Austriacard-Chef: "Die Karte hat noch lange nicht ausgedient"

Austriacard-CEO Manolis Kontos
Zusammenfassung
- Austriacard sieht trotz wachsender Mobile-Payment-Lösungen weiterhin hohe Nachfrage nach physischen Karten
- Wachstumstreiber sind Neobanken und umweltfreundliche Materialien; Austriacard hält 50% Marktanteil im europäischen Fintechmarkt.
- Österreichs Gesundheitskarte eCard gilt als Exportschlager, und Austriacard sieht Wachstumspotenzial in den USA sowie Nord- und Ostafrika.
Smartphone gegen Karte, wer gewinnt das Duell um’s mobile, kontaktlose Bezahlen? Die Verbreitung von Mobile-Payment-Lösungen am Handy steigt rasant, doch die Karte habe deshalb noch lange nicht ausgedient, glaubt Manolis Kontos, Vorstandschef der Austriacard Holdings. „Auch wenn sie mit dem Handy bezahlen, werden die Menschen weiterhin physische Karten besitzen“, ist Kontos überzeugt.
Die Nachfrage werde auch in den nächsten Jahren vorhanden sein, wenn auch nicht mehr ganz so hoch. Dem Kartenmarkt wird ein jährliches Wachstum von 4 bis 5 Prozent vorhergesagt. Die Mengen sind aber immer noch beachtlich. So wurden im Vorjahr allein in Europa mehr als 500 Millionen Visa- und Mastercard ausgegeben.

Austriacard ist ein führender Anbieter für sichere Kartenlösungen aller Art wie Bankomat- und Kreditkarten, Personalausweise, Zugangs- oder Gesundheitskarten (eCard). Die Mehrheit an der ehemaligen Tochter der Österreichischen Nationalbank (OeNB) wurde 2007 an die börsenotierte griechische Inform Lykos verkauft. Aus der Verschmelzung entstand die Austriacard Holdings mit drei Sparten, 2023 erfolgte das Zweitlisting in Wien.
Wachstumstreiber für die Austriacard sind derzeit Neobanken wie N26 oder Revolut, die zur Kundengewinnung oder -bindung gerne physische Karten ausgeben. „Hier geht es um hübsche Designs, nette Features oder zusätzliche Benefits mit der Karte“, sagt Kontos zum KURIER. Austriacard habe rund 50 Prozent Marktanteil in Europas Fintechmarkt.

Der Trend am Kartenmarkt geht neben immer neuen Funktionalitäten und Datenanalyse auch hin zu mehr Umweltschutz durch neue Materialien wie Metall, Holz oder Getreideverbindungen sowie Recycelbarkeit. Der Halbleiterkonzern Infineon stellte kürzlich ein Chipmodul vor, das keine zusätzlich verbaute Antenne aus Kupferdraht mehr benötigt. Das Modul kann dadurch einfach aus der Plastikkarte herausgebrochen und getrennt entsorgt werden. Austriacard arbeite gemeinsam mit Infineon an Recycling-Lösungen, sagt Kontos.
Kartenfirma
Die Austriacard Holdings AG ging 2007 aus der Fusion der Ex-Nationalbank-Tochter Austriacard mit der griechischen Inform Lykos hervor, die 1897 gegründet wurde. Seit 2023 notiert Austriacard auch an der Wiener Börse.
2.500 Mitarbeiter
Austriacard ist in neun Ländern präsent und beschäftigt 2.500 Mitarbeiter, davon 230 in Wien. Rund 130 Mitarbeiter sind in der Forschung und Entwicklung tätig. Im ersten Halbjahr 2024 betrug der Umsatz 192 Mio. Euro (+7 %), das operative Ergebnis stieg um 11 Prozent auf 28,8 Mio. Euro.
eCard als Exportschlager
Das in Österreich am weitesten verbreitete Produkt aus dem Hause Austriacard ist wohl die Gesundheitskarte eCard. Kontos kann sich noch weitere Sicherheitsfeatures auf der Karte, etwa biometrische Identifizierung, vorstellen. Auch viele automatische Auswertungen und Analysen seien möglich. Diese einzuführen, sei aber Sache des Auftraggebers. Man sei in regelmäßigem Austausch.
Österreich sei jedenfalls durchaus ein „Frontrunner“ in Sachen Digitalisierung des Gesundheitssystems, berichtet der Austriacard-Chef. Es gehe hier ja nicht nur um die Karte, sondern um das ganze System, also die Plattform drum herum. Andere EU-Länder wie Deutschland und vor allem Griechenland würden aktuell Österreich zum Vorbild nehmen und ein ähnliches System einführen wollen. Austriacard hofft hier natürlich auf Aufträge.

Ein relativ neues, ausbaufähiges Geschäftsfeld sind Bezahlkarten für Asylwerber, wie es sie in manchen EU-Ländern oder in Großbritannien schon gibt. Auch in einigen österreichischen Bundesländern wurden inzwischen entsprechende Sachleistungskarten ausgegeben, um zu verhindern, dass die Flüchtlinge Geld ins Ausland überweisen. Mit der Karte könne nicht nur bezahlt werden, so Kontos, sie ermögliche auch genaue Datenauswertungen und Analysen, um nachzuvollziehen, dass die Karte auch wie vorgesehen eingesetzt werde.
Austriacard ist derzeit in neun Ländern aktiv, wobei Zentral- und Osteuropa die Hauptmärkte sind. Wachstumspotenzial sieht Kontos vor allem in den USA, aber auch in den Ländern Nord- und Ostafrikas, wo die Kartenmärkte noch unterentwickelt seien, sowohl bei Zahlungs- als auch Identitätskarten wie Ausweise oder Gesundheitskarten.
Börsenotiz in Wien
Das Unternehmen notiert seit Ende 2023 auch an der Wiener Börse, die Performance ist jedoch mau. „Wir sind hier in Wien für internationale Investoren zu wenig sichtbar. Aber wir versuchen gerade, dies zu ändern“, so Kontos.
Kommentare