Das Büro ist ein Kindergarten

In der Psycho-Falle: Viele Job-Probleme entstehen durch kindische Verhaltensmuster. Sich zu befreien ist schwer, da es meist an der Selbstreflexion mangelt Job-Probleme haben oft nichts mit fiesen Kollegen oder Chefs zu tun. Aber mit dem eigenen kindische
Strategien, die wir als Kinder lernten, machen es uns im Job oft schwer. Wie man sich aus den Psychofallen befreit.

Die Chefin, die losbrüllt, weil sie ihre Kaffeetasse nicht findet. Der Kollege, der es nie schafft, pünktlich zu einem Meeting zu kommen. Oder die Jammerer, die bei einer Besprechung nicht den Mund aufkriegen, aber hinterher alles besser wissen.

Ein Kindergarten! "Wir verhalten uns bisweilen so unangemessen, weil wir unbewusste Konflikte aus unserer Biografie im Berufsleben reinszenieren", lautet die Erklärung von Diplompsychologe Roland Kopp-Wichmann. Das heißt: Wir wenden die Strategien an, die uns schon im Sandkasten weiter geholfen haben. Doch was als Kind funktioniert hat, wird beruflich oft zum Problem. Psychofalle, nennt Kopp-Wichmann das.

Wer sich befreien will, muss bei sich selbst anfangen. Ehrlichkeit gegenüber den eigenen Verhaltensmustern und Mut zur Veränderung sind unumgänglich. Das sind die häufigsten Psychofallen. Und so entkommt man ihnen.

"Ich kann mich nicht gut verkaufen."

Der Typ Sie haben Ideen, kriegen aber den Mund nicht auf. Das ärgert Sie.

Der Grund Früh gelernte Verbote, wie etwa sich nicht in den Vordergrund zu spielen.

Der Merksatz "Ich darf zeigen wer ich bin, was ich kann."

 

"Ich kann schlecht Nein sagen."

Der Typ Diese Menschen sind meist beliebt, aber wenig respektiert. Sie werden ausgenutzt, merken das zu spät und grämen sich.

Der Grund Sie haben schlechte Erfahrungen mit der Äußerung von Wünschen gehabt.

Merksatz "Jetzt bin ich dran."

 

"Ich bin zu perfektionistisch."

Der Typ Sie wollen alles hundertfünfzigprozentig machen. Entweder die Präsentation wird "Super!" oder Sie fühlen sich als Versager.

Der Grund Schuld ist oft ein Schwarz-Weiß-Denken. Ein strenger Erziehungsstil kann mitverantwortlich sein sein.

Der Merksatz "Ich warte nicht mehr auf die Anerkennung meiner Eltern."

 

"Ich bin so wenig motiviert."

Der Typ Der Chef – und Sie – sind genervt. Nichts spornt Sie mehr an. Weder Lob noch Tadel noch Anreize.

Der Grund Falsche Ziele und ein verinnerlichtes Gefühl des Fremdbestimmtseins.

Der Merksatz "Ich darf tun, was mir Freude macht."

 

"Ich kann mich nicht durchsetzen."

Der Typ Konflikte eingehen, für die eigene Sache kämpfen – nicht Ihre Sache.

Der Grund Wer sich die zum Durchsetzen zuweilen notwendige Aggression früh abtrainiert hat, kann in diese Psychofalle geraten.

Der Merksatz "Ich muss nicht immer nett sein."

 

"Ich bin der Größte."

Der Typ Ihr Hunger nach Beachtet-Werden oder Anerkennung scheint unersättlich. Sie wollen hinauf, egal um welchen Preis.

Der Grund Meist entsteht solch Verhalten, weil man in der Kindheit zu wenig beachtet wurde oder aber zu sehr mit Aufmerksamkeit überschüttet wurde.

Der Merksatz "Ich bin ein ganz normaler Mensch."

"Einen Supertrick gibt es nicht"

Roland Kopp-Wichmann ist Diplompsychologe, arbeitet als Führungskräftetrainer und Coach.

KURIER: Sie sagen, einfache Ratschläge helfen gegen die Psychofallen nicht. Braucht jeder eine Psychotherapie?

Roland Kopp-Wichmann: Nein, nur derjenige, bei dem die Psychofalle eine krankheitswertige Störung verursacht. "Ich bin zu perfektionistisch" oder "Ich kann nicht Nein sagen" können mit der Zeit zu Überforderung und Burn-out führen. Dann braucht es professionelle Unterstützung.

Wie viel Wille zur Veränderung ist gegeben?

Viele wollen auch angesichts drängender Probleme nichts ändern. Es braucht dazu immer eine starke emotionale Beteiligung und dafür sorgt manchmal der Schreck einer Krise oder eines Zusammenbruchs. Veränderung ist meistens mühsam, weil man da die gewohnte Komfortzone verlassen muss. Das scheuen viele Menschen. Sie hoffen auf eine tolle Methode oder irgendeinen Supertrick, der ihr Problem löst, ohne dass es wehtut. Das gibt es aber nicht.

Haben Sie erlebt, dass jemand es schaffte, durch Selbstreflexion sein Verhalten zu verändern?

Ja, natürlich. Viele Teilnehmer meiner Seminare berichten von deutlichen Veränderungen. Das Wichtigste ist ja, dass man sich das ungünstige Verhalten erst mal bewusst macht. Also dass der cholerische Chef sich eingesteht, dass er seine Gefühle nicht unter Kontrolle hat und das nicht mit Erklärungen wie "Ich bin halt temperamentvoll" wegerklärt.

Gehören unsere Spleens nicht zu unserer Persönlichkeit, machen die Welt bunt?

Die zehn Psychofallen, die ich beschreibe, sind keine Spleens. Entweder leidet derjenige selbst darunter oder seine Umgebung.

BUCHTIPP: Ich kann auch anders. Von Roland Kopp-Wichmann, Herder Verlag 2012. Preis: 8,99 Euro.

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