Konzern in der Krise: Swarovski verabschiedet sich vom Massenmarkt

Konzern in der Krise: Swarovski verabschiedet sich vom Massenmarkt
In Tirol wird um die Zukunft von 1.200 Mitarbeitern gerungen, die heuer ihren Job verlieren sollen

Vor 125 Jahren legte Daniel Swarovski in der Tiroler Marktgemeinde Wattens den Grundstein für einen heute weltweit operierenden Konzern. Doch im Jubiläumsjahr ist am Stammsitz niemand zum Feiern zumute. 1.200 Mitarbeiter sollen dort, wie berichtet, im heurigen Jahr ihren Job verlieren, weitere 600 im kommenden Jahr.

Das trifft den Tiroler Arbeitsmarkt, der nicht zuletzt durch die Corona-Krise im Tourismus bereits Schlagseite hat, zur Unzeit. Bei einem von ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter am Freitag einberufenen Krisengipfel, an dem auch die Sozialpartner teilnahmen, erklärte Swarovski-CEO Buchbauer die Lage des Unternehmens.

Und zeichnete ein dramatisches Bild.

„Ruinöser Wettbewerb“

Das in Wattens verantwortete Geschäft mit Kristallkomponenten sei in den vergangenen zehn Jahren massiv unter Konkurrenzdruck von „teilweiser ruinöser Ausprägung“ geraten. Durch die Covid-19-Krise habe sich die Situation drastisch verschärft. So wäre man im März und April gezwungen gewesen, weltweit 90 Prozent der Swarovski-Shops geschlossen zu halten.

Konzern in der Krise: Swarovski verabschiedet sich vom Massenmarkt

Swarovski-CEO Robert Buchbauer beim Krisengipfel im Landhaus

Corona sei nicht der Auslöser, aber „massiver Beschleuniger“ für die Neustrukturierung des Swarovski-Geschäfts. „Wir werden uns in Zukunft auf das obere Marktsegment konzentrieren und uns aus dem Massengeschäft verabschieden.“ Und damit von den hohen Stückzahlen.
 

Bei der Produktion von glitzernden Kristallen aus geschliffenem Glas, wie sie etwa in der Modebranche als Applikationen verwendet werden, hat Swarovski schon lange kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Der Konzern steht vor einem Totalumbau.

Weltweit wurden laut Buchbauer heuer bereits 6.000 Mitarbeiter abgebaut – die Kündigungswelle in Wattens noch nicht eingerechnet. „Das geht über alle Hierarchien hinweg“, so der Vorstandschef. Wattens sei Geburtsort und Kern des Unternehmens und solle es auch weiter bleiben.

Zittern um Standort

„Es ist unser großes Interesse, dass der Hauptstandort weiter gewährleistet bleibt“, erklärte Landeshauptmann Platter im Anschluss an den Runden Tisch. Er sei ob der Dimension der Entscheidung überrascht und sehr betroffen.

Hilfe für Mitarbeiter

Nun gehe es darum, die betroffenen Mitarbeiter bestmöglich aufzufangen. Eine Taskforce unter Leitung des AMS Tirol soll laut Platter in den kommenden 14 Tagen ausarbeiten, was am besten zu tun wäre. Swarovski soll Informationen darüber liefern, welche Mitarbeiter vom Stellenabbau betroffen sind.

Konzern in der Krise: Swarovski verabschiedet sich vom Massenmarkt

Land, Swarovski und Sozialpartner verhandelten am Runden Tisch

Im Vorfeld des Gipfels hatte Platter von Swarovski gefordert, seine soziale Verantwortung wahrzunehmen. Darauf angesprochen meinte Buchbauer: „Wir tun das in Form unseres Sozialplans, der substanziell über die rechtlichen Anforderungen hinausgeht.“

Für die nun notwendigen Maßnahmen würde das Unternehmen allein Mittel in der Größenordnung von mehr als 60 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

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