wird zu 70 Prozent wieder unverändert über den Urin ausgeschieden, rechnet der Österreichischen Verband Grüne Krankenhäuser vor.
Würde man nur einen Kilo Diclofenac im Pressegger See auflösen, würde sich das auf die Nieren und den Darm des gesamten Fischbestandes auswirken sowie auch auf andere Wasserorganismen.
von Österreichischer Verband Grüner Krankenhäuser
Und weiter: „Würde man nur einen Kilo Diclofenac im Pressegger See auflösen, würde sich das auf die Nieren und den Darm des gesamten Fischbestandes auswirken sowie auch auf andere Wasserorganismen.“ Zur Größenordnung – der See fasst 2 Millionen Kubikmeter Wasser. Der Jahresverbrauch in Österreich lag 2014 (aktuellere Zahlen nicht verfügbar) übrigens bei 5,6 Tonnen.
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