Kontenregister: Wie es funktioniert, was es bringt

Der Gesetzgeber will alle privaten Konten in einem Register sammeln. Kritiker befürchten, dass Bankkunden dadurch ausgespäht werden.
Die Regierung führt zwecks Bekämpfung von Steuerhinterziehung das "gläserne" Konto ein.

Das österreichische Bankgeheimnis für Inländer wird de facto abgeschafft. Zur Bekämpfung von Steuerbetrug und Abgabenhinterziehung wird per Gesetz ein zentrales Kontenregister eingerichtet. In diesem sind nicht nur die Girokonten, Bausparkonten, Sparbücher und Wertpapier-Depots aller Unternehmen, sondern auch aller Privatpersonen bei einem in Österreich tätigen Kreditinstitut aufgelistet. Der KURIER hat die wichtigsten Änderungen für Kontoinhaber zusammengestellt.

Kann in diesem Register jederzeit der Kontostand meines Girokontos oder des Sparbuchs meiner Kinder abgerufen werden?

Nein. In das Register sollen laut Gesetzesentwurf folgende Daten aufgenommen werden: Steuernummer bzw. Name, Geburtsdatum und Adresse des Kontoinhabers sowie vertretungsbefugte Personen, Treugeber und wirtschaftliche Eigentümer. Dazu kommen Konto- oder Depotnummer, die kontoführende Bank sowie Datum der Eröffnung und der Auflösung. Das Gesetz ist laut Kanzler Werner Faymann (SPÖ) auch ein "Zugeständnis an die Betrugsbekämpfer", es gehe nicht darum, zu schauen, "was hat die Großmutter, die für das Enkerl spart, auf dem Konto". Selbst die Arbeiterkammer begrüßt die Aufhebung des Bankgeheimnisses als "wirksame Maßnahme gegen die Steuerhinterziehung".

Wer darf das Register einsehen?

Die Finanzbehörden im Zuge von Abgaben- und Finanzstrafverfahren. Ebenso Einsicht haben die Strafbehörden, die bisher bei den Banken anfragen mussten, ob ein Verdächtiger ein Konto bei ihnen unterhält. Die Öffnung von Konten im Zuge von Strafverfahren ist aber wie bisher nur mit einer richterlichen Genehmigung möglich.

Können potenzielle Steuersünder ihr Geld nicht vor Inkrafttreten des Gesetzes noch ins Ausland verschieben?

Nein, wenn sie es nicht schon außer Landes gebracht haben. Das parallel zum Kontenregister geschaffene Kapitalabfluss-Meldegesetz soll zwar erst ab Jänner 2016 gelten – aber die Banken müssen Geldbewegungen ab 50.000 Euro ins Ausland rückwirkend ab März 2015 melden. Damit die Grenze von 50.000 Euro nicht durch Aufsplittung unterlaufen wird, müssen auch mehrere aufeinanderfolgende Transaktionen gemeldet werden.

Können auch ausländische Behörden auf das Register zugreifen?

Nein, nicht direkt. Aber im Zuge von Rechtshilfeverfahren können die heimischen Behörden durch das Kontenregister den ausländischen Kollegen rascher Auskünfte über Kontoinhaber erteilen.

Wie viel Mehreinnahmen erwartet sich der Finanzminister durch die Bekämpfung des Steuerbetrugs?

Durch die Bankauskünfte im Zusammenhang mit Abgabenverfahren sollen 800 Millionen Euro zusätzlich ins Budget fließen. Weitere 900 Millionen soll die Registrierkassenpflicht einspielen. 200 Millionen sollen aus der schärferen Bekämpfung von Sozialbetrug kommen. Mit diesen 1,9 Milliarden soll die Steuerreform zum Teil gegenfinanziert werden.

In welchen Ländern gibt es zentrale Kontenregister bereits und wie sind die Erfahrungen dort?

Zur Bekämpfung der Geldwäsche schreibt die OECD den Ländern generell zentrale Kontenregister vor. In Deutschland gibt es ein solches Register seit 2003. Der Großteil der Abfragen betrifftjedoch nicht Geldwäsche oder Terrorverdacht, sondern entfällt auf den Bereich Steuerhinterziehung.

Was kostet die Einführung des Kontenregisters und wie lange dauert das?

Die heimischen Finanzinstitute rechnen mit einmaligen Verwaltungskosten zwischen 40 und 60 Mio. Euro. Die laufenden Kosten sollen zwischen fünf und zehn Mio. Euro pro Jahr betragen. Die Umsetzung wird mindestens bis Ende 2016 dauern.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?

Kritiker sehen die finanzielle Privatsphäre abgeschafft. Sie warnen vor Missbrauch und fordern einen eigenen Datenschutzbeauftragten.

Die geplante Aufhebung des Bankgeheimnisses ist aus der Sicht der Arbeiterkammer „eine wirksame Maßnahme gegen die Steuerhinterziehung“. „Die Konten werden ja nur im Zuge von Betriebsprüfungen geöffnet und Betriebsprüfungen betreffen lediglich Unternehmen“, sagt Otto Farny, Leiter der steuerpolitischen Abteilung der Arbeiterkammer, im Gespräch mit dem KURIER. Neu wird sein, dass künftig „auch die privaten Konten des Unternehmers oder dessen Ehefrau geprüft werden“. Denn: Schwarzgeld liege ja in der Regel nicht auf den Firmenkonten, sondern auf den Privatkonten. Bisher konnte die Finanz nicht ohne weiteres auf diese Konten zugreifen.

Zugleich sollen durch die Einführung eines Kontoregisters generell der Zugang zu den Konten und deren Prüfungen erleichtert werden. „Das Kontoregister muss ausnahmslos alle Konten erfassen, sonst funktioniert es nicht. Aber im Register selbst wird nicht drinnen stehen, welches Guthaben zum Beispiel Hans Mayer hat“, sagt Farny. „Bei einem Arbeitnehmer werden in der Regel keine Konten geöffnet werden. Außer er betreibt ein geheimes Unternehmen.“

Die geplante de facto Aufhebung des Bankgeheimnisses durch die Bundesregierung geht dem Steuerbetrugs- und Schattenwirtschaftsexperten Friedrich Schneider von der Linzer Johannes Kepler Universität „eigentlich zu weit“. Er fürchtet, dass bei vielen Österreichern dadurch die Steuermoral beeinträchtigt werden könnte, „weil sie sich völlig zu Unrecht verdächtigt fühlen“, sagte Schneider im Ö1-Morgenjournal am Mittwoch.

Kontenregister: Wie es funktioniert, was es bringt
Friedrich Schneider Johannes Kepler Universität JKU Linz
Grundsätzlich sei er „sehr für Betrugsbekämpfung“ und dass Steuersünder und Steuerhinterzieher zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Schneider, aber was ihn jetzt am meisten störe, sei, dass weit über 90 Prozent der Österreicher ehrlich ihre Steuern zahlten, die geplantenMaßnahmen aber für alle gelten. Jetzt, nachdem auch alle, die ein entsprechendes Geschäft haben, Registrierkassen kaufen müssten, frage sich der Bürger, „warum passiert das mit mir, wobei ich dem Staat gegenüber ehrlich bin“.

Viel hätten schlechtes Gefühl

Einige Menschen dürften jetzt erst recht Steuern hinterziehen, weil sie sich unter Generalverdacht gestellt fühlten, viele aber nicht, so Schneider weiter. Viele hätten aber ein schlechtes Gefühl damit, und dies könnte ihre Einstellung zumStaat beeinträchtigen. Schneider glaubt auch nicht, dassmit der Aufweichung des Bankgeheimnisses wie geplant 700Mio. Euro hereinkommen werden. „Wenn es 200 oder 300Millionen werden, läuft es schon sehr gut“, so Schneider. Was anders und besser gemacht werden könnte, wäre demBürger besser einsehbar zumachen, wasmit seinen Steuern passiert und ihmein begrenztesMitspracherecht dazu zu geben. „Dann zahlt er auch viel lieber“, so Schneider. Das wäre ein wichtiger Schritt.

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