Kassenfusion in nur acht Monaten: Wie soll das gelingen?
Die wohl größte Baustelle der Republik wird im April eingerichtet: So genannte Überleitungsgremien in den Krankenkassen haben dann acht Monate Zeit, den Totalumbau des österreichischen Sozialversicherungssystems zu organisieren. Bekanntlich sollen die 21 Sozialversicherungsträger in nur noch fünf aufgehen. Die neun Gebietskrankenkassen werden zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) fusioniert, die regionalen Kassenchefs zu Landesleitern degradiert. Neu formiert wird die Kasse für Selbstständige (Gewerbe und Bauern). Die Kasse für den Öffentlichen Dienst, die Unfall- sowie die Pensionsversicherung bleiben.
Start am 1.1.2020
Ab 1. Jänner 2020 soll das Mega-Projekt abgeschlossen sein. „Ein sehr sportlicher Zeitplan“, kommentiert Hauptverbandschef Alexander Biach. Bekanntlich ist die Fusion der gewerblichen Sozialversicherung (SVA) mit den Bauern schon einmal an der Komplexität gescheitert. So wollen etwa die Bauern ihr pauschales Beitragssystem, das sich an den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes richtet, unbedingt erhalten.
Damit bei den Krankenkassen nicht das Chaos ausbricht oder Patienten gar auf Leistungen verzichten müssen, bleiben die bisherigen Strukturen mit dem Hauptverband als Dachorganisation bis Ende 2019 bestehen. „Bei laufendem Betrieb wird bis Jahresende eine Parallelstruktur aufgebaut“, sagt Biach zum KURIER. Bis dahin bleibe er auch an der Spitze des Hauptverbandes und werde die Zeit nutzen, um bereits eingeleitete Reformen voranzutreiben. Sein Lieblingsthema: Leistungsharmonisierung.
Therapie auf Kassa
Heuer konnten 24 verschiedene Kassenleistungen harmonisiert werden, etwa Selbstbehalte für Zahnspange, Zahnersatz, Hörgeräte und Psychotherapie. Die Therapien, neben Psycho- auch Physio-, Ergo- und Logotherapie, soll es künftig in ganz Österreich vermehrt zur Gänze als Kassenleistung geben. Dazu bedarf es noch eines Gesamtvertrags mit den Ärzten. „Dann hätten wir so ziemlich alle Kassenleistungen harmonisiert“, so Biach.
Große Unterschiede gibt es freilich noch zu den Leistungen der Beamtenversicherung, die auch nach der Reform bestehen bleiben. Ein Durchbruch gelang heuer beim elektronischen Gesundheitsakt (ELGA), 2019 soll das elektronische Rezept Wirklichkeit werden. Ab voraussichtlich Herbst wird die eCard mit Foto ausgestattet.
Neues Meldesystem
Für Betriebe kommt ab Jänner das neue SV-Meldesystem für die Lohnverrechnung. Künftig ist für jede versicherte Person monatlich nur eine Beitragsgrundlagenmeldung zu übermitteln. Damit soll die derzeitige Meldevielfalt für Arbeitgeber mit zig Änderungsmeldungen deutlich reduziert werden. „Das bringt weniger Aufwand für Unternehmen und die Versicherten haben ihr Pensionskonto immer auf dem aktuellsten Stand“, erläutert Biach.
Der Hauptverband selbst geht 2020 in den neuen Dachverband über. Zehn der 14 Aufgaben bleiben aber erhalten. So wird der Pharma-Rahmenvertrag zu den Medikamentenpreisen weiter zentral verhandelt. Ob Biach auch dem Dachverband angehören wird, lässt er offen. Sein Wunsch an die Politik: „Dass wir heuer in Ruhe arbeiten und die Strukturen funktionsfähig neu gestalten können.“
Kommentare