Den Job satt? Fünf Wege nicht zu kündigen und ihn wieder zu mögen

Manchmal geht die Freude an der Arbeit verloren. Der nächste Urlaub wird herbeigesehnt und mit ihm die Erwartung, so viel Energie zu tanken, dass sich auch die nächsten Monate gut bewältigen lassen. Verpuffen die gesammelten Reserven dann schneller als einem lieb ist, fängt das Gedankenkarussell wieder an: Wie lange will ich das noch machen, bin ich hier richtig oder sollte ich gar den Job wechseln?
Mit diesen Gedanken ist man einer von vielen. Jeder vierte Mitarbeiter kann sich vorstellen, in den nächsten zwölf Monaten den Job zu wechseln, erhebt eine neue PwC-Studie. Das kann eine gute Idee sein – muss es aber nicht. Manchmal genügt es, an der eigenen Einstellung zu arbeiten. Und so dem wieder positiv zu begegnen.
Wie das geht? Arbeitspsychologin Anna Lammert-Hejl und Glückscoachin Katharina Mühl zeigen fünf Wege auf. Wobei Punkt drei den größten und wichtigsten Effekt bringt. Noch mehr Inspiration bieten die fünf Empfehlungen am unteren Ende der Geschichte.
1: Verstehen, was unser Glück in der Arbeit bestimmt
Das Wichtigste vorweg: Die positive Psychologie geht davon aus, dass wir Arbeit brauchen, um glücklich zu sein, erklärt Coachin Katharina Mühl. „Arbeit schenkt die Möglichkeit, uns weiterzuentwickeln und Ziele zu erreichen. Das ist, was wir wollen. Herausforderungen zu meistern“, sagt Mühl.
Doch um in einem Job wirklich zufrieden zu sein, kommen mehrere Faktoren ins Spiel, die wissenschaftlich belegt sind, sagt Anna Lammert-Hejl. Unangefochten an erster Stelle stehen die sozialen Beziehungen. „Sie sind sowohl im Job als auch im Privaten der wichtigste Faktor für Glück und Zufriedenheit“, so die Arbeitspsychologin. „Sie können viel aufwiegen“, ergänzt Katharina Mühl. „Aber auch belastend sein, wenn es ständig Konflikte gibt.“

Anna Lammert-Hejl ist Arbeitspsychologin und Expertin im Bereich Positive Leadership
Weiters brauche es das Gefühl, dass die eigene Arbeit einen Sinn hat und man seine Stärken und Talente einbringen kann. Dass eine erfolgsorientierte Kommunikation gelebt wird, die positive Emotionen hervorbringt.
Um langfristig in einem Job zufrieden zu sein, müssten alle Punkte erfüllt sein, sagt Lammert-Hejl, ergänzt durch individuelle Bedürfnisse, wie Arbeitszeiten oder Gehalt. Aber: „Man kann den Job auch als Mittel zum Zweck sehen, um Geld zu verdienen. Das ist nicht zu verurteilen“, räumt Mühl ein. Möchte man sich morgens aber (wieder) auf die Arbeit freuen, muss man zuerst die eigenen Gefühle lesen lernen.
2: Gefühle richtig lesen lernen
Wer mehr positive Emotionen mit dem Job verbinden will, muss keineswegs nur freudestrahlend durchs Leben gehen. Ganz im Gegenteil. „Haben wir ein unangenehmes Gefühl, sollten wir es nicht vermeiden, sondern besser hinspüren“, erklärt Katharina Mühl. „Es bringt eine Erkenntnis, denn alle Gefühle senden eine Botschaft.“
Wurde man zum wiederholten Mal von der Chefin in einer wichtigen E-Mail übergangen und ärgert sich darüber, sollte man also überlegen, welches Bedürfnis gerade verletzt wurde. Auf Englisch nennt das die positive Psychologie: „Name it to tame it“, also benenne es, um es zu zähmen. „Das ist eine sehr einfache Technik, um unangenehme Gefühle besser zu kontrollieren“, sagt Mühl. Und dann zielgerichtet zu handeln. Ein wesentlicher Punkt. Denn Selbstwirksamkeit ist der Schlüsselfaktor für Glück.
3: Der Schlüsselfaktor ist die Selbstwirksamkeit
„Nichts ist schlimmer für unser Glück, als das Gefühl, einer Situation ausgeliefert zu sein“, sagt Katharina Mühl. Für mehr Selbstwirksamkeit empfiehlt die Glückscoachin das Entscheidungsdreieck: Love it, change it, leave it – liebe es, verändere es, verlasse es. „Bin ich unzufrieden, ist ’liebe es’ schon einmal nicht erfüllt“, sagt Mühl. Hat man verstanden, welches Bedürfnis zu kurz kommt, geht man zu „verändere es“ über.

Glückskompetenz-Coachin Katharina Mühl unterstützt dabei, das Glück selbst in die Hand zu nehmen. Aber Achtung: "Es geht nicht darum immer happy zu sein", sagt sie. "Sondern darum, dass du konkrete Strategien kennst, wie du auch in herausfordernden Situationen entscheiden, denken oder handeln kannst, sodass es dir und deinem Gegenüber dabei gut geht."
Ein Beispiel: Ist man von seinen Aufgaben gelangweilt, könnte man bitten, in neue Projekte eingebunden zu werden oder in andere Abteilungen zu schnuppern. Gelangt man zur Erkenntnis, alles bereits versucht zu haben, ist es Zeit für „verlasse es“. Hier kündigt man nicht direkt, sondern überlegt: Was wäre, wenn ich jetzt gehe?
„Allein dieses Gedankenexperiment bringt oft wunderbare Erkenntnisse“, so die Glückscoachin. Im Idealfall legt man eine Plus-Minus-Liste an. Und sieht schnell, wo die gewichtigeren Argumente stehen. „Es ist auch eine eigenverantwortliche Entscheidung zu sagen: Jetzt erlaubt es meine Situation nicht, den Job zu wechseln. Also entscheide ich mich, bewusst zu bleiben. Es bringt mich vielleicht nicht dazu, den Job zu lieben, aber ihn zu akzeptieren.“
4: Nörgeln, aber bitte nur in Maßen
Ist man gefrustet, kann es helfen, Dampf abzulassen. Beim Mittagessen mit den Kolleginnen oder zu Hause. Dem Nörgeln verfallen, sollte man aber nicht, warnt Mühl: „Zu einem gewissen Grad ist es befreiend und erfüllt eine psychohygienische Funktion. Aber es macht keinen Sinn, den Ärger unnötig lange aufrecht zu halten“, sagt sie.
„Für unser Gehirn macht es keinen Unterschied, ob man etwas jetzt gerade frisch erlebt oder man es sich immer wieder neu erzählt.“ Außerdem könnten so auch andere negativ beeinflusst werden, erklärt Arbeitspsychologin Anna Lammert-Hejl: „Emotionen, egal ob positiv oder negativ, haben eine ansteckende Wirkung und verbreiten sich. Deswegen achten Sie gut darauf, mit wem Sie sich umgeben.“ Und wem Sie was sagen.
5: Grundbedürfnisse stillen und nicht auf sie vergessen
Der letzte und zugleich einfachste Punkt sind unsere Grundbedürfnisse, die wir nur zu gerne vernachlässigen. „Fehlende Energie oder Unzufriedenheit rührt manchmal aus ganz banalen Sachen“, erklärt die Glückscoachin Mühl. Man hat nicht genügend geschlafen oder gegessen. „Dann bin ich in einem Mangelzustand. Da wird es schwierig mit guten Gefühlen.“
Um Grundbedürfnisse zu stillen, könnte man beim Arbeiten „Miniurlaube“ einlegen, etwa eine bewusste Verschnaufpause machen. Oder das für einen persönlich Wichtigste (nicht gleichzusetzen mit dem Dringendsten) bis Dienstschluss erledigen. Und dann besser und beruhigter einschlafen.
Bonuspunkt: Fünf Wege, wie Chefs ihr Team motivieren
Ob der Einzelne zufrieden ist, ist letztlich auch immer eine Frage der Führung, erklärt Anna Lammert-Hejl. Führungskräfte sind zu 70 Prozent für das Mitarbeiterengagement verantwortlich, sagt sie.
Die gute Nachricht: Auch Chefs können fünf Wege beschreiten, um ihr Team zu motivieren, so die Psychologin: (1) Authentische und ehrliche Beziehungen fördern. (2) Nicht nur sagen, was zu tun ist, sondern auch warum etwas zu tun ist und so die Bedeutung der Arbeit verstärken. (3) Erfolge würdigen durch positives und konstruktives Feedback und erbrachte Teilziele hervorstreichen. (4) Positive Emotionen wie Dankbarkeit, Zuversicht oder Hoffnung vorleben. (5) Mitarbeiter unterstützen, ihre Stärken und Talente, nicht nur zu erkennen, sondern diese auch ausleben zu können. Und zwar nicht nur im privaten Umfeld – sondern ganz besonders im Job.
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