Bewusst geliefert: Das Geschäft mit den Biokistln

Heimisches Gemüse kaufen beruhigt das Gewissen
Die Zustellung von Lebensmittel aus heimischer Landwirtschaft boomt. Grund dafür ist nicht nur das steigende Bewusstsein für einen nachhaltigen Lebensstil. Auch die Pandemie ließ das Geschäft aufblühen.

Eine Mitarbeiterin mit grüner Schürze und Handschuhen steht vor einer Waage. Nacheinander greift sie in die zahlreichen Kisten um sich herum: Tomaten, Kopfsalat, Gurken, Äpfel und Radieschen landen in vor ihr geöffneten  Kartonschachteln und werden fertiggemacht zur Auslieferung. Noch am selben Tag wird die üppig gefüllte Box bei einem Kunden Zuhause auf dem Küchentisch landen.  

Das Geschäft mit den sogenannten Biokistln boomt. Mit der Pandemie wurde aus einem Geschäftsmodell, das vor allem Bio-Fanatiker ansprach,  im ersten Lockdown ein Überlebenskit für tausende Haushalte, die sich so den Weg in den Supermarkt sparten. „Die Nachfrage nach unseren Gemüsekisten ist kurzfristig durch die Decke gegangen“, erzählt etwa Georg Pichler Geschäftsführer des Lieferdienstes Bioferdl aus Hörsching. 

Das Unternehmen, das 2017 gegründet wurde, liefert seine Obst- und Gemüsepackerl an Firmen und Privatpersonen.  Die Krise habe  einerseits das Bewusstsein für regionale Lebensmittel in der Bevölkerung enorm gestärkt. Zudem habe man im vergangenen Jahr völlig neue Zielgruppen erreichen können, auch in Altersgruppen, bei denen ein Online-Einkauf alles andere an der Tagesordnung stand. „Natürlich konnten wir nicht alle Kunden, die mit dem ersten Lockdown gekommen sind, auch langfristig halten. Das Geschäft ist aber trotzdem wesentlich gewachsen“, sagt Pichler. 

Rund 2.500 bis 3.000 Pakete werden derzeit pro Woche ausgeliefert. Dass die Nachfrage künftig abflaut, glaubt Pichler nicht. „Auch wenn die Pandemie verschwindet, die Nachfrage nach regionalen Lebensmittel bleibt bestehen.“

Potenzial für Wachstum

Ähnlicher Meinung sind auch Philip Brandenstein und Michaela Steinfeder. Sie sind Geschäftsführer  des Bio-Lebensmittel-Lieferdienstes Bioigel aus Tresdorf in Niederösterreich. Als das Unternehmen 2014 gegründet wurde, hat man mit wenigen Kisterln in der Woche gestartet. Heute stellen die zehn Mitarbeiter wöchentlich bis zu 600  Boxen,  gefüllt mit Bio-Obst, Gemüse, Gebäck und Säften in Wien und Teilen des Weinviertels direkt vor die Wohnungstür  der Kunden. „Am Anfang der Pandemie hat sich unser Geschäft verdreifacht. Die Nachfrage war teilweise so hoch, dass wir gar nicht alles auf einmal stemmen konnten“, erzählt Steinfeder.  

Bewusst geliefert: Das Geschäft mit den Biokistln

Michaela Steinfeder und Philip Brandenstein, Geschäftsführer von Bioigel 

Inzwischen habe sich die Bestellquote wieder normalisiert, etwa die Hälfte der Neukunden durch Corona sei aber geblieben und biete künftig sehr viel Potenzial für weiteres Wachstum. 

Große Anbieter drängen in den Markt

Potenzial übrigens, das auch zunehmend große, internationale Konzerne wahrnehmen und in den Markt drängen lässt. Pichler etwa lässt sich davon aber nicht einschüchtern. „Ich sehe diese Firmen nicht unbedingt als unsere Konkurrenz, da sie im Endeffekt ein völlig anderes Kundensegment bedienen. Bei uns geht es um  Bio-Produkte aus der Region. Das wissen unsere Kunden auch. Und genau da können die großen Konzerne nicht mithalten.“ Das beweisen auch die Produktfavoriten der Käufer. Am liebsten beziehen diese die Klassiker unter den Biokistln: „Obst und Gemüse gemischt sowie das Regional Packerl sind nach wie vor der Renner.“ 

Ökofreundliche Auslieferung

Regionale Produkte stehen bei den Biokistl-Kunden an erster Stelle, das unterschreibt auch Brandenstein.  Deshalb setze man auch alles daran, diesen Anspruch an Nachhaltigkeit auf allen Ebenen zu erfüllen. „Nachhaltigkeit geht bei uns über die Lebensmittel hinaus. So stellen wir auch sicher, dass das Obst und Gemüse auf kürzestem Weg vom Bauern zum Kunden kommt, was nicht nur heimische Arbeitsplätze in Familienbetrieben sichert, sondern auch zu einer höheren Importunabhängigkeit beiträgt.“

Um den ökologischen Fußabdruck weiter zu verkleinern, setzt man bei der Auslieferung zudem auf Lastenräder. „Rund die Hälfte der Boxen werden bereits so ausgeliefert“, sagt Brandenstein.  Mit Luft nach oben. „Denn genau dieser Nachhaltigkeits- und Regionalitätsgedanke  ist es auch, was uns von vielen anderen Anbietern am Markt unterschiedet.“    

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