Solo-Unternehmerin: „Einen genauen Plan habe ich nicht“

Der Hundeausstatter „Paulis“ hat seit Montag zu, man konzentriert sich auf die Produktion
Die Corona-Krise bedroht die Existenz vieler Selbständiger. Drei Solo-Unternehmerinnen schildern ihre Situation.

Hundeausstattungsgeschäft Paulis: „Wir sind auf Umsatz angewiesen“

Solo-Unternehmerin: „Einen genauen Plan habe ich nicht“

Sylvia Leinwather, Günther Guttmann und Hund Pauli in ihrem Geschäft

Das „Paulis“ hat seit Montag zu, man konzentriert sich auf die Produktion

Sylvia Leinwather und Ehemann Günter Guttmann führen gemeinsam  das „Paulis“, ein bekanntes Hundeausstattungsgeschäft im 19. Bezirk in Wien. Seit Montag ist das Paulis zu. „Wir dürften zwar Futter verkaufen, aber das rentiert sich nicht.“ Außerdem will man sich an die Verordnungen halten: „Es ist empfohlen, dass man nicht rausgeht. Ein Hundebett oder ein Halsband zu kaufen, wäre jetzt Luxus. Wir bleiben also zu.“ Außerdem würde sowieso niemand kommen.

Die Situation:Günther und ich sind von einem Tag auf den anderen bei Null Einkommen. Und das bei laufenden Kosten: Sozialversicherung, Einkommenssteuer, Versicherungen, Miete und alle anderen Fixkosten gehen weiter. Wir müssen auch noch Lieferanten bezahlen, die jetzt fällig werden. Dadurch, dass wir ein Kleinstunternehmen sind, sind wir auch jeden Tag auf Umsatz angewiesen. Ich schätze, dass wir drei, vier Wochen durchhalten können. Mehr wird wohl nicht gehen“, sagt Sylvia Leinwather.

Der weitere Plan? Sylvia Leinwather: „Wir warten ab, man weiß ja nicht, wie lange das dauert. Wir werden weiter produzieren,  ich hoffe, dass danach wieder alles möglichst schnell anläuft. Ich bemühe mich, von einem Tag zum anderen zu denken. Es ändert sich ja auch ständig alles.“

Wie gehen Sie damit um? „Ich falle von ’Wir werden das schon machen’ bis hin zu „Oh mein Gott, wie soll das gehen?’. Das stationäre Geschäft ist bei uns alles, der neue Online-Shop nur ein Zubrot.  Wir machen gerade  auf Lager, um zu produzieren. Wir hängen am Fernseher und vertrauen auf die Regierung. Die machen, was notwendig ist. Ich vertraue auch darauf, dass wir Hilfe bekommen, so wie das angekündigt ist.“

Architektin: „Einen genauen Plan habe ich nicht"

Solo-Unternehmerin: „Einen genauen Plan habe ich nicht“

Ursula Mörtls Business-Modell lässt sich nur schwer online auslagern

Ursula Mörtl (36) hatte sich eigentlich auf volle Terminkalender eingestellt

Ursula Mörtl ist Raum-Balance-Architektin und seit drei Jahren Vollzeit-Solo-Unternehmerin. Sie gestaltet Räume zum Wohnen und Arbeiten nach Feng Shui u.a. in Unternehmen, Geschäften, Lokalen und Privathäusern.  Für ihre Arbeit sind allerdings Erstgespräche mit den Kunden, verbunden mit gemeinsamen Raumbegehungen nötig. Für die kommende Zeit undenkbar.

Die Situation: „Aufgrund der Schutzmaßnahmen der Regierung wurden große und wichtige Messen im Wohn- und Interieur-Bereich abgesagt oder verschoben. Auch die Workshops zu denen ich mich angemeldet habe, wurden allesamt abgesagt. Für mich waren diese Termine sehr wichtig. Als Selbstständige muss ich mich präsentieren und vernetzen, über Großveranstaltungen lerne ich neue Kunden kennen und lukriere Aufträge. Bestehende Aufträge wurden jetzt zwar nicht abgesagt, aber sehr weit nach hinten verschoben.“

Der weitere Plan: „Manche EPU können ihre Dienstleistungen teilweise online auslagern und vielleicht so etwas Einkommen generieren. Mein Business-Modell funktioniert online nicht. Ich baue meine Kontakte Face-to-Face auf, zudem muss ich die Räume, die ich umgestalten soll,   betreten. Als Raum-Balance-Architektin ist das Raumgefühl  und die Atmosphäre natürlich essenziell. Beides kann ich nicht mehr tun. Ich muss jetzt meine Strategie ändern und versuchen, Online- und Telefonberatung anzubieten.“

Wie gehen Sie damit um? „Eigentlich war ich als Selbstständige auf eine hektische Zeit eingestellt, aufgrund all der Termine und Veranstaltungen. Jetzt kommt das genaue Gegenteil. Mein Kalender ist leer. Einen genauen Plan, wie ich mit der neuen Situation umgehen soll, habe ich noch nicht.

Da ich mir nicht vorstellen kann, wie lange diese Krise andauert, rechne ich für die kommenden Wochen mit starken Einbußen. Genügend Rücklagen habe ich zwar, aber wer rechnet schon damit, dass die gesamte Wirtschaft um einen herum runterfährt? Mit Ratgebern, was man als Ein-Personen-Unternehmerin aus so einer Krise lernen kann, beschäftige ich mich jedenfalls nicht. An diesem Punkt bin ich noch nicht.“  

Masseurin: „Seit Montag im Zwangsurlaub“

Solo-Unternehmerin: „Einen genauen Plan habe ich nicht“

Regina Komaretho ist selbstständige Masseurin in Wien

Massieren kann Regina Komaretho (53) die nächsten Wochen nicht mehr

Regina Komaretho ist seit vier Jahren selbstständige Masseurin. Seit Mai 2019 ist sie in der Praxis eines  Wiener Orthopäden eingemietet, wo sie einen Massageraum eingerichtet hat. Seit Montag bleibt die Praxis – und damit auch ihr Massageraum – wegen der Schutzmaßnahmen für die nächsten zwei Wochen geschlossen.   

Die Situation: Wie sehr Regina Komaretho von der Gesundheitskrise betroffen sein würde, war ihr nicht sofort bewusst, erzählt sie im KURIER-Gespräch. „Als ich in der vergangenen Woche von einer Kundin gefragt wurde, wann ich schließen würde, hat mich das eigentlich überrascht.  Ich habe zwar gemerkt, dass mein Buchungskalender nicht wie sonst ausgelastet war, habe mir aber nicht wirklich was dabei gedacht“, so Komaretho. „Dann ging alles sehr schnell, Termine fielen aus, mein voller Freitag war von einem auf den anderen Tag leer. Sechs Kunden haben abgesagt.“

Der weitere Plan: Regina Komaretho: „Ich bin seit Montag zu Hause und sozusagen im Zwangsurlaub. Im Moment informiere ich meine Kunden über die Situation, weiß aber noch nicht, wie lange wir wirklich geschlossen sein werden. Ansonsten putze ich viel, probiere neue Rezepte aus und mache all das, wozu man eben nie kommt.“

Wie gehen Sie damit um?„Wirtschaftlich ist es natürlich schmerzhaft. In einem normalen Monat habe ich zwischen 20 und 30 Kundentermine, jetzt habe ich plötzlich null Einkommen. Die Miete für den Massageraum muss aber weiterhin gezahlt werden, das heißt, ich komme ins Minus.  Ich befürchte zudem, dass es in meinem Bereich länger braucht, bis er sich wirtschaftlich erholt hat.

Nach einer Krise leisten sich die Leute nicht sofort den Luxus einer Heilmassage. Diese Krise muss ja von allen erst verdaut werden. Schmerzhaft für mich ist auch, dass ich diesen August das erste Mal seit vier Jahren Urlaub gemacht hätte – daran ist jetzt nicht mehr zu denken. Wie lange der Ausfall andauern wird, weiß keiner. Allerdings müssen jetzt viele unter dieser Unsicherheit leiden, die Regenwolke ist überall.“

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