Krisengewinner Parship: Chef-Vermittler über Boom bei Online-Dating

Krisengewinner Parship: Chef-Vermittler über Boom bei Online-Dating
Wie Online-Dating-Portale mit Video-Tools die Romantik wiederentdecken – und so Singles durch die Einsamkeit helfen, erklärt Martin Dobner von Parship im Gespräch mit dem KURIER.

Die Pandemie hat vieles verändert – auch die Art und Weise, wie wir Partnerschaften eingehen. In Zeiten von Lockdowns und Abstandsregeln gar kein leichtes Unterfangen. Dazu kommt, dass mit dem Homeoffice der wichtigste Ort des Kennenlernens wegfiel: der Arbeitsplatz. Immer öfter stillen Singles ihre Sehnsucht nach Nähe und Zweisamkeit via Online-Dating. Worauf es dabei ankommt, und wie sich der Marktführer Parship in zwei Jahren Pandemie verändert hat, hat der KURIER den Senior Director International Martin Dobner gefragt.

KURIER: Herr Dobner, vor allem die Lockdowns haben den Online-Dating-Plattformen wohl noch einen zusätzlichen Boost beschert. Gehört Parship zu den Krisengewinnern?

Martin Dobner: Das ist nicht so einfach zu beantworten. Wir haben auf jeden Fall gesehen, dass sich mit Beginn der Pandemie die Unterhaltungen auf unserer Plattform deutlich verändert haben: Es gab einen klaren Qualitätsschub. Die Nachrichten haben in der Länge zugenommen, und auch die Reaktionszeiten sind schneller geworden. Es ist also nicht zu übersehen, dass die Nutzung auf der Plattform eine andere geworden ist. Wir haben eine Studie gemacht und wissen daher, dass 43 Prozent aller Paare, die sich in den vergangenen zwei Jahren gefunden, einander online kennengelernt haben.

Hat die Pandemie den Kreis der Nutzer und deren Verhalten verändert?

Was etwa die Altersspanne betrifft, hat sich kaum etwas verändert. Interessant war aber das Revival von Desktop-Nutzungen. Parship gibt es ja auch auf dem Smartphone als App, aber durch Homeoffice und Co. haben sich die Menschen wieder mehr vor dem Desktop gefunden. Das ist ein Trend, der weiter anhält. Die Nutzungsschwerpunkte haben sich außerdem auch geändert – und zwar weg vom Wochenende in die Woche hinein. Ich glaube, dass auch Homeoffice dazu geführt hat, dass man zumindest am Wochenende nicht mehr vor dem Rechner sitzen oder ständig das Smartphone dabeihaben möchte.

Im April 2020 hat Parship ein Tool für Video-Dates gestartet, um Singles ein digitales Face-to-Face-Date innerhalb der Plattform zu ermöglichen. Wurde dieses Tool gut angenommen?

Ja. Es gab erfreulicherweise sehr lange Gespräche und die Menschen, die es genutzt haben, haben es sehr regelmäßig genutzt.

Kann es ein reales Date ersetzen?

Nein. Ich glaube auch ganz ehrlich, dass es viele Spaziergeher-Dates gegeben hat. Das war die herkömmlichste Form des Datens innerhalb der vergangenen zwei Jahre.

Wenn man sich erst nach längerem Schreiben und Telefonieren im echten Leben trifft, bringt das eine neue Qualität in Beziehungen?

Man hat sich mehr Zeit füreinander genommen, und das hat qualitativ sicher viel gebracht. Das ist das eine. Das andere ist – wenn man sich andere Segmente anschaut wie Tinder zum Beispiel –, dass kurzfristige „Dinge“ ja kaum möglich waren. Neunzig Prozent sehen Online-Dating übrigens heutzutage als ganz normal an. Ich erinnere mich, als ich vor fast zwanzig Jahren begonnen habe, stand man mit einem Fuß im Rotlichtmilieu. Heute ist das normal.

Haben sich die Auswahlkriterien bei der Partnersuche in Zeiten der Pandemie verändert?

Das wäre mir ehrlicherweise nicht aufgefallen. Wir haben aber auch nicht so viele Suchkriterien. Bei uns gibt es „Alter“ und „Region“. Da hat sich glaube ich nicht viel geändert.

Sie haben also keinen Button eingefügt, ob man geimpft oder ungeimpft ist?

Nein, das war aber eine Zeit lang ehrlicherweise eine Überlegung. Manche haben es gemacht. Aber der Umgang mit Gesundheitsdaten ist ein besonders heikler. Wir haben aber gesehen, dass viele Nutzer dafür die Freitexteinträge in ihren Profilen genutzt und zum Beispiel hineingeschrieben haben: „Ich bin geboostert und teste mich regelmäßig.“ Aber das verpflichtend zu machen, haben wir verworfen. Denn man müsste das dann ja auch kontrollieren, und dann hat man Gesundheitsdaten von Nutzern. Das war nicht unbedingt das, was wir wollten.

Sind durch die Pandemie engere Kontakte wichtiger geworden als zwanglose Begegnungen?

Single sein ist anstrengend – emotional und zeitlich. Der Mensch strebt auch in Beziehungen nach Sicherheit. Ich glaube, es gibt so etwas wie eine Dating-Müdigkeit, eine Sehnsucht, das Suchen hinter sich zu lassen und zu finden. Und wenn man jemanden gefunden hat, wo man das Gefühl hat, dass das der oder die Richtige ist, dann ist es nicht gut, wenn man immer weitersucht. Das versuchen wir auch unseren Nutzern zu vermitteln.

Wird der Boom, den die Online-Singlebörsen gerade erleben, auch nach der Pandemie anhalten?

Ja, die Anzahl der Singles ist weiter angestiegen. Die Generation meiner Großeltern hatte vielleicht in ihrem Leben zwei Partner. Die Generation unserer Kinder wird vielleicht fünf bis 15 ernsthafte Beziehungen haben. Und allein schon aus diesem Effekt wird es immer wieder Phasen geben, wo Menschen auf der Suche sind.

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