Sie ist selber schuld
Sollten Sie Marissa Mayer hassen?" Das fragte Mitte Juli die US-Kolumnistin Amy Keyishian im Forbes Magazin. Die Google-Managerin, Stanford-Absolventin, jung, erfolgreich und auch noch hübsch, erdreistete sich, im sechsten Monat schwanger, neue CEO von Yahoo zu werden. Und verkündete, gleich nach dem Mutterschutz wieder arbeiten zu wollen. Eine, die es mit Kind sowieso nicht schaffen werde, Yahoo weiterzubringen, unkten Kritiker. Doch Marissa Mayer hat es bis hierher geschafft – trotz allem. Und sie hat das nötige Kleingeld für ein Kindermädchen.
Immer mehr Autorinnen, oft mit Führungserfahrung, propagieren: Karriere machen wie Marissa könnt ihr auch. Und ihr seid selber schuld, wenn ihr es nicht schafft. Nach der Kampfschrift "Die Feigheit der Frauen" der ehemaligen taz-Chefin Bascha Mika und Barbara Bierachs "Das dämliche Geschlecht" folgt nun Anke van Beekhuis mit "Power sucht Frau" (siehe Interview mit der Autorin).
Fürs Protokoll: Die Erschwernisse für Frauenkarrieren sind hinlänglich bekannt. Es gibt zu wenig Kinderbetreuungsplätze, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bleibt letztlich an den Frauen hängen, noch immer verdienen sie bei gleicher Qualifikation weniger, Männer stellen eher Männer ein, Frauen bleiben weiterhin von den exklusiven männlichen Seilschaften ausgeschlossen. So weit, so schlecht.
Die gute Nachricht: Die Rahmenbedingungen kann die Einzelne nicht ändern, sich selbst und ihr Umfeld aber schon. Denn obwohl längst nicht alles für die Gleichstellung getan ist, ist die Lage besser denn je. Firmen setzen zunehmend auf Frauenförderung, Konzerne legen sich interne Frauenquoten auf, bieten flexible Arbeitszeiten an. All das nutzen Frauen zu wenig – und sind selbst schuld, wenn sie es nicht schaffen, sagt Anke van Beekhuis. Studienergebnisse untermauern das:
Sie spielt fleißiges Lieschen Laut Arbeitsklimaindex fühlt sich jede dritte erwerbstätige Frau bei der Beförderung übergangen. Frauen konzentrieren sich eher darauf, ihre Leistung zu perfektionieren, als sie und sich gut zu verkaufen. Schließlich wird Herr Mayer, als Mitarbeiter durchschnittlich aber perfekt im Selbstmarketing, befördert. Und frau wird übergangen.
Sie scheut Verantwortung Weit weniger Frauen als Männer streben eine Führungsposition an. Das zeigt die Studie "Führungsmotivation im Geschlechtervergleich" der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, die 700 Studierende der Geisteswissenschaften befragte. Das Ergebnis: Frauen hatten die bessere Studienleistung, aber auch geringere Führungsmotivation als Männer. Die Forscher fanden auch heraus, dass Frauen mit Führungsmotivation eher eine Gehaltserhöhung bekamen als eine höhere Position – im Gegensatz zu Männern. Die Ursache liege in der Sozialisation: "Männer integrieren Führung von Kindheit an stärker in ihr Selbstkonzept als Frauen", sagt Forscherin Gwen Elprana. In einer Folgestudie befragte sie 17 Führungsfrauen zu den größten Stolpersteinen: Selbstdarstellung und Netzwerken seien eine ständige Herausforderung, Frauen müssten sich mit aggressiven Machtspielen und sexueller Diskriminierung herumschlagen.
Sie hat Selbstzweifel Der Schlüssel für den Aufstieg ist das Selbstbewusstsein. Studien zeigen: Frauen haben mehr Selbstzweifel als Männer, sind selbstkritischer. Die deutsche Psychologin Monika Henn befragte für ihr Buch "Die Kunst des Aufstiegs" 125 Top-Führungsfrauen. Und erkannte: Sie hatten hohes Selbstbewusstsein, zeigten deutlich mehr Eigeninitiative als andere Frauen. Trotzdem berichteten sie von Selbstzweifeln.
Sie will wenig Studien belegen: Frauen erwarten sich weniger Gehalt, verhandeln weniger oft, und wenn sie es tun, setzen sie die Summen niedriger an als Männer.
Sie will an den Herd Und zwar noch lieber als vor zehn Jahren, wie eine aktuelle Spectra-Umfrage ergeben hat. 51 Prozent der befragten Frauen befürworten die traditionelle Rollenverteilung – 2005 waren es nur 41 Prozent. Vielleicht ein Zeichen von Resignation, denn 78 Prozent finden, dass es Männer im Job leichter hätten. Die Frauen nehmen ihre Männer auch zu wenig in die Pflicht: 71 Prozent finden, Männer übernehmen nur den angenehmen Teil der Kinderbetreuung.
Sie will perfekt sein Perfekte Mutter, Ehefrau, Karrierefrau – das alles geht sich nicht aus. Frau muss lernen, ihre Ansprüche an sich selbst runterzuschrauben, zu delegieren. Privat und beruflich.
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