Refurbed-Gründer: "Nur zehn Prozent bringen alte Handys zurück in den Kreislauf"
Die Online-Plattform refurbed bekam soeben ihr größtes Investment. Was das Start-up jetzt plant und warum alte Handys in der Schublade ein Problem sind.
Während viele über zurückhaltende Investoren klagen, holte sich die Online-Plattform refurbed jetzt 54 Millionen Euro frisches Kapital. „Weil wir mit unserer Mission überzeugen“, erklärt Co-Gründer Peter Windischhofer.
KURIER: Die Mission war, ein „gutes Amazon“ zu werden. Ist das noch aktuell?
Peter Windischhofer: Ja, immer noch. Mittlerweile haben wir es verfeinert. Wir wollen das gute Amazon für die Kreislaufwirtschaft werden, möglichst viele Produktkategorien anbieten und großen Herstellern ermöglichen, in die Kreislaufwirtschaft einzusteigen. Viele Hersteller wissen, sie müssen etwas machen, aber wissen oft nicht wie. Dafür stehen wir als Brückenbauer zur Verfügung. Wir arbeiten direkt mit AEG, De’Longhi und Kärcher zusammen, damit deren Produkte refurbished und direkt über uns verkauft werden.
Was passiert jetzt mit Ihrem Rekord-Investment?
Wir wollen den Kurs, den wir eingeschlagen haben, fortführen, geografisch in Europa sowie profitabel wachsen, indem wir in unsere Bestandsmärkte investieren. In Deutschland ist noch viel Potenzial, aber auch in Österreich. Auch unser Angebot möchten wir erweitern. Wir haben mit Handys gestartet, jetzt haben wir Sportartikel wie E-Bikes oder Ski auf der Plattform. Das geht überraschend gut.
Der Plan für nachhaltige Mode gilt auch immer noch?
Das haben wir vergangenes Jahr getestet, nur hat das leider nicht funktioniert. Weil die Auswahl nicht groß genug war und die Preise zu hoch.
Ist der Preis immer noch der größere Treiber für Konsumenten oder der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit?
Beides. Es ist die Kombination aus sparen und gleichzeitig etwas Nachhaltiges tun, das die Produkte attraktiv macht. Den Menschen ist es wichtig, einen weniger schlechten Einfluss auf die Umwelt zu haben, und das ist bei unseren Produkten zweifelsfrei der Fall. Man spart etwa 80 Prozent CO2.
Wie viel günstiger müssen gebrauchte Modelle sein, damit nicht auf das Neue gesetzt wird?
Es beginnt bei 20 Prozent, die meisten haben um die 30 bis 40 Prozent Preisunterschied.
Wann haben Sie selbst Ihr letztes neues technisches Gerät gekauft?
Wenn man es auf die Produkte eingrenzt, die es auf der Plattform gibt, habe ich seit der Gründung nichts mehr neu gekauft. Ich bin selbst einer meiner besten Kunden. Aber noch bevor wir Fernseher im Angebot hatten, habe ich einen für meine Wohnung gekauft. Und eine Retro-Konsole. Die gibt es refurbished einfach nicht.
Woher beziehen Ihre Händler die Produkte?
Firmen sind der größte Kanal. Was immer weiter wächst, sind die Produkte von Konsumenten. Es gibt Schätzungen, dass nur zehn Prozent der Menschen ihre Handys wieder zurück in den Kreislauf bringen. Weil die meisten sie in der Schublade liegen lassen und das jahrelang. Wichtig wäre aber, sie so schnell wie möglich wieder in den Markt zu bringen, weil sie sonst nicht mehr attraktiv sind.
Die meisten lassen ihre Handys in der Schublade liegen und das jahrelang. Wichtig wäre aber, sie so schnell wie möglich wieder in den Markt zu bringen.
von Peter Windischhofer
Die Sorge ist vermutlich, dass heikle Daten abgegriffen werden könnten.
Genau, das ist der wichtigste Punkt. Deshalb haben wir ein neues Produkt kreiert, wo man als Konsument oder Konsumentin ausfüllen kann, welches Gerät man zu Hause hat und bekommt dann einen Fixpreis genannt. Akzeptiert man diesen, wird das Produkt eingeschickt und alle Daten von uns oder unseren Partnern auch wirklich gelöscht.
Was passiert mit den Geräten bevor sie in den Weiterverkauf gehen?
Da gibt es einen standardisierten Prozess, der mindestens 40 Schritte hat. Das Produkt wird zur Gänze getestet, sowohl außen als auch das Innenleben. Ob jeder einzelne Pixel funktioniert, der Akku den Stresstest besteht, alle Stecker funktionieren.
Sind die meisten Geräte überhaupt defekt oder wird Neues gegen Neues getauscht?
Das meiste funktioniert, im Durchschnitt wird circa eine Komponente ausgetauscht. Die Batterie oder der Bildschirm sind der Klassiker.
Wer sind Ihre Händler?
Wir haben rund 250 Händler auf der Plattform und arbeiten nur mit großen professionellen Firmen zusammen, die alle im Zentrum der EU sind. Es sind keine kleinen Handy-Shops darunter, weil diese die Qualität nicht garantieren können.
refurbed verkauft erneuerte Elektronik-Produkte wie Handys, Haushaltsgeräte und E-Bikes
Derzeit ist die Plattform in sieben Ländern aktiv und hat 300 Mitarbeiter
Eine Milliarde Euro haben Konsumenten bereits auf refurbed ausgegeben (= Außenumsatz)
116 Millionen Euro hat refurbed von Investoren bislang eingesammelt
Das Gründer-Trio hält 30 Prozent Anteile
Refurbed zählt jetzt schon zu den großen Erfolgsgeschichten der heimischen Start-up-Szene. War immer klar, dass die Idee zündet?
Je nachdem, wen man fragt. Für uns als Gründer war die Hoffnung und Ambition da, dass es so groß wird. Aber es gab schon viel Gegenwind, warum das ein Geschäft sein soll, neben unserem positiven Einfluss als Firma selbst. Mittlerweile gibt es bestimmt einige, die bereuen, nicht gleich am Anfang investiert zu haben.
Wer ist die größte Konkurrenz?
Die Konkurrenz ist sehr vielfältig bei uns. Durch die großen Elektroeinzelhändler, die Marken, Amazon oder die Telekommunikationsanbieter. Im refurbished-Markt gibt es international schon einige Player, in Österreich sind wir glücklicherweise die Einzigen.
Heuer knackte refurbed zwar noch nicht die Milliarden-Marke in seiner Bewertung, aber in seinem Außenumsatz. Wie groß kann das Geschäft noch werden?
Wir wollen es konsequent weitertreiben. Die Finanz-Kennzahlen sind wichtig, aber am Ende geht es darum, den Konsum, den wir aktuell haben, zu verändern. Wir wollen eine Plattform aufbauen, wo man als Konsument alle möglichen Produkte bekommt und das in der nachhaltigsten Art und Weise. Uns als Gesellschaft fehlt das, obwohl viele gerne nachhaltig leben wollen.
Refurbed gilt als Einhorn-Anwärter. Wie wichtig ist es, eines zu werden?
Das ist uns ehrlicherweise egal. Man hat im vergangenen Jahr gesehen, dass das viele Unternehmen geschafft haben. Aber wenn man sich die Bewertungen ansieht und vergleicht, wo der Markt aktuell steht, dann waren diese vielleicht übertrieben.
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