Peak Technology: Wie man in Österreich Karriere bis ins Weltall macht
Anna Maria Caldaroni ist Luftfahrtingenieurin bei Peak Technology. Im KURIER-Gespräch berichtet sie von ihrem Leben als „Rocket Lady“.
Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis... – aus der Filmfiktion macht Luftfahrtingenieurin Anna Maria Caldaroni ihren Beruf. Sie ist das Mastermind hinter der Entwicklung der Heliumstanks für die Vega-E Trägerrakete.
KURIER: Sie sind Luftfahrtingenieurin. Welche Frage zum Job stellt man Ihnen am häufigsten?
Anna Maria Caldaroni: Es sind immer zwei Fragen. Die Erste ist: „Willst du in den Weltraum fliegen?“ Aktuell ist es meine Aufgabe, anderen dabei zu helfen, ins Weltall zu fliegen. Die zweite Frage ist: „Ist es schwierig, eine Luftfahrtingenieurin zu werden?“ So wie alles im Leben ist es natürlich schwierig, aber mit Geduld und Mühe kann man es schaffen.
Was ist der spannendste Teil Ihres Berufs?
Die Ergebnisse unserer Arbeit vor uns zu sehen. Vor ein paar Wochen konnten wir zum Beispiel den Start des Vega-C-Flugs beobachten. Es war sehr emotional für das ganze Unternehmen. Weniger spannend ist der bürokratische Teil des Jobs. Wir müssen viel protokollieren, aber das gehört dazu.
Der Vega-C Lift-Off wurde von der European Space Agency (ESA) auch auf YouTube geteilt:
Was hat Sie dazu inspiriert, eine „Rocket-Lady“ zu werden?
Es liegt in meiner Natur. Ich wollte schon immer hoch hinaus und etwas Großes machen. Außerdem ist mein Onkel auch ein Luftfahrtingenieur.
Der Schwerpunkt Ihres Gymnasiums lag auf antiker Literatur: Wie sind Sie von Büchern auf Raumschiffe gekommen?
Ich sehe die beiden Bereiche nicht als Gegensätze. Als Kind habe ich mit meinem Vater die Ilias und andere Klassiker gelesen. Das hatte einen großen Einfluss auf mein Leben. So habe gelernt, wie man lernt und logisch denkt. Während meines „Aerospace Engineering“-Studiums war dieses Wissen sehr hilfreich.
Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten?
Lerne von deinen Misserfolgen, aber auch von deinen Erfolgen und gib nicht auf. Ich würde mir auch raten, etwas mutiger zu sein.
Das Lernen endet nicht nach der Uni, es beginnt erst.
Wie offen ist der Luftfahrt-Bereich Frauen gegenüber?
In der Arbeit werde ich als Ingenieurin gesehen und nicht als Frau. Das macht viel aus. Immer mehr Frauen arbeiten nun in diesem Bereich und besetzen Führungspositionen. Wir wachsen schnell. Ich denke, Frauen merken endlich, was sie alles drauf haben.
Wie gehen Sie mit Fehlern um?
Niemand mag es, Fehler zu machen, da gehöre ich auf jeden Fall dazu. Ich bin noch dabei zu lernen mit ihnen richtig umzugehen. Anfänglich denkt man, dass dadurch viel Arbeit und Zeit verschwendet wurde. Erst später wird klar, dass es Teil des Lernprozesses ist.
Was bedeutet Erfolg für Sie?
Stolz auf sich und seine Arbeit zu sein. Ich bin jedoch nur dann erfolgreich, wenn es auch mein Team ist und vice versa.
Ist das Leben einer Raketeningenieurin wie in Hollywood-Filmen?
In meinem Fall sind sie nicht besonders realistisch. Mein Beruf ist zwar spannend, aber der Arbeitsalltag weniger. Ich verbringe viel Zeit im Büro und in Meetings. Deswegen verstehe ich, warum Hollywood etwas Fiktion einbringt. Die Sitcom „The Big Bang Theory“ ist da realistischer. Wir mögen nämlich tatsächlich Comic-Bücher. Am liebsten Dylan Dog.
Welche Qualitäten und Eigenschaften hat eine Raketeningenieurin?
Lernbereitschaft ist das Wichtigste. Das Lernen endet nämlich nicht nach der Uni, es beginnt erst.
Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich pflege gerne meine Orchideen, mache etwas Sport und bin leider süchtig nach Netflix.
Was ist das Erste, das Sie tun, wenn Sie zur Arbeit kommen, und was ist das Letzte?
Mein Tag beginnt normalerweise mit einem Kaffee. Dann begrüße ich mein Team, weil es schön ist, den Tag mit einem Lächeln zu starten. Am Ende räume ich meinen Tisch auf, um meinen Kopf frei zu kriegen. Und ich liebe es, Punkte aus meiner To-do-Liste zu streichen.
Was hat Sie am meisten an Ihrem Beruf überrascht?
Zu sehen, wie schnell alles abläuft und wie dynamisch der Bereich ist. Wir sind ein sehr junges Team. Zu Beginn werden Projekte geplant und designt, die fast schon verrückt wirken. Es fasziniert mich immer wieder, wie alles in kürzester Zeit verwirklicht wird.
- Die Firma Peak Technology ist ein oberösterreichisches Tech-Unternehmen, das 2007 von Dieter Grebner gegründet wurde. Das Unternehmen wirkt bei den unterschiedlichsten Raumfahrtprojekten mit (etwa Trägerraketen Ariane 6 und Vega-C) und ist vor allem durch die innovativen Entwicklungsprojekte im Bereich der Weltraumtechnologie bekannt. Mit einer Frauenquote von 31 Prozent liegt Peak Technology über dem österreichischen Durchschnitt im Bereich der technischen Berufe.
- Anna Maria Caldaroni ist Italienerin und studierte „Aerospace Engineering“ an der „La Sapienza“ Universität in Rom. Seit August 2021 ist sie Teil des Peak Technology Teams.
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