Keine Kürzung im EU-Agrarbudget: „Fairtrade für unsere Bauern“

Stephan Pernkopf, Präsident des Ökoszialen Forums
Höhere Produktionsstandards sind abzugelten, betont NÖ-Landesrat Pernkopf

Ab Montag geht es bei der Wintertagung vom Ökosozialen Forum um die Zukunft des Agrarbereichs. Der Präsident des Forums und NÖ-Landeshauptmann Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) ist strikt gegen Kürzungen im EU-Agarbudget.

KURIER: Im neuen EU-Budget sind wegen des Brexit Kürzungen im Agrarbereich vorgesehen. Wo kann man sparen? Stephan Pernkopf: Zunächst muss das Thema Brexit beendet werden. Es gibt in den Bundesländern fast schon eine Aggressivität bei diesem Thema. Man will den Bauern mehr Leistungen abverlangen und gleichzeitig steigen die Risiken wie der Klimawandel. Da können die Leistungen der EU nicht weniger werden. Die Zahlungen müssen zumindest gleich bleiben. Es braucht Fairtrade für unsere Bauern.

Wenn das nicht möglich ist. Wie lautet Plan B?

Anders als beim Brexit darf es keinen Plan B geben. Dafür gilt es in den nächsten Monaten zu kämpfen. Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz hat klar gemacht, dass wir für den ländlichen Raum kämpfen werden.

Es gibt Überlegungen bei der EU-Förderungen für Großbetriebe eine Obergrenze einzuziehen. Was halten Sie davon?

Wir reden vom sogenannten Capping (Obergrenzen für Förderungen im Agrarbereich, Anm. d. Red.). Ich halte solche Obergrenzen für sinnvoll. Wir wollen vor allem eine Stärkung der bäuerlichen Familienbetriebe.

Würde eine Obergrenze für Förderungen auch große Betriebe in Österreich treffen?

Das würde auch einige Betriebe in Österreich treffen. Aber das ist im Sinne der Gerechtigkeit nachvollziehbar. Großbetriebe, wie wir sie von Deutschland kennen, gibt es bei uns nicht. Die Landwirtschaft in Österreich ist kleinteilig strukturiert.

Die Anforderungen an Biobauern sind etwa bei der artgerechten Tierhaltung mittlerweile so hoch, dass sie von Kleinbetrieben oft nicht mehr erfüllt werden können.

Österreich darf nicht die Schweiz werden. Dort hat man es durch übertriebene Anhebung der Standards so weit gebracht, dass keine Puten mehr in der Schweiz produziert werden. Die Tiere werden aus Polen, der Ukraine oder aus anderen Staaten importiert. Dort gibt es viel schlechtere Standards.

Etwa 60 Prozent der bäuerlichen Einkommen sind Förderungen. Kann man da nicht auch eine artgerechte Tierhaltung einfordern?

Die Konsumenten bekommen dafür beste Qualität zu höchsten Standards. Wir haben in Österreich höchste Standards, die auch kontrolliert werden. Wer kontrolliert, etwa bei Agrarprodukten aus Südamerika, die Angaben auf der Verpackung? Ist es nicht ein generelles Problem der EU-Agrarpolitk, dass in den Staaten mit unterschiedlichen Standards Lebensmittel produziert werden?

Das ist tatsächlich ein großes Problem. Wer sichergehen will, dass die höchsten Standards angewendet werden, der muss österreichische Produkte kaufen.

Die großen Supermarktketten wehren sich gegen eine weitgehende Kennzeichnung der Herkunft für verarbeitete Lebensmittel. Haben Sie dafür Verständnis?

Dafür habe ich kein Verständnis. Das funktioniert in anderen Ländern sehr gut. Derzeit gibt es keine Verpflichtung anzugeben, woher verarbeitete Lebensmittel herkommen. Wenn das Flüssigei aus Uruguay kommt, dann sollen das die Konsumenten auch wissen. Dort gibt es keine vergleichbaren Tierschutzstandards. Diese Wahrheit ist den Konsumenten zumutbar.

Umweltorganisationen verlangen seit Jahren deutliche Einschränkungen und Verbote bei Pflanzenschutzmitteln. Eine berechtigte Forderung?

Österreich hat im naturnahen Landbau eine Vorreiterrolle. Wie produzieren mehr als das Doppelte an Bio, als im Inland über die Ladentheke verkauft wird. Der Rest geht in den Export. Die österreichischen Bauern sind die Ersten, die auf Alternativprodukte für konventionelle Pflanzenschutzmittel umsteigen. Die Bauern sind aber nicht die Versuchskaninchen für NGO-Fantasien, die in der Praxis nicht umsetzbar sind.

Es gibt heuer eine Notfallzulassung für die umstrittenen Neonicotinoide beim Anbau von Zuckerrüben. Eine richtige Entscheidung?

Die Notfallzulassung für Rübensamen sichert den Zucker aus Österreich. Wer das nicht will, der muss auch dafür einstehen, dass der Zucker künftig aus Brasilien importiert wird.

Die einwöchige Wintertagung des Ökosozialen Forums steht heuer unter dem Motto „Wer ernährt die Welt?“.  Experten aus mehreren Ländern   werden  in elf Veranstaltungen  verteilt auf die Bundesländer über zentrale Fragen der Landwirtschaft referieren  und  darüber diskutieren.  Die heurige Wintertagung beginnt  am Montagvormittag im Austria Center Vienna (Bruno Kreisky Platz 1, Wien)  mit   dem Thema  Agrarpolitik und Ernährung.

 

 

Kommentare