Lücken finden sich viele: Gender-Pay-Gap, männliche Chefetagen, Altersarmut. Diese Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen bleiben bestehen und sind schwer zu überwinden. Der KURIER fragt zwei Expertinnen: Sind Frauen selber schuld?
Ja. In gewisser Weise schon,
findet Carmen Treml, Ökonomin der wirtschaftsliberalen Agenda Austria
Warum verdienen Frauen weniger?
Ein Gender-Pay-Gap von null Prozent ist utopisch, aber wir machen Fortschritte. Es wird gerne propagiert, dass diese Lücke rein auf Diskriminierung beruht. Dass sie nur vom Arbeitgeber oder der Gesellschaft abhängt und Frauen da nichts machen können. Das ist nicht der Fall. Eine Teildiskriminierung verbleibt natürlich, aber es spielen weitere Faktoren mit hinein.
Frauen verhandeln ihr Gehalt zum Beispiel weniger und die Care-Arbeit wird immer noch als Frauensache gesehen. Weswegen sie häufig Teilzeit arbeiten und nicht mehr aufstocken. So entstehen Gehaltseinbußen, die nicht aufgeholt werden können. Um das zu verhindern, müsste man Vollzeitarbeit wieder attraktiver machen und Kinderbetreuung sowie Sorgearbeit besser aufteilen.
Werden „Frauen-Jobs“ schlechter bezahlt?
Es gibt Vermutungen und Theorien, dass Branchen wie Sozialberufe schlechter bezahlt sind, nur weil Frauen sie vermehrt ausüben. Das stimmt nicht. Je nach Branche gibt es andere Anforderungen und entsprechend werden sie auch entlohnt. Was man schon sagen kann, ist, dass Frauen tendenziell soziale Berufe präferieren. Und das wird vermutlich immer so bleiben. Es sind Vorlieben, die man nicht beeinflussen sollte. Viel mehr sollte man die vielen Chancen aufzeigen und das schon in der Schule. Frauen und Männern stehen die gleichen Möglichkeiten offen. Frauen trauen sich nur weniger zu. Das ist aber historisch gewachsen, weil sie sich alles erkämpfen mussten.
Ich glaube auch hier nicht, dass wir zu einer völligen Gleichstellung kommen werden. Frauen haben nun mal Karriereunterbrechungen und wollen bei ihren Kindern bleiben. Das zeigen Umfragen. Führungspositionen bieten die Flexibilität nicht, die es dafür braucht. Und von Frauenquoten halten wir wenig. Sie konterkarieren die persönliche Entscheidungsfreiheit. Es sollte nichts erzwungen werden.
Geld-Lücke Die Einkommensdifferenz in Österreich liegt laut „Equal Pay Day Österreich“ im Durchschnitt bei 12,4 Prozent
Sorgearbeit-Lücke Frauen in Österreich leisten im Durchschnitt täglich viereinhalb Stunden Sorgearbeit. Männer nur zweieinhalb
Macht-Lücke Laut EY-„Mixed Leadership Barometer“ liegt der Frauenanteil in Chefetagen bei 11,9 Prozent
Nein. Ganz bestimmt nicht,
meint Katharina Mader, Ökonomin des sozialliberalen Momentum Instituts
Warum verdienen Frauen weniger?
Beim Berechnen des Gender-Pay-Gap erkennen wir einige erklärende Faktoren. Aber an kaum einem sind Frauen schuld. Die fehlende Kinderbetreuung zwingt zum Beispiel viele Frauen in die Teilzeit und somit zu einem Schichtwechsel in die unbezahlte Care-Arbeit. Um die Lücke etwas zu schließen, können Frauen miteinander über Geld reden und einander helfen, Rat und Informationen einzuholen. Nur kann man individuell keine strukturellen Probleme lösen. Es ist natürlich einfacher zu sagen, dass Frauen selber schuld sind. Dann muss man politisch nicht agieren und kann ihnen beim Scheitern zuschauen.
Werden „Frauen-Jobs“ schlechter bezahlt?
All die unbezahlte Betreuungsarbeit, die Frauen leisten, gibt es in bezahlter Form. Und wird auch hier schlechter bewertet. Dabei braucht es genau diese Berufe dringend, um ein System aufrecht zu halten. Ohne Kinderpädagogik und Altenpflege kommt man nicht weit. Dieses Abwerten kann man auch in der Geschichte beobachten. Branchen, für die sich Frauen verstärkt entscheiden, werden mit der Zeit abgewertet. Etwa der Lehrerberuf, das Sekretariat und aktuell der Apothekerberuf. Man kann das auch umgekehrt beobachten. Die IT war in ihren Anfängen eine Frauen-Tätigkeit. Aber erst ab dem Zeitpunkt, an dem sie von Männern übernommen wurde, wurde sie aufgewertet und gilt heute als gut bezahlte Branche.
Mit Frauenquoten. Seit ihrer Einführung in manchen Führungsetagen findet man einige Frauen, die Chef sein wollen. Aber auch die Sozialisation spielt eine Rolle. Männer überschätzen sich tendenziell bei Bewerbungen. Frauen tun das nicht, weil es entgegen der typischen Mädchen- und Frauensozialisation steht. Genau für das „Auffallen und Laut sein“ werden sie nämlich oft bestraft. Wenn es also eine Frau nach oben schafft, ist es ihre Verantwortung, den Aufzug wieder runterzuschicken, um weitere Frauen raufzuholen.
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