Klimakonferenz: "Fossil des Tages" ging an die Schweiz

Der polnische Umweltminister und Präsident desUNFCCC-Gipfels, Polish Marcin Korolec, bei der Eröffnungsrede in Lima.
Schweiz habe sich gegen verbindliche Finanzzusagen im Kampf gegen den Klimawandel ausgesprochen.

Nach Österreich hat nun auch die Schweiz die zweifelhafte Ehre, von Umweltschützern bei der UN-Klimakonferenz im peruanischen Lima zum "Fossil des Tages" gekürt worden zu sein.

Das Land habe sich in einer Intervention nicht nur gegen verbindliche Finanzzusagen im Kampf gegen den Klimawandel ausgesprochen, begründete das Klima Aktionsnetzwerk (CAN) am Mittwoch die Entscheidung. Die Schweiz habe auch den Entwicklungsländern gedroht, dass jegliche Forderung in diese Richtung, das Ergebnis in Lima gefährden könne. Andere Industrieländer, die EU und die USA seien nah dran gewesen, zu "Fossilen" gewählt zu werden, da auch sie bindende Finanzzusagen strikt abgelehnt und sich nicht mit Ruhm bekleckert hätten.

Negativpreis auch an Österreich

Österreich war am ersten Tag der Weltklimakonferenz von Umweltschutzgruppen mit dem Negativpreis "Fossil des Tages" bedacht worden (mehr dazu hier). Grund dafür war, dass die Alpenrepublik als eine von wenigen Industrienationen bisher keine konkrete Zusage für den "Green Climate Fund" getätigt hat.

Es ist die größte Konferenz, die in Peru je abgehalten worden ist: 12.000 Delegierte sind derzeit in der Hauptstadt Lima, um bei der bereits 20. Klimakonferenz (COP, Conference of Parties) die Grundlagen für einen weltweit verbindlichen Klimaschutzvertrag zu verhandeln. Die Hürden, die es noch zu überwinden gibt, sind leider immens groß:

Worum geht es eigentlich? Die Staatengemeinschaft hat aufgrund wissenschaftlicher Expertise vereinbart, dass die Klimaerwärmung von Menschen gemacht ist, sie aber unter einer Erwärmung von 2 Grad Celsius gehalten werden muss, um noch größere Folge-Katastrophen wie Dürren oder Extremwetterereignisse infolge zu vermeiden. Derzeit hat sich das Weltklima um rund 0,8 Grad Celsius bereits erwärmt, im Vergleich zu den Klimadaten vor rund 200 Jahren.

Obergrenze massiv in Gefahr

Um das 2°-Ziel zu halten, sollten ab 2020 weltweit nicht mehr als 44 Milliarden Tonnen CO2 (oder deren Äquivalente) von Industrie, Haushalten und dem Verkehr ausgestoßen werden, heißt es im aktuellen United Nations Environment Programme (UNEP)-Bericht. Diese Obergrenze ist derzeit massiv in Gefahr, sofern es keine umfassenden Weichenstellungen der Staaten bei der Klimapolitik gibt, werden die Staaten um rund acht bis zehn Milliarden Tonnen CO2 zu viel emittieren.

Bis 2030 ist der Gap, also die Lücke zwischen dem, was notwendig ist, und dem, was mit größter Wahrscheinlichkeit passieren wird, noch deutlich größer, die Lücke liegt derzeit bei rund 14 bis 17 Milliarden Tonnen CO2. Zum Vergleich: Ganz China emittiert derzeit pro Jahr etwas mehr als 10 Milliarden Tonnen CO2, Deutschland rund 0,7 Milliarden Tonnen, Österreich rund 70 Millionen Tonnen.

„Bei den Zielvorgaben können wir keinen Kompromiss akzeptieren“, sagt dazu Global2000-Klimaexperte Johannes Wahlmüller im Gespräch mit dem KURIER. „Es muss gelingen, die bestehenden Angebote der Staaten zu erhöhen, um sie in Einklang mit der Wissenschaft zu bringen. Alles andere ist Augenauswischerei.“

Ziel ist es, spätestens bei der Klimakonferenz im Dezember 2015 in Paris einen verbindlichen Vertrag ausverhandelt zu haben, der dann von allen Regierungschefs auch unterschrieben werden kann. In Lima soll die alles entscheidende Grundlage für den Vertragstext ausgefeilt werden.

100 Milliarden Dollar

Es geht aber nicht nur um die Reduktion von CO2, wichtig sind ebenfalls der Climate Fund, ein Fonds, der mit immensen Geldmittel – bis zu 100 Milliarden Dollar pro Jahr – gefüllt werden soll, damit ärmere Staaten, die besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, nachhaltig reagieren können. Es geht aber auch um die Frage, wie ärmere Staaten mit viel Regenwald finanziell kompensiert werden können, damit sie diesen ihren Rohstoff Holz nicht abholzen und als Energieträger verwenden.

Österreich ist – wie berichtet – noch säumig, dem Fonds die versprochenen Geldmittel zur Verfügung zu stellen. Die USA haben bereits drei Milliarden Dollar zu gesagt, Deutschland rund 750 Millionen Euro. Österreich sollte rund 70 Millionen Euro einzahlen, eine Entscheidung steht aber noch aus, heißt es aus dem Landwirtschaftsministerium. In der kommenden Woche soll dazu endlich eine Entscheidung fallen.

Jährliche Ausgaben bis zu 650 Mrd. Dollar

Weltweit fließen jährlich etwa zwischen 340 und 650 Milliarden Dollar (523,18 Mrd. Euro) in den Klimaschutz. Das geht aus einem Zweijahresbericht des Finanzkomitees des UN-Klimasekretariats für die Jahre 2011 und 2012 hervor, der bei der UN-Konferenz vorgestellt wurde. Die Ausgaben umfassen private und staatliche Ausgaben. Doch sind die Subventionen für Öl und Gas und Investitionen in fossile Brennstoffträger demnach fast doppelt so hoch. Die Differenz zwischen Mindest- und Höchstbetrag ergibt sich aus unterschiedlichen Ansätzen, welche Ausgaben als klimaschutzrelevant angerechnet werden. Die Unterstützung der Industrieländer für die Entwicklungsländer wird auf jährlich 35 bis 50 Milliarden US-Dollar beziffert. Enthalten sind auch staatliche Entwicklungshilfe und Mittel von Entwicklungsbanken. Die Chefin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, sagte, die Finanzierung sei entscheidend für das Ziel, die Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen.

Am Rande des Klimagipfels hat die Organisation Germanwatch ihren Klima-Risiko-Index vorgestellt. Demnach sind im Vorjahr die Philippinen, Kambodscha und Indien am schwersten von Wetterextremen heimgesucht worden. In den vergangenen 20 Jahren waren es Honduras, Myanmar und Haiti. Experten streiten, welchen Anteil der Klimawandel an den Wetterextremen hat. Der Index ist laut Germanwatch ein Warnsignal und zeige, wie verwundbar Staaten seien.

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