Warum Krisen Teams resilienter machen

Warum Krisen Teams resilienter machen
Wegen der Krise standen viele Teams stark unter Druck - aber sie schweißt auch zusammen. Wie Team-Resilienz entsteht, erklärt Arbeitspsychologe Andreas Kremla.

Als resilient werden in der Physik Materialien bezeichnet, die selbst nach hohem Druck wieder ihre ursprüngliche Form annehmen. Diese Eigenschaft lässt sich auch auf den Menschen übertragen: übersteht er große Belastungen oder Krisen, indem er den Optimismus behält und nach neuen Lösungswegen sucht, baut der Mensch Resilienz auf. Irgendwann aber sei auch bei der stärksten Person eine natürliche Grenze erreicht, sagt Arbeitspsychologe Andreas Kremla des Gesundheitszentrums Health Consult. „Ab einem gewissen Zeitpunkt braucht man jemanden. Ich behaupte: Dauerhafte Resilienz baut man nur im Team auf. Gerade während des Lockdowns haben wir gemerkt: wir brauchen einander in Krisen, nur so kommen wir gesund wieder heraus.“

Jammer-Team oder Power-Team?

Umfragen haben gezeigt: Die Corona-Krise scheint Teams und Unternehmen stärker zusammengeschweißt zu haben. 92 Prozent gaben an, auch virtuell zuverlässig mit ihren Kollegen zusammenzuarbeiten und klare gemeinsame Ziele zu verfolgen (82 Prozent). Mehr als die Hälfte (60 Prozent) ist sogar davon überzeugt, dass die Krisensituation Kollegen und Mitarbeiter als Team zusammenschweißt und alle „ein paar Prozent mehr“ geben, um in der Krise bestehen zu können.

„Resiliente Teams erbringen generell bessere Leistungen, sind offener und kreativer“, erklärt Kremla. Man habe gelernt, für andere einzuspringen, um so Arbeitsprozesse aufrechtzuerhalten. Wenig resiliente Teams hingegen würden sich gegenseitig in ihrem Gefühl der Hilflosigkeit bestärken.

Unter der Lupe

In der Corona-Krise wurde die Arbeitswelt gehörig auf den Kopf gestellt. Routinierte Arbeitsprozesse funktionierten nicht mehr, in einigen Branchen musste weitergearbeitet werden, in anderen gab es aufgrund der Homeoffice-Regel wenig Austausch. Nicht wenige Arbeitnehmer wurden in Kurzarbeit geschickt, oder verloren gar ihren Job. „Eine Krise ist wie eine Lupe“, erklärt Psychologe Andreas Kremla. „Werden Menschen einer hohen Belastung ausgesetzt, lässt diese ganz genau erkennen, was in der Zusammenarbeit gut abläuft und was nicht.“

Stärke kommt in Phasen

Nachdem der erste Schock überwunden wurde, komme die Phase des Zusammenhalts, so der Experte. „Unser Urinstinkt wird wach, ganz nach dem Motto: gemeinsam gegen den Feind.“ In der dritten Phase zeigen sich die Krisenbewältigungsstrategien im Team: Wie tauscht es sich aus? Welche Möglichkeiten der Absprachen werden gefunden? Wird über Sorgen und Ängste gesprochen? „Es werden die gesunden Kräfte offengelegt, aber auch die Schwachpunkte“, sagt Kremla.

„Gab es zwischen zwei Kolleginnen oder Kollegen bereits vor der Krise zu Unstimmigkeiten, können diese zu massiven Konflikten werden.“ Wie die vierte Phase verlaufen wird, kann Andras Kremla nur vermuten. „Forschung, wie man aus einem Lockdown kommt, gibt es ja noch nicht. Aber Beobachtungen zeigen, dass in vielen Unternehmen und Teams eine Aufarbeitungsphase der vergangenen Wochen beginnt“, so Kremla. Fazit: „Um Krisen zu bewältigen, brauchen wir einander, und zwar am besten live und nicht virtuell.“.

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