Männer folgen auf Managerinnen: Der Verlust der weiblichen Vorbilder
Es ist ein Bild mit viel Symbolkraft. In der Karrieremeldung der Magenta Telekom, verschickt im vergangenen Sommer, ist COO Maria Zesch zu sehen. Hinter ihr, quasi im Rücken, der Mann, der ihren Posten übernehmen wird.
Es steht für eine Auffälligkeit, die sich, trotz allem Bekenntnis der Wirtschaft zur Diversität, abzeichnet: Frauen in Vorständen, die ihren Posten verlassen, werden oftmals mit Männern nachbesetzt. So folgte auf Dorothee Ritz als General Managerin bei Microsoft Österreich Hermann Erlach. Auf den Geschäftsführer-Sessel von Viera Juzova bei Ikea Österreich wurde Alpaslan Deliloglu platziert. IBM Österreich ersetzte Patricia Neumann als Österreich-Geschäftsführerin mit Marco Porak. HP besetzte die Stelle der Geschäftsführung in Österreich nach Michaela Novak-Chaid mit Michael Smetana.
Es sind Frauen, die aufgrund ihrer hohen Positionen in wirtschaftsstarken Unternehmen Vorbilder sind. Sie fallen auf, weil es von ihnen so wenige gibt. Sie werden geladen, um Männerpodien bunter zu machen. Sie sind in den Medien präsent. Wenn auf eine von ihnen ein Mann folgt, hat das große Wirkung.
Es sind kaum mehr als zwei Hände nötig, um die Anzahl weiblicher Vorstandsmitglieder in Österreichs börsennotierten Unternehmen zu zählen. Laut Mixed Leadership Barometer von Ernst & Young sind nur 14 von 192 Vorständen weiblich. Diese Zahl ist zum Stichtag 1. August 2021 im Vergleich zum Jahresanfang sogar noch gesunken – um eine Frau. Das mag nicht dramatisch klingen, weil es aber so wenige gibt, fällt diese eine Frau stark ins Gewicht. Es ergibt einen prozentuellen Rückgang bei weiblichen Vorstandsmitgliedern von 7,9 Prozent auf 7,3 Prozent.
Der „Trend“, dass Managerinnen durch Männer ersetzt werden, lässt sich anhand dieser Zahlen zwar (noch) nicht quantifizieren. Sie bedeuten auch kein komplettes Verschwinden von Frauen aus dieser Managerebene. Aber die Optik ist keine gute. Die Zahlen geben insgesamt wenig Anlass zu Luftsprüngen in Bezug auf Diversität und Gleichstellung. Auf Vorstandsebene stagniert die Frauenquote im Bestfall und könnte, wenn das so weiter geht, in der Statistik sogar weiter sinken.
"Das fällt besonders in den vergangen zwei Krisenjahren auf, denn eigentlich haben wir so etwas wie Fortschritt gesehen“, erklärt Christina Wieser, Betriebswirtin von der Arbeiterkammer (AK) und Autorin des Frauen Management Reports. 2012 lag der Frauenanteil in Vorständen noch bei nur 1,7 Prozent.
Dieses Phänomen ist auch in Deutschland zu beobachten. Und wieder mag Corona ein Auslöser dafür sein. Die schwedisch-deutsche AllBright-Stiftung hat für Deutschland festgestellt, dass seit dem Krisenjahr 2020 auf Managerebene wieder vermehrt auf Männer gesetzt wird. „Es scheint einen Rückgriff auf Altbewährtes, Vertrautes zu geben“, erklärt Wieser die Studie. Krisenmanagement scheint in Österreich und Deutschland nach wie vor Männern zugeschrieben zu werden – die beiden Länder fallen besonders negativ auf. Die Hypothese lautet, dass Homogenität ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gibt. Wieser zitiert einen Manager aus einer Studie, der auf die Frage, ob das Geschlecht bei der Besetzung von Führungspositionen eine Rolle spielt, sagt: „Nein, die Person muss aber zur Mannschaft passen.“ Wenn die Mannschaft aber männlich ist und nach Homogenität getrachtet wird, fällt der Managerposten, der nachbesetzt wird – auf einen Mann. Die skurrilen Ergebnisse einer AK-Erhebung 2021 der ATX-Unternehmen, in denen es mehr Männer mit dem Namen Peter in den Vorständen gab, als Frauen, machen das besonders deutlich.
Das Abtreten der Frauen aus prominenten Führungspositionen und der Einzug der Männer erzeugt einen Verlust weiblicher Vorbilder. Der aus der Zeit gefallene Rückgriff auf Männer setzt ein negatives Signal in der Wirtschaft, gerade für junge Frauen. Wieser: „Diese Entwicklung desillusioniert Frauen, die einen Spitzenjob anstreben. Es könnte zu einem Rückzug der weiblichen Ambitionen führen, weil die Role-Models fehlen.“
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