Corona: Wie geht es Österreichs Selbstständigen?

Leer – auch die Mariahilfer Straße. Für viele Betriebe beginnt jetzt der Überlebenskampf
Selbstständige trifft die Corona-Krise besonders hart. Über Härtefonds und Hilfen für Österreichs Kleinstbetriebe.

Seit knapp einer Woche ist Österreich im Stillstand. Das Land wurde komplett auf Notbetrieb heruntergefahren, sämtliche Geschäfte in nicht alltagsnotwenigen Branchen sind geschlossen. Die Einkaufsstraßen sind ausgestorben, Restaurants und Bars verriegelt, der Konsum so niedrig wie lange nicht.

Für die Wirtschaft bedeutet das einen enormen Verlust, Selbstständige und Freiberufler trifft es besonders hart. Friseure, Fotografen, Grafiker, Unternehmensberater oder Schauspieler – vielen von ihnen brachen die Aufträge von einem Tag auf den anderen vollständig weg. Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und Miete aber laufen weiter. Sie stehen vor einem finanziellen Loch.

Geld für die Wirtschaft

Während größere Firmen recht rasch auf eine Neuregelung von Kurzarbeit zurückgreifen oder auf Unterstützung bei Mitarbeiterfreistellungen wegen Kinderbetreuung zählen können – hier wird ein Drittel des Sonderbetreuungsentgelts vom Staat übernommen – sind Solo-Selbstständige auf sich allein gestellt.

Zwar wurde von der Regierung ein 38 Milliarden Euro schweres Corona-Krisenpaket für die Wirtschaft geschnürt, davon 15 Milliarden als Nothilfe für die am meisten betroffene Branchen. Dieses, sowie die von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) bereitgestellten Überbrückungsgarantien, richten sich primär an Leitbetriebe, gewerbliche und industrielle Klein- und Mittelunternehmen (KMU).

Härtefonds für EPU

Auch für Ein-Personen-Unternehmen (EPU) werde es „Cash on the hand geben“, versprach Vizekanzler Werner Kogler am Montag im Ö1-Journal. Er wisse, viele Selbstständige arbeiten im Prekären.

Zwei Härtefonds für Familien- und Kleinstbetriebe wurden angekündigt, weil „diese Gruppen weder Kurzarbeit noch Garantien beanspruchen können.“ Wie hoch das Bugdet der Härtefonds für EPU ausfällt, wurde erst gestern nach Redaktionsschluss bekanntgegeben.

(Nachtrag: Seit Freitag Vormittag ist bekannt: Der Härtefonds sieht 1 Milliarde Euro für EPU vor. Ansprechpartner und Abwickler wurde die Wirtschaftskammer beauftragt.)

20 Millionen in Wien

Auf Bundesländerebene wurde schneller reagiert. Die Stadt Wien und die Wirtschaftskammer Wien richteten für EPU und Familienbetriebe einen Notlagenfonds in Höhe von 20 Millionen Euro ein, für Mietzuschüsse und einen Ausgleich der Umsatzausfälle.

Voraussetzungen für die nicht rückzahlbaren Zuschüsse: es gibt seit mindestens zwei Jahren eine Gewerbeberechtigung, der Ausfall ist Corona-bedingt und der Umsatzrückgang muss im Zeitraum vom 1.3.2020 bis 31.7.2020 stattgefunden haben.

Begrenzt ist der maximale Förderzeitraum auf fünf Monate. EPU-Beauftragte der Wirtschaftskammer (WKO) verweisen auf weitere Hilfestellungen: Bereits jetzt sei es für Selbstständige mit Liquiditätsengpässen möglich, eine Stundung bzw. Ratenzahlung der Steuern zu beantragen, auch Stundungen der Sozialversicherungsbeiträge seien möglich.

EPU-Rettungsschirm gefordert

Die Krise trifft Österreichs Kleinstbetriebe hart. Die rund 315.900 Selbstständigen machen gut 60 Prozent der heimischen Unternehmen aus.

Ihr Wirtschaftsfaktor ist mit rund acht Milliarden Euro pro Jahr nicht von der Hand zu weisen. Laut WKO ist die Bruttowertschöpfung vergleichbar mit der Wirtschaftsleistung des Burgenlandes.

Eine Online-Petition fordert nun einen eigenen EPU-Rettungsschirm in Form eines Ausgleichsfonds, der Solo-Unternehmer und Freiberufler für abgesagte Auftritte oder Aufträge entschädigt, sowie einen zweiten Fonds für Kredite, bei dem sich EPU bis zu 5.000 Euro pro Person mit einer Laufzeit von fünf Jahren holen können.

Flucht ins Digitale

Die Lage sei über alle Branchen sehr angespannt, heißt es auch von der WKO. Vor allem bei jenen, die in direkten Kundenkontakt stünden wie Fußpfleger, Kosmetikerinnen, manche Gewerbebetriebe, Sport- und Freizeitveranstalter. Viele versuchen ihre Dienstleistung zu digitalisieren und neu konzipieren.

„Die Krise macht erfinderisch“, sagt eine Mitarbeiterin der WKO. So stellen Yoga-Lehrer nun ihre Übungen als Videoclip ins Netz, Psychologen therapieren über Web-Sitzungen, Unternehmensberater sind über Videochat erreichbar.

Wer kann, flieht ins Digitale. Dennoch prasseln tausende Fragen besorgter Unternehmer auf den Infopoint der WKO ein. Aber auf die wichtigste hat auch die Behörde keine Antwort. „Keiner weiß, wie lange es so weitergeht.“

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