Der Arbeitnehmer wiederum könne abwägen, ob er die Überstunden auch leisten kann oder nicht. Dennoch weiß Tomanek, dass es in der Praxis oft anders aussieht und sich besonders pflichtbewusste Arbeitnehmer Überstunden häufig selbst verpassen. Doch selten, weil ein böser Arbeitgeber dahinterstecke, der das von ihnen verlange, weiß Business Coachin und HR-Profi Diana Huber.
Warum die Heimlichtuerei
Meist handle es sich um Personen mit Karriereambitionen, erklärt Huber. „Sie denken, dass sie nicht sagen dürften, Überstunden gebraucht zu haben, weil es auf ihre Kompetenz rückschließen könnte.“ Weil sie nicht gut oder schnell genug wären, es in der vorgegebenen Zeit zu schaffen.
Positiv lasse sich dieser Einsatz jedoch nicht werten, erklärt sie. „Ich verstehe den Beweggrund, aber es ist sehr kurzsichtig. Wenn ich Karriere machen will, muss ich Selbstverantwortung übernehmen und eine realistische Einschätzung meiner Kapazität vornehmen“, führt sie weiter aus.
Das würde bedeuten, Grenzen zu setzen, dem Arbeitgeber aufzuzeigen, wenn Projekte die eigenen Ressourcen überschreiten. Das wäre auch ganz im Sinne der Arbeitgeber, denn die hätten eine Fürsorgepflicht, der sie nachkommen müssen.
Nur die wenigsten Chefs würden wollen, dass ihr Team heimlich Überstunden leistet, so Huber. Nicht nur aufgrund potenziell anfallender Kosten, auch weil man nicht riskieren möchte, dass sich jemand überarbeitet. Außerdem wäre das Vertrauen in jene, die ihre Arbeit einteilen, größer.
„Wer es schafft, seine Arbeit in den vorgegebenen Stunden zu verrichten, ist eher jemand, der Potenzial für den beruflichen Aufstieg hat. Weil man dieser Person zutrauen kann, größere Projekte zu übernehmen“, erklärt Huber. Doch nicht nur für die Karriereleiter ist eine transparente Stundenaufzeichnung essenziell. Auch für den Arbeitsalltag.
Auf das Radar bringen
„Wenn ich als Arbeitgeber oder Personalabteilung nicht sehe, dass in einem Bereich zu viele Stunden anfallen, kann ich auch nichts ändern“, sagt die HR-Expertin. Nur so wüsste der Arbeitgeber, dass es Veränderung brauche – etwa durch mehr Personal, optimierte Prozesse oder auch weniger Projekte. Außerdem würde es Transparenz und Genauigkeit heute mehr denn je brauchen.
Denn der Fokus von Chefs habe sich verlagert, erklärt Huber. „Der Vorgesetzte hat das Organisationsziel vor Augen und darauf steuert er zu. Das hat zur Folge, dass Mitarbeiter sehr viel mehr Freiheit und Selbstverantwortung genießen. Gleichzeitig hat das zur Konsequenz, dass sie gewisse Dinge übernehmen müssen, weil der Chef nicht mehr so darauf achtet.“
Hat man nun trotzdem Überstunden gemacht, dem Chef aber im Vorfeld nichts gesagt, sollte man mit offenen Karten spielen. „Es klammheimlich einzutragen, hat einen negativen Beigeschmack und könnte das Vertrauen beschädigen“, so Huber. Denn Überstunden können teuer kommen und einen Rechtsstreit auslösen.
Teurer Rechtsstreit
Vergütet werden Überstunden mit einem Zuschlag von 50 bis 100 Prozent, erklärt Alexander Tomanek der AK. Handelt es sich um ein seriöses Arbeitsverhältnis, passiert die Abgeltung (finanziell oder durch Zeitausgleich) meist im Folgemonat. In weniger seriösen Fällen landet man vielleicht sogar bei Gericht.
Wer Stunden jedoch nicht aufgezeichnet hat, wird vermutlich mit leeren Händen ausgehen. „Vor Gericht bin ich beweispflichtig. Arbeitszeitaufzeichnungen sind deshalb das A und O“, so Tomanek. Daher appelliert der Rechtsexperte: „Immer aufzeichnen, mitschreiben und so schnell wie möglich vom Arbeitgeber bestätigen lassen, damit es nachher nicht zu einem Rechtsstreit kommen kann.“
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