Sich völlig unbesorgt in eine neue Position stürzen, können vermutlich die wenigsten. Eine gewisse Nervosität oder Aufgeregtheit ist schließlich normal und kann auch motivierend wirken, wenn man beruflich zu neuen Ufern aufbricht. Doch während jene, die den Job oder sogar die ganze Branche wechseln, die Herausforderung vergleichsweise locker nehmen, stoßen die, die innerbetrieblich wechseln, oft an ihre Grenzen, weiß die Wiener Karriere-Coachin Manuela Baierl.
Sie verrät, warum das so ist und wie wir eine Antwort auf die Frage finden: „Ist der Job eine Nummer zu groß für mich?“
Was uns wirklich stresst
Den großen Unterschied macht die Vorbereitung, erklärt Manuela Baierl. Entscheidet man sich bewusst für einen neuen Job, fragt man sich schließlich schon im Vorfeld, ob man sich das zutrauen möchte.
„Problematisch wird es, wenn etwas von außen dazukommt“, sagt sie. Etwa, wenn man bereits in einer Firma arbeitet und plötzlich neue Aufgaben oder eine Führungsfunktion übernehmen soll. „Da wissen viele im ersten Moment nicht, wie sie reagieren sollen und merken, dass es sie fordert oder sogar überfordert.“
Abzulehnen, wäre in diesem Fall einfach. Doch das sieht die Coachin nicht gerne: „Grundsätzlich bevorzuge ich die Haltung: Raus aus der Komfortzone.“ Nur so könne Wachstum und Entwicklung passieren. Dennoch sollte man vorsichtig sein, sich nicht zu übernehmen, warnt Baierl. Man müsse schauen, wie groß der Schritt ist, den man sich zumutet: „Überspringe ich auf der Karriereleiter gleich drei Sprossen, ist das nicht ratsam. Aber direkt auf der sicheren Seite zu bleiben, würde ich auch nicht empfehlen.“ Was stattdessen zu tun ist?
Einen gewissen Respekt zu haben, ist normal. Hinderlich wird es, wenn einen das Gefühl blockiert.
von Manuela Baierl, Karriere-Coachin
Sorgen hinter sich lassen
Der erste Schritt ist – sofern man dem Angebot nicht gänzlich abgeneigt ist – sich positiv zu hinterfragen, rät die Coachin: Warum möchte ich die Position annehmen, was qualifiziert mich dafür und wo gibt es noch Aufholbedarf?
„Es geht nicht darum, zu schauen, was noch fehlt, sondern was schon da ist“, sagt Baierl. Dieser Perspektivenwechsel wäre essenziell. „Lücken, die sich auftun, lassen sich so leichter als Chance sehen, um etwas zu lernen. Das Selbstvertrauen steigt und die Intensität der Sorge reduziert sich.“
Bleiben dennoch Zweifel, braucht es noch vor dem Jobwechsel den Mut zur Ehrlichkeit: „Ich würde auf jeden Fall den Vorgesetzten in die Verantwortung ziehen“, so Baierl. „Es geht um Authentizität. Darum, offen und ehrlich anzusprechen, wo man Bedenken hat.“ Die Führungskraft bringt die nötige Außensicht, kann Lösungswege aufbereiten, wie sich die befürchtete Lücke gemeinsam schließen lässt. Die Transparenz wiederum nimmt den Druck: „Man kommt nicht in die Situation, etwas überspielen zu müssen.“
Den Schritt wagen
Hat man sich entschieden, die Herausforderung zu wagen, ließe sich die Anfangsphase mit einer Art Tagebuch begleiten. „Man hält einmal am Tag oder zumindest einmal die Woche schriftlich fest, was gelungen ist.“ Kleine Teilziele würden dabei helfen, die Erfolge deutlicher zu sehen. Sich in dieser Zeit, in die Arbeit hineinzusteigern, wäre normal. „Für kurze Zeit ist das sehr natürlich“, sagt Manuela Baierl.
Gelingt es irgendwann nicht mehr, auf Abstand zu gehen und läuft man die ganze Zeit auf Hochtouren, wäre das ein wichtiger Indikator, sich zu viel zugemutet zu haben. Letztlich könne man sich auch an einer Frist orientieren, nach der die Unsicherheit langsam weichen sollte: „Die Faustregel ist: die ersten hundert Tage sind da, um sich zu orientieren. Danach sollten die Bedenken verschwinden.“
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