Die neue Sperrstunde: Warum Restaurants und Hotels um Mitternacht eher schließen
Die Regelung trat über Nacht in Kraft – seit 1. November gelten für Hotel- und Gastgewerbe erhöhte Nachtarbeitszuschläge. Eine kleine Veränderung, die aber einiges lostreten könnte, wie Stimmen aus der Branche kundtun.
Dabei hat sich die Höhe des Zuschlags an sich nicht verändert, erklärt Eva Eberhart von der Gewerkschaft vida. Er wird nur ab sofort häufiger ausbezahlt.
Was bezahlt wird
Bisher galten Nachtarbeitszuschläge nur für Mitarbeiter, die zwischen 22 und sechs Uhr Früh gearbeitet haben, so Eberhart. Nach altem Kollektivvertrag hätten sie dafür 27 Euro bekommen – sofern sie nachts mehr als vier Stunden im Dienst waren. Bedeutet, dass Betriebe, die um Mitternacht oder etwas später zusperren, keine Zuschläge zahlen mussten.
Diese Regelung wurde nun reformiert, erklärt die WKO. Jetzt sieht sie einen Nachtarbeitszuschlag für alle Arbeitnehmer in Gastronomie und Hotellerie vor, die zwischen Mitternacht und sechs Uhr arbeiten – unabhängig von der Betriebsart. Unternehmer und Hotelier Oliver W. Braun fasst diese Neuerung so zusammen: „Aktuell ist also schon ab der ersten Minute nach Mitternacht ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag fällig. In dem Fall neun Euro.“
Neue Sperrstunde
Eine notwendige Anpassung, meint Eva Eberhart. Andere Branchen würden solche Zuschläge längst bezahlen, nur die Gastronomie sei da noch hintennach. „Wenn man um Mitternacht zur Apotheke geht, oder einen Installateur anruft, zahlt man ja auch mehr“, erklärt sie. Es wäre ohnehin schwierig genug, Gastro- und Hotellerie-Mitarbeiter zu finden und zu halten. Arbeitsbedingungen müssten attraktiver werden.
Mit dem Zuschlag erhofft sich die Gewerkschaft, dass mit Nachtdiensten umsichtiger umgegangen wird. „Wenn man zu diesen Uhrzeiten arbeitet, ist das nicht gesundheitsfördernd“, sagt Eberhart, die selbst in der Gastro tätig ist. „Ich liebe meinen Job und will ihn bis zur Pension machen. Aber es ist ein harter Beruf. Und durch Nachtarbeit ändert sich der Schlafrhythmus. Das macht etwas mit dem Körper.“ Abgesehen davon würden auch Arbeitgeber von zufriedenen, gesünderen Mitarbeitern profitieren. So die Haltung der Arbeitnehmerseite.
Aber wie reagiert die Arbeitgeberseite, also die Gastronomen selbst? Sperren sie deshalb vielleicht früher zu und verlagern die neue Sperrstunde auf Mitternacht, um Zuschlägen zu entgehen?
Das Ende der Gastro?
Eberhart kann sich das jedenfalls nicht vorstellen. Wer nachts genug Umsatz macht, wird sich davon nicht beirren lassen. Hotelier Oliver W. Braun stimmt zu, mit einem großen Aber: „Es geht nicht darum, dass wir den Mitarbeitern nicht mehr Geld zahlen möchten, sondern darum, dass die finanzielle Gesamtbelastung zu hoch ist.“ Am Ende des Tages würden nämlich die Gäste die höheren Kosten tragen müssen. „Und irgendwann werden sie sich das nicht mehr leisten können oder wollen“, sagt der Gastronom.
Es sei eine zusätzliche wirtschaftliche Belastung, die seiner Meinung nach zur falschen Zeit komme. Ähnlich sieht es auch „El Gaucho“-Geschäftsführer Michael Grossauer: „Endlich hat die Inflation sich beruhigt und jetzt kommen schon wieder Mehrkosten. Ob es diese Zuschläge wirklich braucht, frage ich mich.“ Seine Mitarbeiter wären zufrieden, sagt er. „Sie werden ohnehin über den Kollektivvertrag bezahlt. Die Tatsache, dass 70 Prozent unseres Teams langjährig bei uns bleibt, spricht da für sich.“
Andere Gastronomen wie Szenekoch Mario Bernatovic trifft die neue Nachtzuschlagsregelung besonders hart. „Ich muss das erst einmal sacken lassen“, sagt er ehrlich. Bernatovic führt das „Albert“ im achten Bezirk in Wien, ein Restaurant, in dem die Gäste gerne länger verweilen. „Es läuft darauf hinaus, dass ich früher zusperren muss, weil wir uns das nicht mehr leisten können“, sagt er.
Die einzig andere Option wäre, dass er selbst länger im Dienst bleibt, um Gäste nach Mitternacht zu bedienen. Nebenbei das Lokal zu führen, wird zur Herausforderung. „Auf die Gastronomie wird ein enormer Druck ausgeübt. Wenn das so weitergeht, wird ein Lokal nach dem anderen schließen“, fürchtet der Koch. Er selbst gibt zu, bereits in Erwägung zu ziehen, sein Lokal zu verkaufen. Bis dahin empfängt er weiterhin seine Gäste. „Aber bitte nicht nach Mitternacht.“
Kommentare