Jugendforscher: „Für die Jungen heißt es, verzichten oder mehr verlangen“

Große Gruppe lachender Schüler, die in der Klasse ein Selfie mit dem Handy machen.
Sie wollen mehr Geld aber weniger arbeiten: Was Generation Z motiviert und warum ihre Erwartungen unrealistisch erscheinen.

Jede Generation muss ihr Päckchen an Vorurteilen tragen – besonders in der Arbeitswelt. So sind Boomer die gierigen Workaholics, während Millennials als Burnout-Generation gelten. Der GenZ (geboren 1995 – 2010) wird vorgeworfen, gar nicht erst arbeiten zu wollen. Gleichzeitig würde sie aber mehr denn je verlangen: Homeoffice, flexible Arbeitsorte, Vier-Tage-Woche und so viel Geld wie möglich. Wie es tatsächlich aussieht, weiß Jugendforscher Simon Schnetzer, der in Österreich, Deutschland und der Schweiz die Lebens- und Arbeitswelten der Jugend untersucht.

Dieser Artikel ist Teil einer größeren Cover-Story. Hier lesen Sie mehr: Einstiegsgehälter im Check: Kriegen die Jungen genug Geld?

KURIER: Wie sehr motiviert Geld die Jugend wirklich?

Simon Schnetzer: Früher motivierte die Jugend vor allem Spaß und Freude an der Arbeit. Durch die Pandemie ist das Geld-Thema wieder nach vorne gerückt. Viele haben gemerkt, dass „genug Geld haben für einen Monat“ nicht mehr ausreicht, wenn es zu einer Krise kommt. Die Angst der Altersarmut gehört zu den größten Sorgen der Jugend. Man kann sich nämlich nur mit Spaß und Freude befassen, solange die Grundbasis vorhanden ist.

Laut Studien und Arbeitgebern sind die Gehaltsvorstellungen der Jungen unrealistisch hoch. Woran liegt das?

Der durchschnittliche Jugendliche wächst mit einem hohen Wohlstandsniveau auf. Unsere junge Generation ist aber an einen Punkt gekommen, an dem sie merkt, dass die fetten Jahre vorbei sind und sie sich das nicht mehr leisten kann. Um den gewohnten Lebensstandard halten zu können, müssen sie entweder verzichten oder mehr verlangen.

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Jugendforscher: „Für die Jungen heißt es, verzichten oder mehr verlangen“

Der Jugendforscher Simon Schnetzer im Gespräch über die Jugend und ihrer Einstellung zu Geld

Wie sieht der Lebensstandard von jungen Menschen heute aus?

Der hängt von den Erwartungen ab. Ältere Generationen konnten sich beispielsweise nur mit den Nachbarn vergleichen. Heute ist das anders. Auf sozialen Medien vergleicht man sich mit der ganzen Welt. Und gepostet werden immer nur die neuesten Handys und schönsten Kleider. Das Beste wird zur Norm, was wiederum zu einem hohen Leistungsdruck führt. Um mit dem Konsumvergleich mithalten zu können, braucht man aber Geld. Zusätzlich gibt es heutzutage auch mehr Ausgaben. Datenvolumen und Ähnliches hat man früher nicht gebraucht.

Inwieweit kann man GenZ als eine sparsame Generation bezeichnen?

Die Krise hat dazu geführt, dass sie stärker über das Sparen und Vorsorgen nachdenkt und nun auch entsprechend handelt. Andererseits hinterfragt sie, ob sich das Sparen auf eine ferne, ungewisse Zukunft überhaupt noch lohnt. Da sie ohnehin glauben, kaum noch eine Pension zu bekommen.

Die GenZ wird deswegen auch „Generation Dauerkrise“ genannt. Was macht es mit der Jugend, wenn sie glaubt, sich den Wohlstand der Eltern nicht mehr erarbeiten zu können?

Genau das, was wir beobachten: Hohe Gehaltsforderungen bei weniger Arbeitszeitinvestition. Sie wollen nicht jetzt hart arbeiten, um erst später im Ruhestand ihre Freizeit genießen zu können. Sie wollen eine Work-Life-Balance im Hier und Jetzt, da sie wahrscheinlich auch im Alter weiterarbeiten werden. Den entspannten Lebensabend wird es für diese Generation nicht geben. 

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